TE Vwgh Erkenntnis 2005/2/25 2003/05/0095

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Veröffentlicht am 25.02.2005
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Index

L37153 Anliegerbeitrag Aufschließungsbeitrag Interessentenbeitrag
Niederösterreich;
L82000 Bauordnung;
L82003 Bauordnung Niederösterreich;

Norm

BauO NÖ 1996 §35 Abs2 Z3;
BauO NÖ 1996 §4 Z3;
BauO NÖ 1996 §4 Z4;
BauRallg;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident DDr. Jakusch und die Hofräte Dr. Kail, Dr. Pallitsch, Dr. Waldstätten und Dr. Moritz als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. S. Giendl, über die Beschwerde des SVÖ Schäferhundeverein Österreich, Ortsgruppe 048 Gütenbachtal, in Kaltenleutgeben, vertreten durch Dr. Bernt Elsner, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Ebendorferstraße 3, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 9. Mai 2003, Zl. RU1-V- 03002/00, betreffend baupolizeilichen Beseitigungsauftrag (mitbeteiligte Partei: Marktgemeinde Breitenfurt, 2384 Breitenfurt, Hirschentanzstraße 3), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die Beseitigung einer WC-Anlage betrifft, wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Bürgermeisters der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 12. August 2002 wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 35 Abs. 2 Z 3 erster Fall NÖ Bauordnung 1996 (in der Folge: BO) aufgetragen, binnen einer Frist von vier Wochen auf dem Grundstück Nr. 411, EZ 219 KG Breitenfurt, drei Peitschenmasten, zwei Telefonmasten für Scheinwerfermontage, eine Fahnenstange, eine Werbetafel und eine WC-Anlage abzutragen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, der Beschwerdeführer betreibe auf der gegenständlichen Liegenschaft einen Hundeabrichteplatz. Die genannten Bauwerke bzw. Gebäude seien bewilligungspflichtig, doch liege keine baubehördliche Bewilligung dafür vor. Im Hinblick darauf, dass es sich um eine Liegenschaft im Gebiet "Gründland-Landwirtschaft" handle, könne auch keine baubehördliche Bewilligung erteilt werden, zumal das Abrichten von Hunden keinen Teil der Tierzucht und somit auch keine landwirtschaftliche Tätigkeit darstelle.

Der Beschwerdeführer erhob Berufung, in der er ausführte, der Standort eigne sich hervorragend für die Ausbildung und das Training von Hunden, da es dort keine Anrainer gebe und somit zu keinen Lärmbelästigungen kommen könne. Die WC-Anlage sei notwendig, da sonst sehr viele Leute ihre Notdurft im Wald verrichten müssten.

Mit Bescheid des Gemeindevorstandes der mitbeteiligten Marktgemeinde vom 23. Oktober 2002 wurde die dagegen eingebrachte Berufung des Beschwerdeführers abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen festgehalten, dass die Ausführungen in der Berufung nicht geeignet seien, zu einer anderslautenden Entscheidung zu führen. Die Fakten würden in der Berufung nicht bestritten. Das Errichten von Bauwerken jedweder Art, welche nicht den Zwecken der Landwirtschaft dienten, sei auf Grund der Widmung der Liegenschaft unzulässig. Die WC-Anlage (ein "Toi Toi Mobil WC") wäre im Übrigen auch nicht erforderlich, wenn die Hundeabrichtung nicht stattfände.

Der Beschwerdeführer erhob gegen diesen Bescheid eine als Berufung bezeichnete Vorstellung an die belangte Behörde. Darin wurde ausgeführt, dass für die Ausbildung der Hunde Licht benötigt werde und dafür die Peitschenmasten mit Beleuchtung dienten. Die Beleuchtung sei jedoch nicht im Boden verankert, sondern gesteckt, ebenso der Fahnenmast. Die Telefonmasten zur Befestigung von Beleuchtungskörpern und ebenso die Werbetafel seien bereits entfernt worden. Bei der WC-Anlage handle es sich um ein Mobil-WC, welches nicht direkt auf dem Boden stehe und daher keiner Baugenehmigung bedürfe.

Mit dem in Beschwerde gezogenen Bescheid wurde die Vorstellung als unbegründet abgewiesen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, das Grundstück sei im Flächenwidmungsplan als "Gründland-Landwirtschaft" ausgewiesen. Die drei Peitschenmasten, die zwei Telefonmasten für Scheinwerfermontage, die Fahnenstange und die Werbetafel seien als Bauwerke im Sinne der BO zu qualifizieren, die WC-Anlage als Gebäude. Aus den Aktenunterlagen gehe hervor, dass die drei Peitschenmasten, die zur Beleuchtung des Hundeabrichteplatzes dienten, die zwei Telefonmasten, an denen Scheinwerfer angebracht seien, und die Fahnenstange jeweils ca. 5 m hoch seien. Die Werbetafel habe ein Ausmaß von ca. 1,5 m x 2 m. Die WC-Anlage sei 1 m lang, 1 m breit und 2,5 m hoch. In der Vorstellung sei nicht vorgebracht worden, dass der Abbruchauftrag hinsichtlich der Telefonmasten und der Werbetafel zu Unrecht ergangen sei. Es sei daher lediglich zu prüfen, ob der Abbruchauftrag hinsichtlich der übrigen Objekte rechtmäßig erteilt worden sei. Der Beschwerdeführer habe bezüglich sämtlicher Masten lediglich das Vorliegen der kraftschlüssigen Verbindung mit dem Boden bestritten. Dass für die fachgerechte Errichtung eines ca. 5 m hohen Mastes ein wesentliches Ausmaß an bautechnischen Kenntnissen erforderlich sei, wurde nicht bestritten, und es gebe auch keinen Grund für die belangte Behörde, daran zu zweifeln, dass für deren fachgerechte Herstellung auf Grund der zu erwartenden Beanspruchung dieser Objekte durch Windkräfte ein wesentliches Ausmaß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei. Im Übrigen liege auch die kraftschlüssige Verbindung der Masten mit dem Boden vor. Es sei nämlich nicht nur die Beleuchtungseinrichtung allein, sondern die Beleuchtungseinrichtung samt Masten, die mit der Erde entweder durch eine Vorrichtung oder durch Eingraben oder durch ihr bloßes Gewicht verbunden sei, als Gesamtheit anzusehen. Im Übrigen liege eine kraftschlüssige Verbindung eines Bauwerks mit dem Boden schon dann vor, wenn es durch den Druck des Eigengewichtes mit dem Boden in Verbindung gebracht werde. Die Masten seien somit als bauliche Anlagen im Sinne der BO zu qualifizieren. Auch hinsichtlich der kraftschlüssigen Verbindung der WC-Anlage sei darauf hinzuweisen, dass schon der Druck des Eigengewichtes eines Bauwerkes auf den Boden für das Vorliegen dieser Voraussetzung ausreiche. Bei dem WC handle es sich daher auch um ein Bauwerk, und zwar um ein Nebengebäude im Sinne des § 4 Z 6 BO, da es allseits umschlossen sei und daher ein Dach und wenigstens zwei Wände besitze, von Menschen betreten werden könne und dazu bestimmt sei, Menschen zu schützen. Sowohl hinsichtlich der WC-Anlage als auch hinsichtlich aller Masten sei daher von der Bewilligungspflicht im Sinne der BO auszugehen. Eine Baubewilligung liege nicht vor und könne wegen des Widerspruchs zur Flächenwidmung auch nicht erteilt werden. Weder die Masten noch die WC-Anlage seien für eine landwirtschaftliche Nutzung erforderlich.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften kostenpflichtig aufzuheben.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und, ebenso wie die mitbeteiligte Marktgemeinde, eine Gegenschrift erstattet mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig als unbegründet abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Gemäß § 35 Abs. 2 Z 3 BO hat die Baubehörde den Abbruch eines Bauwerks anzuordnen, wenn für das Bauwerk keine Baubewilligung oder Anzeige vorliegt und das Bauwerk unzulässig ist (§ 15 Abs. 3 und § 23 Abs. 1 BO) oder der Eigentümer den für die fehlende Bewilligung erforderlichen Antrag oder die Anzeige nicht innerhalb der von der Baubehörde bestimmten Frist ab der Zustellung der Aufforderung hiezu eingebracht hat.

Bewilligungspflichtig sind gemäß § 14 Z 1 BO Neu- und Zubauten von Gebäuden und gemäß § 14 Z 2 BO die Errichtung von baulichen Anlagen, durch welche Gefahren für Personen und Sachen oder ein Widerspruch zum Ortsbild entstehen oder Rechte nach § 6 BO (Nachbarrechte) verletzt werden könnten.

Ein Bauwerk ist gemäß § 4 Z 3 BO ein Objekt, dessen fachgerechte Herstellung ein wesentliches Maß an bautechnischen Kenntnissen erfordert und das mit dem Boden kraftschlüssig verbunden ist. Bauliche Anlagen sind gemäß § 4 Z 4 BO alle Bauwerke, die nicht Gebäude sind. Gemäß § 4 Z 6 BO ist ein Gebäude ein oberirdisches Bauwerk mit einem Dach und wenigstens zwei Wänden, welches von Menschen betreten werden kann und dazu bestimmt ist, Menschen, Tiere oder Sachen zu schützen. Ein Nebengebäude ist nach dieser Bestimmung ein Gebäude mit einer Grundrissfläche bis zu 100 m2, das oberirdisch nur ein Geschoss aufweist, keinen Aufenthaltsraum enthält und seiner Art nach dem Verwendungszweck eines Hauptgebäudes untergeordnet ist, unabhängig davon, ob ein solches tatsächlich besteht (z.B. Kleingarage, Werkzeughütte); es kann auch an das Hauptgebäude angebaut sein.

Der Beschwerdeführer bemängelt, dass die belangte Behörde nicht berücksichtigt habe, dass die Telefonmasten und die Werbetafel bereits beseitigt worden seien. Dazu ist darauf hinzuweisen, dass die Vorstellungsbehörde regelmäßig von jener Sachlage auszugehen hat, die im Zeitpunkt der Erlassung des letztinstanzlichen Gemeindebescheides gegeben war (vgl. z.B. das hg. Erkenntnis vom 22. Jänner 1991, Zl. 90/05/0161). Der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass die Beseitigung in diesem Zeitpunkt bereits erfolgt gewesen wäre.

Hinsichtlich der Peitschenmasten und des Fahnenmastes bestreitet der Beschwerdeführer, dass für deren Errichtung ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse erforderlich sei und dass sie mit dem Boden kraftschlüssig verbunden seien. Die belangte Behörde habe auch nicht festgestellt, welche Verbindung mit dem Boden tatsächlich bestehe.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass die 5 m hohen Peitschenmasten und der 5 m hohe Fahnenmast, wie dies auch der Beschwerdeführer ausführt, fachgerecht zwar nicht bloß durch den Druck ihrer Eigengewichte mit dem Boden in Verbindung gebracht werden können. Der Beschwerdeführer weist allerdings darauf hin, dass die Masten nicht verankert, sondern nur gesteckt seien. Damit räumt er aber ein, dass sehr wohl eine kraftschlüssige Verbindung mit dem Boden besteht. Eine darüber hinausgehende besondere Verankerung ist dafür nicht erforderlich.

Die Aufstellung eines Mastes von 5 m Höhe, der dazu bestimmt ist, Beleuchtungen bzw. Fahnen zu tragen, erfordert, wenn sie fachgerecht erfolgen soll (vgl. zur maßgeblichen Bedeutung dieses Umstandes die bei Hauer/Zaussinger, Niederösterreichisches Baurecht, 6. Auflage, S. 142 f unter Z 10 zitierte hg. Rechtsprechung), aber entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers offenkundig auch ein wesentliches Maß bautechnischer Kenntnisse, gilt es doch, Gefahren durch ein Umstürzen des Mastes zu vermeiden, weshalb der Mast unbedingt zumindest kippsicher aufgestellt werden muss (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom 10. Mai 1994, Zl. 94/05/0074).

Im Hinblick darauf, dass die fachgerechte Ausführung somit jedenfalls eine entsprechend sichere Befestigung des Mastes am bzw. im Boden erfordert, kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg vorgeworfen werden, dass sie keine näheren Feststellungen über die konkreten Verbindungen der Masten mit dem Boden getroffen hat.

Hinsichtlich des WC ist auf das hg. Erkenntnis vom 29. August 2000, Zl. 97/05/0046, zu verweisen, wonach ein Mobil-WC dieser Art die Anforderungen an ein Bauwerk nicht erfüllt.

Im Übrigen kann der belangten Behörde nicht mit Erfolg entgegengetreten werden, wenn sie davon ausgegangen ist, dass im Gebiet "Grünland-Landwirtschaft" auf Grund des § 19 Abs. 4 NÖ ROG 1976 bewilligungs- oder anzeigepflichtige Bauvorhaben nur dann und in jenem Umfang zulässig sind, als dies für eine Nutzung gemäß § 19 Abs. 2 NÖ ROG 1976, also hier eine landwirtschaftliche Nutzung, erforderlich ist. In der Beschwerde wird zwar ausgeführt, dass das Abrichten von Hunden notwendiger Teil einer Hundezucht sei. Es wird aber nicht behauptet, dass der Beschwerdeführer eine solche betreibt.

Soweit mit dem angefochtenen Bescheid die Vorstellung in Ansehung des Mobil-WC abgewiesen worden ist, war dieser auf Grund der obigen Ausführungen gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben. Im Übrigen war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Zuspruch von Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am 25. Februar 2005

Schlagworte

Baupolizei Baupolizeiliche Aufträge Baustrafrecht Kosten Konsenslosigkeit und Konsenswidrigkeit unbefugtes Bauen BauRallg9/2 Bewilligungspflicht Bauwerk BauRallg4

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2003050095.X00

Im RIS seit

24.03.2005
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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