Norm
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §1002Kopf
SZ 26/77
Spruch
Die Bemühungen eines Rechtsanwaltes um eine Kreditbeschaffung für seinen Auftraggeber stellen keine rechtsanwaltliche Tätigkeit dar.
Entscheidung vom 18. März 1953, 3 Ob 131/53.
I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt - Wien; II. Instanz:
Handelsgericht Wien.
Text
Das Erstgericht hat das Begehren der klagenden Partei auf Zahlung eines Honorars von 2011 S für ihre der Beschaffung eines Kredites dienende Tätigkeit abgewiesen.
Auf die Berufung der klagenden Partei hat das Berufungsgericht die beklagte Partei im Sinne des Klagebegehrens schuldig erkannt.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Partei Folge und stellte das Urteil des Prozeßgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Kläger hat selbst bei seiner Parteienvernehmung angegeben daß er vomBeklagten den Auftrag erhalten hatte nach Möglichkeit einen Kredit, u. zw. in der Höhe von etwa 4 Millionen Schilling, zu beschaffen. Das Aufsuchen und die Beschaffung von Krediten gehört nicht zu jenen Geschäften, für die der Anwaltsberuf Voraussetzung ist. Es ist vielmehr ein Geschäft, wie es im allgemeinen von Nichtanwälten - Agenten - besorgt wird. Von dieser in der Entscheidung vom 12. Juni 1929, 3 Ob 473/29, ausgesprochenen Rechtsansicht abzugehen, besteht kein Grund.
Wenn ein Rechtsanwalt eine nicht in den Rahmen des § 8 RAO. fallende Tätigkeit entfaltet, so kann er, wenn dieser Tätigkeit weder ein Bevollmächtigungsvertrag noch ein Werkvertrag zugrunde liegt, sondern ein besonderer, eigenen Regeln unterworfener Vertragstyp, nicht in Abweichung von den für diesen Vertragstyp geltenden Rechtsregeln eine Entlohnung nach den sonst für rechtsanwaltschaftliche Geschäfte bestehenden Bestimmungen begehren. Die Beschaffung von Krediten unterliegt aber, wie das Erstgericht zutreffend ausgesprochen hat, den besonderen, für den Mäklervertrag geltenden Bestimmungen des Handelsagentengesetzes.
Der Hinweis des Berufungsgerichtes darauf, daß für Ansprüche aus Vermögensverwaltungen und Hausverwaltungen, die von Anwälten besorgt werden, nicht der Grundsatz des Erfolgshonorars gilt, sondern derlei Tätigkeiten nach dem Leistungsprinzip zu entlohnen sind, vermag nicht zu überzeugen. Denn Vermögensverwaltungen und Hausverwaltungen fallen, weil sie eine Parteienvertretung zum Inhalt haben, in den Rahmen des § 8 RAO.
Es kann auch der klagenden Partei nicht gefolgt werden, wenn sie die Meinung vertritt, daß die Bestimmungen des Handelsagentengesetzes auf einen Rechtsanwalt nicht angewandt werden könnten, weil er, wenn er Kredite vermittelt, diese Tätigkeit nicht selbständig und gewerbsmäßig ausübt; denn nach § 29 des HAG. finden die Bestimmungen des § 6 über das Erfolgshonorar auch auf andere Personen als berufsmäßige Handelsagenten Anwendung.
Ob der Beklagte den Kläger beauftragt hat, ihm einen Kredit zu beschaffen oder ob sich der Kläger hiezu selbst erboten hat, ist für die rechtliche Beurteilung belanglos. Denn auch durch einen "Auftrag" wäre nur ein Mäklervertrag zustandegekommen, wenn der Auftrag nur die Vermittlung oder Beschaffung eines Kredites zum Inhalt hatte. Eine Vertretungsmacht des Beauftragten würde durch den Auftrag zur bloßen Kreditvermittlung oder Kreditbeschaffung nicht begrundet.
Aus diesen Erwägungen brauchte auf den vom Berufungsgericht nicht vollständig erörterten Berufungsgrund der unrichtigen Beweiswürdigung nicht weiter eingegangen zu werden.
Anmerkung
Z26077Schlagworte
Advokat, Kreditbeschaffung, Anwalt, rechtsanwaltliche Tätigkeit, Auftrag, Rechtsanwalt, Kreditbeschaffung keine rechtsanwaltliche Tätigkeit, Mandat, Rechtsanwalt, Rechtsanwalt, Kreditbeschaffung, Tätigkeit des RechtsanwaltsEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1953:0030OB00131.53.0318.000Dokumentnummer
JJT_19530318_OGH0002_0030OB00131_5300000_000