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60/04 Arbeitsrecht allgemein;Norm
AuslBG §1 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde der L in R, vertreten durch Dr. Günther Egger und Dr. Karl Heiss, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Kaiserjägerstraße 4/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom 19. August 2003, Zl. uvs- 2002/15/107-7, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Das Mehrbegehren wird abgewiesen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde die Beschwerdeführerin der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a in Verbindung mit § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend für schuldig befunden, sie habe als handelsrechtliche Geschäftsführerin der Z Gesellschaft mbH mit dem Sitz in R zu verantworten, dass diese Gesellschaft in der Zeit von 1. Mai bis 6. Juni 2002 einen Ausländer namens G (angeblich geboren 1957, vermutlich chinesischer Staatsangehöriger) ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt habe; über sie wurde hiefür nach dem ersten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG eine Geldstrafe (in herabgesetzter) Höhe von EUR 1.000,-- (herabgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe sechs Tage) verhängt.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Die objektive Verwirklichung des Tatbestandes der ihr angelasteten Verwaltungsübertretung - nämlich dass für den von der Z Gesellschaft mbH im Tatzeitraum als Hilfskoch verwendeten Ausländer eine arbeitsmarktbehördliche Genehmigung erforderlich gewesen wäre, eine solche aber nicht vorgelegen ist - wird von der Beschwerdeführerin nach dem Inhalt ihrer Beschwerde nicht in Zweifel gezogen. Sie bestreitet allerdings, dass ihr an der (gegen ihren Willen eingetretenen) Verletzung der Verwaltungsvorschrift ein Verschulden vorzuwerfen sei.
In dieser Hinsicht macht die Beschwerdeführerin geltend, das Beweisverfahren sei mangelhaft geblieben. Die belangte Behörde habe es unterlassen, den zu ihrer Entlastung beantragten Gemeindebeamten der Meldebehörde in R und den Zeugen C zu vernehmen. Der Ausländer habe einen für sie (die Beschwerdeführerin) unbedenklichen portugiesischen Reisepass vorgelegt. Der Zeuge Inspektor B habe in seiner Aussage angegeben, der verwendete Ausländer sei nur deshalb einer Überprüfung zugeführt worden, weil dies "der erste Fall eines Portugiesen war, der chinesisch ausgesehen hat und eines Chinesen, der einen portugiesischen Reisepass hat." Die Fälschung (bzw. Verfälschung) des Reisepasses habe erst durch eine aufwendige kriminaltechnische Untersuchung geklärt werden können. Derartige Erhebungen, wie die Behörde sie angestellt habe, seien ihr (der Beschwerdeführerin) nicht zuzumuten. Zudem habe der Ausländer ihr einen Meldezettel der Stadt G und eine Versicherungskarte vorgelegt. Hieraus habe sie schließen können (dürfen), dass der Ausländer sich in Österreich legal aufhalte und bereits in Österreich gearbeitet habe. Sie sei ihren Sorgfaltspflichten als Geschäftsführerin nachgekommen. Gegen den vom Ausländer vorgelegten Reisepass hätten weder der Vermieter noch der zuständige Beamte der Bezirkshauptmannschaft R Bedenken gehabt.
Mit diesem Vorbringen ist die Beschwerdeführerin im Ergebnis im Recht:
Im angefochtenen Bescheid wurde festgestellt, dass der Ausländer der Beschwerdeführerin eine portugiesischen Reisepass vorgelegt habe. Die belangte Behörde hat aber über das Aussehen dieser Urkunde bzw. über allenfalls erkennbare Mängel dieses Reisepasses keine Feststellungen getroffen. Der im angefochtenen Bescheid erhobene Vorwurf, die Beschwerdeführerin hätte "Bedenken" gegen diesen Reisepass haben müssen, bzw. sie hätte "nicht mehr auf die Urkunde vertrauen dürfen", ist mangels derartiger Feststellungen bzw. darüber, welche (aus der Urkunde erkennbare) Mängel die "Bedenken" bei der Beschwerdeführerin hätten auslösen müssen, daher nicht (nachvollziehbar) begründet.
In diesem Zusammenhang ist den vorgelegten Verwaltungsakten (aus einer Ablichtung der Anzeige des Gendarmerieposten R vom 7. Juni 2002) der Hinweis zu entnehmen, dass der genannte portugiesische Reisepass einer "dokutechnischen Untersuchung" unterzogen wurde. Das Ergebnis dieser Untersuchung hat die belangte Behörde nicht festgestellt. Dabei ist zu berücksichtigen, dass die Beschwerdeführerin den Reisepass des Ausländers einer derartigen Untersuchung jedenfalls nicht unterziehen konnte bzw. musste, hatte sich ihre Kontrollpflicht als Arbeitgeberin doch darauf zu beschränken, unmittelbar sichtbare, ohne besondere Kenntnisse bzw. technische Hilfsmittel erkennbare Mängel, Verfälschungen oder Fälschungen der Urkunde aufzudecken bzw. wahrzunehmen. Damit, ob der vom Ausländer vorgelegte portugiesische Reisepass derartige Mängel hatte, die für die Beschwerdeführerin erkennbar waren bzw. von ihr hätten erkannt werden müssen, hat die belangte Behörde sich nicht auseinandergesetzt.
Schon aus diesem Grund ist der angefochtene Bescheid und das im Berufungsverfahren durchgeführte Ermittlungsverfahren aber mangelhaft geblieben. Ohne eine derartige Auseinandersetzung mit für die Beschwerdeführerin erkennbar gewesenen allfälligen Mängeln der Urkunde kann die (von der belangten Behörde angenommene) Verletzung der Kontrollpflicht nicht abschließend beurteilt werden.
Die zur Begründung des Vorwurfes der Fahrlässigkeit von der belangten Behörde herangezogenen Argumente vermögen - ohne diese dargestellte Auseinandersetzung mit dem Reisepass - den Verschuldensvorwurf gegenüber der Beschwerdeführerin nicht zu tragen, weil weder ausländisch klingende Namen noch das Aussehen oder die Sprache der betreffenden Person einen Aufschluss über deren Staatsbürgerschaft oder darüber geben, ob sie als eine vom Geltungsbereich des AuslBG ausgenommene Person im Sinne des § 1 Abs. 2 AuslBG anzusehen ist (vgl. hiezu die hg. Erkenntnisse vom 7. April 1999, Zl. 97/09/0162, und vom 17. November 1994, Zl. 94/09/0216).
Die (nach dem Inhalt der Aussage der Beschwerdeführerin nur teilweise) Verwendung des Namens "Z" für den Ausländer ist nicht eindeutig aussagekräftig und daher nicht geeignet, der Beschwerdeführerin den von der belangten Behörde angenommenen sorglosen Umgang mit dem portugiesischen Reisepass nachzuweisen, hat die Beschwerdeführerin in ihrer Aussage doch Gründe dargelegt, warum sie den Ausländer nicht mit dem im Reisepass angegebenen Namen angesprochen hat. Damit bzw. mit diesem Inhalt der Aussage der Beschwerdeführerin hat sich die belangte Behörde nicht auseinandergesetzt.
Den Zeugen C hat die belangte Behörde nicht vernommen. C hat in seinem Schreiben vom 11. Juni 2003 zum Gegenstand seiner Befragung ausgeführt, er habe mit der Beschwerdeführerin gemeinsam den portugiesischen Reisepass kontrolliert und dieser Pass sei der Beschwerdeführerin und ihm "als gültig erschienen". C könnte demnach Angaben über das Aussehen oder allfällige Mängel des Reisepasses Angaben machen. Die Unterlassung der vom Zeugen C empfohlenen Überprüfung des Reisepasses könnte der Beschwerdeführerin allerdings nur dann zum Nachteil gereichen, wenn dieser Reisepass überhaupt Mängel im Sinne des bisher Gesagten hatte. Abschließend hat C in seiner schriftlichen Stellungnahme angegeben, die Beschwerdeführerin sei "eine sehr korrekte Pächterin und hätte bei geringstem Verdacht mit Sicherheit kein Arbeitsverhältnis abgeschlossen". Die von der belangten Behörde aus dem Schreiben des C zum Nachteil der Beschwerdeführerin gezogenen Schlussfolgerungen sind nach dem Inhalt dieses Schreibens nicht nachvollziehbar.
Da nicht ausgeschlossen werden kann, dass die belangte Behörde bei Vermeidung der dargestellten Verfahrensverstöße (und Durchführung eines entsprechenden Ermittlungsverfahrens im dargestellten Sinne) zu einem anderen Bescheid gekommen wäre, belastete sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003. Das Mehrbegehren war abzuweisen, weil der gemäß § 49 Abs. 1 VwGG festgesetzte Pauschbetrag die von der Beschwerdeführerin zu Unrecht verzeichnete Umsatzsteuer deckt.
Wien, am 25. Februar 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003090142.X00Im RIS seit
23.03.2005Zuletzt aktualisiert am
07.10.2008