TE OGH 1952/12/20 3Ob706/52

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Veröffentlicht am 20.12.1952
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Norm

EO §79
Schuldtitelverordnung §1
16. Verordnung zum deutschen .Währungs-.umstellungsgesetz (VBl) f, d, britische Zone 1949 S. 43, §§1 ff
Bundesgesetz v. 28. Feber 1947 (BGBl) Nr. 70, über die Aufhebung von reichsrechtlichen Vorschriften auf dem Gebiete des Vollstreckungsrechtes §2

Kopf

SZ 25/332

Spruch

Den auf Grund der Bestimmungen der 16. DV. z. deutschen (Währungs-) UmstellungG. (VOBl. für die britische Zone 1949 S. 43) erteilten Umstellungsvermerken deutscher Gerichte kann bei der Exekution auf Grund der Schuldtitelverordnung keine Wirkung für den inländischen Rechtsbereich zuerkannt werden.

Entscheidung vom 20. Dezember 1952, 3 Ob 706/52.

I. Instanz: Bezirksgericht Salzburg; II. Instanz: Landesgericht Salzburg.

Text

Das Erstgericht bewilligte auf Grund des Vergleiches des Oberlandesgerichtes Düsseldorf vom 13. Feber 1942 in Verbindung mit dem Umstellungsvermerk des gleichen Gerichtes vom 4. Dezember 1951 zur Hereinbringung der vollstreckbaren Unterhaltsforderung von 7161.67 DM, zahlbar in österreichischen Schillingen zum Umrechnungskurs vom Vortag des jeweiligen Zahlungstages, und von 313.13 S sowie der Kosten des Antrages die Exekution durch Pfändung und Überweisung der dem Verpflichteten als Intendanten und Regisseur gegen das Landestheater der Stadt S. zustehenden Forderung aus dem Dienstverhältnis mit der Einschränkung, daß dem Verpflichteten monatlich ein Betrag von 490 S zuzüglich drei Zehntel des Mehrbetrages verbleiben muß. Das Mehrbegehren wurde abgewiesen. Im Vergleich vom 13. Feber 1942 habe sich der Verpflichtete zu einer Unterhaltsleistung von 250 RM an seine geschiedene Gattin, die betreibende Partei, verpflichtet. Überdies sei vereinbart worden, daß sich der Unterhaltsbeitrag auf ein Viertel des Monatseinkommens ermäßige, wenn das Arbeitseinkommen des Verpflichteten dauernd unter den Betrag von 1000 RM sinke. Mit Beschluß des Oberlandesgerichtes Düsseldorf sei die in dem Vergleich bezeichnete Leibrente (Unterhaltsforderung) von 200 RM mit Wirkung vom 20. Juni 1948 im Verhältnis von 1 RM = 1 DM umgestellt worden. Damit habe die betreibende Partei den Anspruch auf Zahlung der ab 20. Juni 1948 fällig gewordenen Unterhaltsbeiträge in D-Mark in der ziffernmäßig gleichen Höhe erworben. Der Vergleich sei nach dem Gesetze vom 28. Feber 1947, BGBl. Nr. 70, in Österreich vollstreckbar. Der Umstellungsvermerk stelle keine Streitentscheidung, somit keinen neuen Exekutionstitel dar, sondern lediglich eine Ergänzung des ursprünglichen Exekutionstitels auf Grund währungspolitischer Maßnahmen. Für die Zeit bis 20. Juni 1948 stehe der in Wien wohnhaften betreibenden Partei nur eine Reichsmarkforderung zu. Diese Forderung könne der Verpflichtete, der nunmehr gleichfalls in Österreich wohne, im Rahmen und im Ausmaß des österreichischen Schillinggesetzes erfüllen.

Das Rekursgericht wies den Exekutionsantrag zur Gänze ab. Die Voraussetzungen des Gesetzes vom 28. Feber 1947, BGBl. Nr. 70, träfen für den Vergleich, der am 13. Feber 1942 vor dem Oberlandesgerichte Düsseldorf geschlossen worden ist, zu, nicht aber für den mit Beschluß vom 4. Dezember 1951 erteilten Umstellungsvermerk. Es möge richtig sein, daß die Titelforderung von der Änderung der sie beherrschenden Reichsmarkwährung erfaßt und in eine D-Mark-Forderung umgewandelt wurde. Die Feststellung aber, daß die Umrechnung im Verhältnis 1 RM = 1 DM als Forderung auf Zahlung einer Rente zu erfolgen habe, erfordere ein eigenes Verfahren und einen eigenen Beschluß. Es könne eingeräumt werden, daß dieser Beschluß nicht eine Streitentscheidung darstelle, sondern nur eine Ergänzung des Vollstreckungstitels in einem vereinfachten Verfahren. Es sei aber doch eine Modifikation und Änderung des Exekutionstitels, die nach dem 27. April 1945 durch die Entscheidung eines nichtösterreichischen Gerichtes erfolgte. Nach dem Gesetze BGBl. Nr. 70/1947 seien aber deutsche Schuldtitel nur mehr in der vor dem Stichtag geltenden Form und in diesem Umfange im Inland vollstreckbar. Mangels Gegenseitigkeit und zwischenstaatlicher Regelung könne daher dem Umstellungsvermerk nur der Charakter eines nach dem Stichtag entstandenen Titels zukommen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Dafür, ob dem Exekutionsantrage stattzugeben ist oder nicht, ist einzig und allein entscheidend, ob dem auf Grund der 16. DV. z. deutschen Umstellungsgesetz, VOBl. für die britische Zone 1949, Seite 43, vom Oberlandesgericht Düsseldorf erlassenen Umstellungsvermerk für Österreich eine Wirkung zukommt. Im vorliegenden Falle ist der Exekutionstitel ein vor dem Oberlandesgericht Düsseldorf am 13. Feber 1942 geschlossener Vergleich. Es handelt sich daher um einen Titel im Sinne des § 794 Z. 1 DZPO., aus dem nach den Vorschriften der DZPO. vollstreckt wird. Da der Titel vor dem 27. April 1945 vollstreckbar geworden ist, sind für ihn gemäß § 2 des Gesetzes vom 28. Feber 1947, BGBl. Nr. 70, die bisherigen Vorschriften maßgebend, also noch die Bestimmungen der Verordnung vom 16. Jänner 1940, DRGBl. I S. 176, anzuwenden. Gemäß § 2 Abs. 1 dieser Verordnung werden solche Titel auf Grund einer vollstreckbaren Ausfertigung vollstreckt. Vollstreckbare Ausfertigung ist gemäß § 724 DZPO. in Verbindung mit § 795 DZPO. eine mit der Vollstreckungsklausel versehene Ausfertigung des Titels. Die Verordnung vom 16. Jänner 1940 sollte nur die Vollstreckung der nach den in den einzelnen Teilen des damals einheitlichen Staates geltenden verschiedenen Verfahrensvorschriften erlassenen Exekutionstitel, die ja damals alle inländische waren, im ganzen Lande ermöglichen. Damit, daß Österreich wieder seine Selbständigkeit erlangt hat, wurde die Lage jedoch grundlegend geändert und dementsprechend die Verordnung vom 16. Jänner 1940 mit § 1 des Bundesgesetzes vom 28. Feber 1947 aufgehoben. Offensichtlich im Interesse der Österreicher, die zwischen 1938 und 1945 vielfach Titel bei deutschen Gerichten und anderen Stellen erwirkt hatten, sollte aber solchen Titeln, die nunmehr ausländische geworden waren, nach § 2 des Bundesgesetzes vom 28. Feber 1947 die frühere Vollstreckbarkeit in Österreich erhalten bleiben, wenn die Titel vor dem 27. April 1945 vollstreckbar geworden sind oder falls bei später erlangter Vollstreckbarkeit die Exekution bis zum 8. Mai 1945 bewilligt worden ist. Es sollte nur diesen alten Titeln in ihrer damaligen Beschaffenheit die Vollstreckbarkeit ohne Bestehen eines Vollstreckungsübereinkommens gesichert werden und sie wurden zu diesem Zweck den inländischen Titeln gleichgestellt. Keineswegs sollte damit aber den deutschen Gerichten und Stellen eine weitere Einflußnahme auf diese Titel mit der Wirkung für das Inland zugestanden werden, wofür schon spricht, daß § 2 des Bundesgesetzes vom 28. Feber 1947 nicht die Zulässigkeit der Vollstreckung, ebenso wie nach einem Vollstreckungsvertrage und bei verbürgter Gegenseitigkeit im Sinne des § 79 EO. anordnet, sondern eben die Titel vom Standpunkte der österreichischen Gesetzgebung, ähnlich wie dies das Rechtsüberleitungsgesetz für deutsche Rechtsvorschriften verfügt hat, zu inländischen gemacht bzw. diesen gleichgestellt hat. Aus diesen Erwägungen kann den auf Grund der Bestimmungen der 16. DV. z. deutschen Umstellungsgesetz erteilten Umstellungsvermerken deutscher Gerichte Wirkung für den inländischen Rechtsbereich nicht zuerkannt werden, da es sich dabei auf jeden Fall um Entscheidungen ausländischer Gerichte handelt, mag ihnen konstitutiver oder auch nur deklarativer Charakter zukommen. Hiefür spricht schon die weitere Erwägung, daß die Entscheidung über die Erteilung eines solchen Umstellungsvermerkes nicht nur die Frage nach dem Vorliegen der Voraussetzungen des deutschen Umstellungsgesetzes für die Umstellung der Reichsmarkforderung in DM nach dem Schlüssel 1 : 1 zum Gegenstande hat, sondern auch die Frage zu lösen hat, ob überhaupt die deutschen Umstellungsvorschriften zur Anwendung zu kommen haben. Es darf aber nicht übersehen werden, daß § 2 des Bundesgesetzes vom 28. Feber 1947 eine Ausnahme von dem in § 79 EO. festgelegten Grundsatze, daß Exekution auf Grund ausländischer Titel im Inlande nur bei durch Staatsverträge oder kundgemachte Regierungserklärungen verbürgter Gegenseitigkeit stattfinden darf, statuiert und daher eher restriktiv als extensiv auszulegen ist. Nach § 2 des Bundesgesetzes vom 28. Feber 1947, BGBl. Nr. 70, in Verbindung mit der Verordnung vom 16. Jänner 1940, DRGBl. I, S. 176, wird die Exekutionsfähigkeit nur den deutschen Titeln, bei denen die dort angegebenen zeitlichen Beschränkungen nicht im Wege stehen, und den nach den Bestimmungen der DZPO. vollstreckbaren, also mit der Vollstreckbarkeitsklausel versehenen Ausfertigungen weiterhin zuerkannt. Der auf Grund der 16. DV. z. deutschen Umstellungsgesetz erteilte Umstellungsvermerk ist aber nicht etwa eine Vollstreckungsklausel im Sinne der DZPO., sondern, wie schon erwähnt, eine Entscheidung darüber, daß die deutschen Währungsbestimmungen anzuwenden sind und daß deren Voraussetzung für

eine Umstellung nach dem Schlüssel: 1 RM = 1 DM, statt nach dem

allgemein geltenden Verhältnisse 10 RM = 1 DM gegeben sind. Es wäre

nun vielleicht denkbar, daß das Gericht, das über den Exekutionsantrag zu entscheiden hat, die Fragen, ob die deutschen materiellrechtlichen Währungsvorschriften anzuwenden sind und ob die Voraussetzungen des § 18 des deutschen Umstellungsgesetzes für die Anwendung des Schlüssels: 1 RM = 1 DM gegeben sind, selbst zu prüfen habe. Da es aber über den Exekutionsantrag im Sinne des § 3 EO. ohne vorherige Erhebungen, bloß auf Grund des Titels und des Antrages der betreibenden Partei, zu entscheiden hat, fehlt es ihm hiefür an einer geeigneten Entscheidungsgrundlage. Würde selbst der Standpunkt eingenommen, daß die betreibende Partei das Vorliegen dieser Voraussetzungen in analoger Anwendung des § 7 EO. durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden dartun kann, so müßte es sich auf jeden Fall um Urkunden zum Nachweise der tatsächlichen Voraussetzungen, also um Beweisurkunden handeln, nicht aber um eine Entscheidung eines ausländischen Gerichtes über die Umstellung als solche, die bloß in ihrer Begründung das Vorliegen der Tatsachen, auf die sich die Entscheidung grundet, feststellt.

Da nach der unangefochtenen Feststellung des Rekursgerichtes zur Hereinbringung des auf Grund des Vergleiches nach dem Umrechnungsschlüssel des österreichischen Schillinggesetzes 1 RM = 1 S errechneten Unterhaltsrückstandes der betreibenden Partei bereits Exekution bewilligt wurde, hat demnach das Rekursgericht den Exekutionsantrag mit Recht abgewiesen und es mußte daher dem Rekurs ein Erfolg versagt bleiben.

Anmerkung

Z25332

Schlagworte

Exekution, Beachtung der deutschen Währungsumstellung, Schuldtitelverordnung, Umstellungsvermerk, Umstellungsvermerk, Schuldtitelverordnung, Währungsumstellung, deutsche, Beachtlichkeit für Exekutionstitel

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1952:0030OB00706.52.1220.000

Dokumentnummer

JJT_19521220_OGH0002_0030OB00706_5200000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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