TE OGH 1953/4/1 1Ob253/53

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Veröffentlicht am 01.04.1953
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Norm

Mietengesetz §21
Zivilprozeßordnung §58
Zivilprozeßordnung §60
Zivilprozeßordnung §562
Zivilprozeßordnung §571

Kopf

SZ 26/86

Spruch

Im Bestandverfahren muß der Antrag auf Stellung einer aktorischen Kaution bereits in den Einwendungen gestellt werden. Die Antragstellung zu Beginn der ersten Streitverhandlung ist verspätet.

Entscheidung vom 1. April 1953, 1 Ob 253/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Hernals; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Die Kläger, die in B. (USA) bzw. in M. (Kanada) wohnen, sind Eigentümer des Hauses in Wien, XVI., N.-straße 43 - 45. Die Kläger haben der beklagten Partei unter Hinweis auf § 19 Abs. 1 MietG. das von ihr gemietete Geschäftslokal aufgekundigt.

Nachdem die beklagte Partei gegen diese Aufkündigung Einwendungen erhoben hatte, wurde für 16. November 1952 die mündliche Streitverhandlung anberaumt. Bei dieser hat die beklagte Partei unter Hinweis auf den Umstand, daß sämtliche Kläger ausländische Staatsangehörige seien, den Antrag gestellt, den Klägern die Leistung einer aktorischen Kaution im Betrage von 3000 S aufzuerlegen.

Der klägerische Vertreter führte hiezu aus, daß die erst- bis viertklagende Partei tatsächlich die amerikanische Staatsbürgerschaft besäßen, doch könne derzeit nicht angegeben werden, in welchem Staate die Obgenannten diese Staatsbürgerschaft erworben hätten.

Die Fünftklägerin sei österreichische Staatsbürgerin, im übrigen sei ein Grund zur Sicherheitsleistung für die Prozeßkosten nicht gegeben, weil sämtliche Kläger Eigentümer der Liegenschaften EZ. 74 und 160, Grundbuch N., mit Haus in der N.-straße 43 - 45 seien.

Der Aufforderung des Erstgerichtes, die Staatsbürgerschaft zu einem bestimmten Staate der USA nachzuweisen bzw. den Verkehrswert der obgenannten Liegenschaft zu bescheinigen, sind die Kläger nicht nachgekommen. Die Kläger haben lediglich die Einheitswertbescheide hinsichtlich obgenannter Liegenschaft vorgelegt.

Das Erstgericht hat der erst- bis viertklagenden Partei aufgetragen, binnen zwei Monaten eine Sicherheitsleistung für Prozeßkosten bei Gericht zu erlegen oder die Unfähigkeit zum Erlag eidlich zu bekräftigen.

Das Gericht erster Instanz stellte fest, daß laut Einheitswertbescheid der Einheitswert der obgenannten Liegenschaften 95.300 S und 28.600 S, zusammen daher 123.900 S betrage und sich die Summe aller hypothekarischen Belastungen auf 118.939 S stellt.

In rechtlicher Hinsicht wurde ausgeführt, daß österreichische Staatsbürger nicht in allen Staaten von der Sicherheitsleistung für Prozeßkosten befreit seien. Da die klagenden Parteien einen Nachweis aber nicht erbracht hätten, in welchem Staat sie die Staatsbürgerschaft erworben haben, sei die Auferlegung einer Sicherheitsleistung begrundet. Selbst wenn die Fünftklägerin österreichische Staatsbürgerin sei, was aber ebenfalls nicht nachgewiesen wäre, zumal sich diese ständig in M. aufhalte, so könnte dieser Umstand die Erst- bis Viertkläger nicht entlasten.

Der Verkehrswert der beiden Häuser sei nicht bescheinigt worden; mag auch dieser Verkehrswert das Eineinhalbfache des Einheitswertes betragen, so könne nicht davon gesprochen werden, daß die Kosten des Prozesses, die sich auf 2000 S belaufen dürften, durch die Liegenschaften gedeckt seien, wenn berücksichtigt werde, daß nach der Exekutionsordnung das geringste Gebot die Hälfte des Schätzwertes betrage.

Dem Rekurs der klagenden Parteien hat das Rekursgericht Folge gegeben und den angefochtenen Beschluß des Erstgerichtes dahin abgeändert, daß der Antrag auf Auferlegung einer Sicherheitsleistung im Sinne des § 57 ZPO. abgewiesen worden ist. Das Rekursgericht stellte sich auf den Standpunkt, daß man nach den gerichtsbekannten Verhältnissen auf dem Realitätenmarkt bei vorsichtiger Schätzung den Verkehrswert einer Liegenschaft mit dem Eindreiviertel- bis Zweifachen des Einheitswertes annehmen könne. Dies ergebe aber einen Wert beider Liegenschaften von rund 216.800 S bis 247.800 S. Bei einer Belastung von 118.000 S könne daher nicht davon die Rede sein, daß die Kosten von 2000 S in den Liegenschaften keine Deckung fänden.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Revisionsrekurs der beklagten Partei ist zulässig, da das Rechtsmittel nicht die Höhe der Kaution allein, sondern die Frage betrifft, ob überhaupt eine Sicherheit zu leisten ist (SZ. XXI/65, 4 Ob 52/51, 4 Ob 106/50, 2 Ob 630/50, 1 Ob 633/51).

Gemäß § 57 ZPO. haben Ausländer, die vor einem österreichischen Gericht als Kläger auftreten, der klagenden Partei auf deren Verlangen Sicherheit für die Prozeßkosten zu leisten, sofern durch Staatsverträge nichts anderes festgelegt ist. Eine solche Verpflichtung zur Sicherheitsleistung tritt jedoch unter anderem dann nicht ein, wenn die Kläger in Österreich ein zur Deckung der Prozeßkosten hinreichendes Vermögen an unbeweglichen Gütern besitzen.

Aus der Bestimmung des § 59 ZPO. ergibt sich weiters, daß der Antrag aufLeistung der aktorischen Kaution bei sonstigem Ausschluß in der ersten Tagsatzung und vor Einlassung in die Hauptsache gestellt werden muß.

Die Lehre (Neumann I., S. 578 ff.; Sperl S. 741) und die Rechtsprechung (SZ. XVI/191) haben diese Gesetzesstelle dahin ausgelegt, daß es zum Ausschluß der Präklusion nötig ist, daß die beklagte Partei die Leistung der Sicherheit für Prozeßkosten im Gerichtshofverfahren bei der ersten Tagsatzung und im bezirksgerichtlichen Verfahren bei der ersten Tagsatzung vor Einlassung in die Hauptsache beantragt.

Es ergibt sich nun die Frage, in welchem Zeitpunkt im Falle der Aufkündigung eines Bestandgegenstandes, für welche die verfahrensrechtlichen Vorschriften der §§ 560 ff. ZPO. gelten, die beklagte Partei den Antrag nach §§ 57 ff. ZPO. zu stellen hat.

Bei Einwendungen, die gegen eine Aufkündigung erhoben werden, muß zwischen Einwendungen, die sich auf das Mietengesetz stützen, und anderen Einwendungen materiellrechtlicher oder prozessualer Natur unterschieden werden.

Die letzteren Einwendungen - zum Unterschied von den ersteren - müssen nach § 571 ZPO. (§ 562 ZPO.) bei sonstiger Präklusion rechtzeitig erhoben und konkretisiert werden (SZ. VI/33, JBl. 1937, S. 188). Zu diesen letzteren Einwendungen gehört z. B. auch, wie der Oberste Gerichtshof in mehreren Entscheidungen, so zu 1 Ob 376/49, 1 Ob 27/47, 1 Ob 715/50, 2 Ob 407/50, 1 Ob 634/51 zum Ausdruck gebracht hat, die Einwendung der mangelnden passiven und aktiven Legitimation.

Daß es sich bei dem Antrag auf Leistung einer aktorischen Kaution um eine prozessuale Einwendung handelt, kann nicht zweifelhaft sein, wenn bedacht wird, daß der Beklagte gemäß § 61 ZPO. vor Entscheidung über den Antrag zur Fortsetzung des Verfahrens in der Hauptsache nicht verpflichtet ist und nach der Bestimmung des § 60 ZPO. im Falle des fruchtlosen Ablaufes der in Abs. 1 dieser Gesetzesstelle zu setzenden Frist die Klage auf Antrag des Gegners als zurückgenommen angesehen wird (§ 237 ZPO.). Ebenso wie die im § 239 Abs. 2 ZPO. angeführten Einwendungen ist daher auch der Antrag nach §§ 57 ff. ZPO. auf Leistung einer Sicherheit für die Prozeßkosten im Aufkündigungsverfahren schon in den Einwendungen bei sonstiger Präklusion zu stellen.

Da im gegenständlichen Falle der Antrag nach § 57 ZPO. nicht in den Einwendungen geltend gemacht wurde, sondern erst bei der ersten mündlichen Streitverhandlung, war der Antrag auf Sicherheitsleistung für Prozeßkosten verspätet gestellt, sodaß es sich erübrigt, zu prüfen, ob die Voraussetzungen für eine derartige Sicherheitsleistung überhaupt gegeben sind.

Dem Revisionsrekurs war daher der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z26086

Schlagworte

Aktorische Kaution, Bestandverfahren, Bestandverfahren, aktorische Kaution, Einwendungen, aktorische Kaution, Eventualmaxime, aktorische Kaution, Kaution, aktorische, Bestandverfahren, Prozeßkostensicherheit, Bestandverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00253.53.0401.000

Dokumentnummer

JJT_19530401_OGH0002_0010OB00253_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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