TE OGH 1952/11/26 1Ob951/52

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Veröffentlicht am 26.11.1952
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Norm

ABGB §1090
ABGB §1116a
ZPO §228

Kopf

SZ 25/311

Spruch

Der mit der Gesellschaft abgeschlossene Mietvertrag wird durch ihre Auflösung nicht aufgelöst, sondern geht auf den das Geschäftslokal übernehmenden Gesellschafter über.

Entscheidung vom 26. November 1952, 1 Ob 951/52.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Die Untergerichte haben folgenden Sachverhalt festgestellt:

Zufolge Todeserklärung des Gesellschafters Ernst S. ist dieser aus der Firma S. & M., OHG. ausgeschieden; die Firma wurde in die Einzelfirma Karl M., Handelsagentur und Großhandel, geändert.

Die Klage behauptet, daß die Firma S. & M., OHG., Hauptmieterin der Geschäftsräumlichkeiten war und daß sich seit der Änderung der Firma der beklagte Hauseigentümer weigere, zur Kenntnis zu nehmen, daß jetzt die Hauptmietrechte dem Alleininhaber der Einzelfirma, das ist dem früheren Mitgesellschafter Karl M. zustehen; der Beklagte wolle auch nicht die Zinszettel und die Hausliste richtigstellen. Deshalb verlangt die Einzelfirma Karl M., Handelsagentur und Großhandel, die Feststellung, daß sie die Hauptmieterin der Geschäftslokalitäten sei.

Das Erstgericht hat der Klage stattgegeben und festgestellt, daß Mieterin die offene Handelsgesellschaft und nicht die einzelnen Gesellschafter waren, daß aber durch das Ausscheiden des Gesellschafters Ernst S. die Gesellschaftsfirma in eine Einzelfirma umgewandelt wurde und daß diese nunmehr die Mieterin des Geschäftslokales sei. Deshalb stehe, so meinte das Erstgericht, der geltend gemachte Feststellungsanspruch der klagenden Firma zu.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil und fügte bei, daß im Hinblick darauf, daß die offene Handelsgesellschaft keine juristische Person sei, selbst bei Annahme, die einzelnen Gesellschafter wären die Träger des Mietrechtes gewesen, nunmehr die Einzelfirma als Rechtsnachfolgerin der offenen Handelsgesellschaft Mieterin des Geschäftslokales geworden sei. Unbegrundet sei auch die Bekämpfung des Feststellungsinteresses, weil die Ansicht des beklagten Hauseigentümers unrichtig sei, daß es sich in diesem Rechtsstreite um eine unzulässige Feststellung einer Tatsache handle; es sei ferner unrichtig, daß das Feststellungsinteresse deshalb verneint werden müsse, weil die Feststellung "als eine Darstellung einer rechtlichen Konsequenz überflüssig sei", vielmehr sei das Feststellungsinteresse auch dann gegeben, wenn sich die Richtigkeit des Standpunktes der klagenden Partei aus dem Gesetze selbst ergebe. Da das Verhalten des Beklagten, die Mietrechte der Einzelfirma nicht anzuerkennen sowie Zinszettel und Hausliste nicht richtigzustellen, unbestritten sei, sei die klagende Firma zum beantragten Feststellungsbegehren berechtigt gewesen.

Der Oberste Gerichtshof hat der für zulässig erklärten Revision der beklagten Partei nicht Folge gegeben.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Soweit sie die Zulässigkeit des Feststellungsbegehrens bekämpft, ist sie deshalb nicht im Rechte, weil jederzeit ein rechtliches Interesse an der Klarstellung der Mietrechte gegenüber dem diese bestreitenden Vermieter besteht (RiZ. 1935 S. 239). Nur dann ist kein rechtliches Interesse an einer positiven Feststellung gegeben, wenn das festzustellende Rechtsverhältnis nicht bestritten ist. Das Interesse an der Feststellung des behaupteten Rechtes hört aber im konkreten Falle nicht dadurch auf, daß der Beklagte im Laufe des Prozesses und auch jetzt in der Revisionsschrift erklärt, daß er anerkenne, daß Mieterin die Firma S. & M. war, und daß diese in eine Einzelfirma umgewandelt wurde und daß letztere Firma Rechtsnachfolgerin in der Hauptmiete geworden sei. Denn der Standpunkt der beklagten Partei, der auch noch in der Revision vertreten wird, geht darin, daß ursprünglich die S. & M. OHG. und die einzelnen Gesellschafter S. & M. die Mieter der Geschäftsräume waren und daß auch jetzt noch S. und M. Träger dieser Mietrechte sind. Es ist der Revision nur darum zu tun, klarzustellen, daß die klagende Einzelfirma - bei dem vom Beklagten eingenommenen Rechtsstandpunkte - nicht berechtigt sei, ohne "Nachweis irgend eines konkreten Nachteiles oder Interesses ein Klagebegehren im Sinne des § 228 ZPO. zu erheben". Darüber hinaus vertritt die Revisionswerberin den Standpunkt, daß die Einzelfirma das vorliegende Klagebegehren nicht gegenüber dem beklagten Vermieter, sondern nur gegen den ausgeschiedenen Gesellschafter S. geltend machen könne, "da dieser die Hauptmietrechte des Klägers als Universalsukzessor bestreite".

Hiemit hält aber der Revisionswerber an seinem schon bisher eingenommenen Standpunkt fest, er vermag aber nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes dem Kläger die obige Bestreitung nicht entgegenzuhalten, weil diese nicht Gegenstand dieses Rechtsstreites ist, sondern im konkreten Falle nur festzustellen ist, ob der klagenden Einzelfirma die Mietrechte am Geschäftslokal zustehen oder nicht. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der Entscheidung SZ. XXII/182 ausgeführt, daß dann, wenn ein Mietvertrag mit einer Gesellschaftsfirma abgeschlossen worden ist - was im vorliegenden Fall auch der Beklagte behauptet -, und der Bestandvertrag nicht geradezu auf die Person der einzelnen Gesellschafter beschränkt wurde, es schon im Sinne der Entscheidung ZBl. 1930 Nr. 325, bei einem Wechsel in der Person der Gesellschafter zum Übergang der Mietrechte auf neue Gesellschafter (und daher auch auf den Einzelkaufmann eines Unternehmens) einer neuerlichen Zustimmung des Vermieters nicht bedarf. Der Oberste Gerichtshof gelangte zu dieser Auslegung in der Erwägung, daß bei der Miete eines Geschäftslokales in der Regel die Person des Mieters gegenüber dem Unternehmen in den Hintergrund tritt, und daß daher ein Wechsel in der Person des Unternehmens das Bestandverhältnis nicht berühre. Dieser Grundsatz muß aber wegen der Rechtsgleichheit der Gründe auch dann gelten, wenn die Gesellschaftsfirma durch Austritt der übrigen Gesellschafter sich in eine Einzelfirma umgewandelt hat. Es ist daher die klagende Einzelfirma, deren Vermögen ident ist mit dem ihres Alleininhabers auch Trägerin des einen Teil dieses Vermögens darstellenden Bestandrechtes an den Geschäftsräumlichkeiten. Der mit der Gesellschaft abgeschlossene Mietvertrag wird durch deren Auflösung nicht aufgelöst, sondern geht auf den das Geschäftslokal übernehmenden Gesellschafter über (SZ. X/325 und ähnlich JBl. 1930 S. 495).

Es ist somit die Revision nicht begrundet, weshalb ihr der Erfolg zu versagen war.

Anmerkung

Z25311

Schlagworte

Geschäftslokal, Auflösung einer OHG., Mietrecht bei Auflösung einer OHG., Offene Handelsgesellschaft Mietrecht bei Auflösung der -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0010OB00951.52.1126.000

Dokumentnummer

JJT_19521126_OGH0002_0010OB00951_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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