TE OGH 1953/2/11 3Ob38/53

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Veröffentlicht am 11.02.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §43
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §179
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §182
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §879
Außerstreitgesetz §11

Kopf

SZ 26/36

Spruch

Nichtigkeit eines Adoptionsvertrages, in dem der Name des Wahlvaters unter Anfügung seines ehemaligen Adelsprädikates auf das Wahlkind übertragen wird. Die Nichtigkeit des Adoptionsvertrages ist trotz gerichtlicher Bestätigung wahrzunehmen.

Die gerichtliche Bestätigung eines Adoptionsvertrages läßt sich nicht ohne Nachteil für die Beteiligten beseitigen (§ 11 Abs. 2 AußstrG.); wenn aber der Adoptionsvertrag nichtig ist, so kann der Bestätigungsbeschluß auch infolge eines verspäteten Rekurses der Landesregierung beseitigt werden.

Entscheidung vom 11. Feber 1953, 3 Ob 38/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Am 25. Feber 1952 haben Karoline S., geb. R. von B. und Emilie P. einen Adoptionsvertrag geschlossen, nach welchem die Erstgenannte die großjährige Zweitgenannte als Wahltochter annahm. Laut Punkt IV des Vertrages sollte das Wahlkind in Zukunft den Namen "P.-R.-B."

führen. Das Bezirksgericht Innere Stadt - Wien hat diesen Vertrag vom 16. Mai 1952 gemäß § 181 ABGB. bestätigt.

Dieser Beschluß wurde der Magistratsabteilung 61 am 13. Juni 1952 zugestellt. Am 6. August 1952 langte ein Antrag des Amtes der Wiener Landesregierung ein, den Namen des Wahlkindes zu berichtigen, da unter Berücksichtigung des Adelsaufhebungsgesetzes der Geschlechtsname der Wahlmutter nur R. zu lauten habe. Die Antragsteller sprachen sich gegen eine solche Berichtigung aus.

Mit Beschluß vom 6. Oktober 1952 wies das Erstgericht den Berichtigungsantrag ab, weil eine inhaltliche Berichtigung des Adoptionsvertrages der gerichtlichen Zuständigkeit entzogen sei. Außerdem sei der Beiname B. weder eine Adelsbezeichnung noch ein äußerer Vorzug noch ein Titel oder eine Würde im Sinne des Gesetzes vom 3. April 1919 über die Adelsaufhebung.

Über Rekurs der Landesregierung hob das Rekursgericht sowohl den Beschluß vom 6. Oktober 1952 als auch den Bestätigungsbeschluß vom 16. Mai 1952 auf. Die Feststellung des im vorliegenden Fall vom Wahlkind zu führenden Namens im Adoptionsvertrag verstoße gegen die Bestimmung des Gesetzes vom 3. April 1919, da nach diesem Gesetz und der Vollzugsanweisung vom 18. April 1919 sowohl das Recht zur Führung des Adelszeichens "von" als auch das Führen von Prädikatsnamen aufgehoben worden sei. Bei der Bezeichnung B. handle es sich um ein Adelsprädikat und nicht etwa um einen Teil eines Doppelnamens. Dabei wurde die Bestätigung nicht sogleich abgewiesen, um den Parteien die Möglichkeit zu geben, eine Änderung des Punktes IV des Adoptionsvertrages unter Berücksichtigung des Adelsaufhebungsgesetzes durchführen zu können. Durch die Aufhebung des Bestätigungsbeschlusses sei einer Berichtigung des Namens der Boden entzogen worden, so daß auch der Berichtigungsbeschluß aufzuheben gewesen sei.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragsteller nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Fassung des rekursgerichtlichen Beschlusses wäre zu entnehmen, daß das Rekursgericht einen unangefochtenen rechtskräftigen Beschluß anläßlich der Anfechtung eines anderen Beschlusses von Amts wegen aufgehoben hätte. Dies trifft aber nicht zu. Tatsächlich ergibt sich aus den Ausführungen des Rekurses der Wiener Landesregierung, daß nicht nur der Berichtigungsbeschluß, sondern vor allem der Bestätigungsbeschluß selbst als gesetzwidrig angefochten werden sollte. Allerdings ist der Rekurs gegen den Bestätigungsbeschluß erst nach Ablauf der Rechtsmittelfrist überreicht worden. Er ist daher verspätet.

Gemäß § 11 Abs. 2 AußstrG. ist es dem Ermessen des Gerichtes überlassen, auf verspätete Beschwerden auch dann noch Rücksicht zu nehmen, wenn sich die Verfügung ohne Nachteil eines Dritten abändern läßt. Daß sich die gerichtliche Bestätigung eines Adoptionsvertrages ohne Nachteil für die Beteiligten beseitigen ließe, kann in der Regel nicht gesagt werden.

Die Auffassung der entgegenstehenden Entscheidung vom 11. Oktober 1904, GlUNF. 2799, daß in der etwaigen Abänderung des Namens eines Adoptionswerbers eine Benachteiligung nicht erblickt werden kann, läßt sich nicht aufrechterhalten. § 43 ABGB. anerkennt ausdrücklich ein Recht auf den Namen, dessen Beeinträchtigung mit Klage verfolgt werden kann. Ein Name ist unter Umständen, insbesondere im geschäftlichen Verkehr, als ein hohes wirtschaftliches Gut anzusehen. Es ist deshalb offenkundig falsch, zu behaupten, daß die Interessen eines Wahlkindes dadurch nicht berührt werden können, wenn ihm nach Eintritt der Rechtskraft des Bestätigungsbeschlusses der im Adoptionsvertrag zuerkannte Name wieder über einen verspätet eingebrachten Rekurs entzogen würde. Auch darf nicht übersehen werden, daß die Gerichte nicht berechtigt sind, einen Adoptionsvertrag abzuändern; sie können ihn nur so, wie er vorliegt, entweder bestätigen oder die Bestätigung verweigern (Judikat 29 neu). Ein Rekurs gegen den Bestätigungsbeschluß stellt daher die Adoption überhaupt in Frage. Da der vorliegende Adoptionsvertrag keine vom Gesetz abweichende Bestimmung enthält, so erhält das Adoptionskind auch ein gesetzliches Erbrecht gegen die Adoptivmutter; die eventuelle Erbsteuer wird infolge der Adoption wesentlich herabgesetzt, so daß es durch die Adoption vermögensrechtlich auch dann einen Vorteil erlangt, wenn die Adoptivmutter es testamentarisch zum Erben einzusetzen beabsichtigt usw. Aus allen diesen Erwägungen muß die in GlUNF. 2799 vertretene Auffassung, daß das Adoptivkind durch die Erledigung eines verspäteten Rekurses keinen Nachteil erleide, abgelehnt werden.

Ebenso bedeutungslos ist es, daß der Rekurs der Landesregierung öffentlich-rechtliche Interessen geltend macht. Auch öffentliche Interessen müssen innerhalb der Rekursfrist geltend gemacht werden; dies gilt nach ständiger Praxis auch rücksichtlich der Finanzprokuratur, soweit ihr in Wahrung öffentlicher Interessen ein Rekursrecht zusteht (SZ. XXIII/178; 2 Ob 703/50, EvBl. 1951, Nr. 149; 1 Ob 162/52, EvBl. 1952, Nr. 163). Es ist nicht angängig, daß vielleicht erst nach Jahren oder gar nach Jahrzehnten ein Beschluß im Rekursweg angefochten wird, weil er bei gehöriger Beobachtung öffentlicher Interessen nicht hätte erlassen werden dürfen.

Im vorliegenden Fall hat jedoch der Oberste Gerichtshof folgendes erwogen:

Gemäß § 2 der Vollzugsanweisung vom 18. April 1919, StGBl. 237, ist aufgehoben: Das Recht zur Führung des Adelszeichens "von", das Recht zur Führung von Prädikaten, zu welchen neben den zugestandenen, die Familien unterscheidenden Adelsprädikaten im engeren Sinne auch das Ehrenwort "Edler" gezählt wird, weiters das Recht zur Führung hergebrachter Wappennamen und adeliger Beinamen. Das Gesetz vom 3. April 1919 kann dem Worte und dem Sinne nach nur so ausgelegt werden, daß als Geschlechtsname in Hinkunft nur der wirkliche Zuname der Familie und nicht das seinerzeit verliehene Adelsprädikat zu führen ist. Aus dem im Akte erliegenden Heimatschein der Wahlmutter ergibt sich, daß sie seinerzeit den Namen Caroline R., Edle v. B., führte. Daraus erhellt, daß der Geschlechtsname der Wahlmutter R. war, während Edle v. B. das verliehene Adelsprädikat darstellt. Nach obigen Darlegungen kann aber die Wahlmutter nach dem Adelsaufhebungsgesetz lediglich den Geschlechtsnamen, nicht aber auch noch irgendwelche Adelsprädikate oder adelige Beinamen führen, daher auch nicht den adeligen Beinamen B., sondern ausschließlich den Geschlechtsnamen R. Demzufolge hat auch das Wahlkind nur den Geschlechtsnamen der Mutter zu führen, so daß der Name des Wahlkindes nur P.-R. sein kann. Daß etwa anläßlich der seinerzeitigen Adelsverleihung auch der Geschlechtsname der Familie ausdrücklich geändert worden wäre, wurde gar nicht behauptet, noch weniger bewiesen. Punkt IV des Adoptionsvertrages verstößt somit tatsächlich gegen das Adelsaufhebungsgesetz.

Nach dem Adelsaufhebungsgesetz ist aber das Führen der Adelsbezeichnung B. verboten und unter Strafsanktion gestellt. Es ist demnach auch jedes Rechtsgeschäft, durch welches einer dritten Person die Führung dieser Adelsbezeichnung ermöglicht werden soll, als seinem Inhalte nach gegen ein verfassungsrechtlich mit Strafsanktion versehenes Verbot verstoßend, verboten, demnach auch der vorliegende Adoptionsvertrag. Gemäß § 879 ABGB. sind nun Rechtsgeschäfte, die ihrem Inhalte nach gegen ein gesetzliches Verbot verstoßen, nichtig. Daraus folgt, daß im vorliegenden Fall das Wahlkind aus diesem nichtigen Vertrag wegen dessen Ungültigkeit keine Rechte erwerben konnte, auch wenn dieses Rechtsgeschäft zu Unrecht gerichtlich bestätigt wurde. Konnte aber die Partei aus dem Vertrage wegen dessen Ungültigkeit Rechte überhaupt nicht erwerben, so konnte die gerichtliche Bestätigung auch ohne Nachteil für sie abgeändert werden. Mit Recht hat daher das Rekursgericht in diesem besonderen Falle vom § 11 Abs. 2 AußstrG. Gebrauch gemacht.

Anmerkung

Z26036

Schlagworte

Adelsbezeichnung, Adoption, Adoption, Adelsbezeichnung, Bestätigung eines Adoptionsvertrages, Kindesannahme, Adelsbezeichnung, Name, Adoption, Adelsbezeichnung, Nichtigkeit, Adelsbezeichnung, Adoption

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00038.53.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19530211_OGH0002_0030OB00038_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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