TE OGH 1953/2/11 3Ob68/53

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Veröffentlicht am 11.02.1953
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Norm

Exekutionsordnung §381
Urheberrechtsgesetz §21
Urheberrechtsgesetz §81

Kopf

SZ 26/39

Spruch

Zur Sicherung des Anspruches auf ungekürzte Aufführung eines Films.

Entscheidung vom 11. Feber 1953, 3 Ob 68/53.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Rekursgericht bewilligte in Abänderung des erstinstanzlichen Beschlusses die folgende, von den klagenden und gefährdeten Parteien beantragte einstweilige Verfügung:

"Zur Sicherung des Anspruches, den die gefährdeten Parteien auf ungekürzte Aufführung des Films "Im weißen Rössel" vertragsmäßig behaupten, wird der Antragsgegnerin geboten, die Filmkopie dieses Films durch Wiederaufnahme der herausgeschnittenen Filmszenen, und zwar jener Szene, in welcher Kaiser Franz Joseph unter den Klängen des Liedes "O du mein Österreich" vom Schiff über den Landungssteg heruntergeht, bis zu jener Szene, in welcher Kaiser Franz Joseph sich ungefähr am halben Weg zum "Weißen Rössel" befindet und das Lied "O du mein Österreich" beendet ist, und jener Szene, die einen von Kaiser Franz Joseph abgehaltenen Cercle zeigt, in dem vom Bürgermeister eine exotische Fürstenfigur und anschließend ein französisches Hochzeitspaar vorgestellt werden, sofort zu ergänzen und in Hinkunft jede Kürzung zu unterlassen."

Das Erstgericht hatte die Erlassung der einstweiligen Verfügung abgelehnt, weil es, obgleich der Anspruch der gefährdeten Parteien auf ungekürzte Aufführung des Films glaubhaft (allerdings nicht voll glaubhaft) gemacht worden sei, an der Bescheinigung eines unwiederbringlichen Schadens fehle und weil mit der Bewilligung der beantragten einstweiligen Verfügung das Prozeßergebnis vorweggenommen würde.

Dagegen hat das Rekursgericht im Hinblick auf § 21 Urheberrechtsgesetz den Anspruch der gefährdeten Parteien auf ungekürzte Aufführung des Films nach dem bisherigen Stand des Provisorialverfahrens als hinlänglich bescheinigt angesehen. Es sei aus dem Vorbringen der antragstellenden Parteien keineswegs zu entnehmen, daß einer der Ausnahmsfälle der genannten Gesetzesstelle, die eine Kürzung des Films zulässig erscheinen lassen, vorliege. Es müsse einem allfälligen Widerspruch und der Bescheinigung in diesem Widerspruchsverfahren überlassen werden, ob im gegebenen Fall eine der Ausnahmsbestimmungen des § 21 Urheberrechtsgesetz Platz zu greifen habe, wonach der Urheber des Werkes eine Kürzung seines Werkes zu dulden oder einer solchen Kürzung zugestimmt habe. Einer Gefahrbescheinigung bedürfe es bei der Geltendmachung von urheberrechtlichen Unterlassungsansprüchen gemäß § 81 Abs. 2 UrhRG. nicht. Das Rekursgericht teilte auch die Ansicht des Erstgerichtes nicht, daß die Erlassung der einstweiligen Verfügung deshalb unzulässig sei, weil mit deren Erlassung das Prozeßergebnis vorweggenommen würde. Die neuere, vom Erstgericht selbst angeführte Judikatur gehe vielmehr dahin, daß bei Unterlassungsansprüchen auch eine einstweilige Verfügung, die sich mit dem Urteilsbegehren deckt, verlangt wenden kann. Dies müsse insbesondere auch hier zutreffen, weil bei der kurzfristigen Aufführungsverpflichtung der beklagten Partei (drei Wochen) die Durchsetzung der klägerischen Ansprüche auf ungekürzteVorführung des Films praktisch vereitelt würde, wenn die Erlassung einer einstweiligen Verfügung aus den vom Erstgericht angeführten Gründen verweigert würde.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Beklagten und Gegnerin der gefährdeten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Vor allem hat das Rekursgericht eine volle Bescheinigung des Anspruches mit Recht angenommen; denn die Antragsteller haben hinlänglich glaubhaft gemacht, daß die Kürzung des Films nicht etwa aus technischen Gründen, so z. B. um die Aufführung des Films in der normalen Spielzeit zu gewährleisten, erfolgt ist, sondern seine Ursache offenbar in dem Verhalten des Publikums hat, das allein aber zu einer Änderung des Filmwerkes nicht berechtigt.

Ziel der Klage und ebenso der begehrten einstweiligen Verfügung ist die ungekürzte Aufführung des gegenständlichen Films. Den klagenden und gefährdeten Parteien geht es nicht um die Beseitigung etwaiger schon eingetretener Folgen einer Urheberrechtsverletzung, sondern um die Hintanhaltung künftig zu besorgender Eingriffe. Darum verlangen sie, daß die Beklagte in Hinkunft jede ungekürzte Vorführung des Films unterläßt. Dieses Verlangen hat aber notwendigerweise zur Voraussetzung, daß die Filmkopie des Films durch Wiederaufnahme der herausgeschnittenen Filmszenen ergänzt wird. Im ganzen gesehen handelt es sich somit um einen echten Unterlassungsanspruch, der sich nicht, wie es der Rekurs tut, in zwei Teile aufspalten läßt.

Zur Sicherung eines Unterlassungsanspruches ist aber nach § 81 Abs. 2 UrhRG. eine einstweilige Verfügung auch dann zulässig, wenn die im § 381 EO. bezeichneten Voraussetzungen nicht zutreffen. Es genügte daher, daß die gefährdeten Parteien den Anspruch, der das Urteilsbegehren bildet, glaubhaft machten. Einer Gefahrbescheinigung bedurfte es entgegen der Meinung des Rekurses in diesem Fall nicht.

Dem Rekurs kann auch darin nicht gefolgt werden, wenn er die Erlassung der begehrten einstweiligen Verfügung deshalb für unzulässig hält, weil sie sich mit dem Urteilsbegehren deckt. Wie der Oberste Gerichtshof mehrfach ausgesprochen hat (vgl. AnwZ. 1931, S. 247), sind einstweilige Verfügungen dort, wo es sich um die Verhütung drohender Gewalt oder um die Abwendung eines unwiederbringlichen Schadens handelt, zulässig, auch wenn sie der Entscheidung in der Hauptsache vorgreifen. Insbesondere im Hinblick auf die kurzfristige Aufführungsverpflichtung der beklagten Partei ist es vorliegendenfalls geboten, schon jetzt eine solche provisorische Regelung zu treffen, die sich mit dem im Prozeß angestrebten Ziel deckt.

Anmerkung

Z26039

Schlagworte

Aufführung eines Films, einstweilige Verfügung, Einstweilige Verfügung, ungekürzte Aufführung eines Films, Film, ungekürzte Aufführung, Laufbild, ungekürzte Wiedergabe, Lichtspielvorführung, ungekürzte, Urheber, ungekürzte Filmaufführung, Verfügung, einstweilige ungekürzte Aufführung eines Films

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00068.53.0211.000

Dokumentnummer

JJT_19530211_OGH0002_0030OB00068_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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