Norm
Zivilprozeßordnung §260Kopf
SZ 26/110
Spruch
Auch über die nach der ersten Tagsatzung erhobene Einrede der unheilbaren Unzuständigkeit ist mit Beschluß zu entscheiden. Abgesonderter Rekurs gegen diesen Beschluß nur dann unzulässig, wenn die sofortige Verhandlung in der Hauptsache angeordnet worden ist.
Entscheidung vom 24. April 1953, 4 Ob 58/53.
I. Instanz: Arbeitsgericht Linz; II. Instanz: Landesgericht Linz.
Text
Bei der ersten Tagsatzung behielt sich die Beklagte eine weitere Stellungnahme zur Klage vor; prozeßhindernde Einreden hat sie nicht vorgebracht; das tat sie erst in einem nach der ersten Tagsatzung eingereichten vorbereitenden Schriftsatz, in dem sie Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes einwendet. Das Prozeßgericht hat bei der fortgesetzten mündlichen Streitverhandlung die Verhandlung auf die Frage der Zuständigkeit eingeschränkt. Nach Durchführung der Verhandlung und Aufnahme von Beweisen erging der Beschluß, daß der Einrede der sachlichen Unzuständigkeit keine Folge gegeben werde. Ein Beschluß nach § 261 Abs. 2 ZPO., die Verhandlung in der Hauptsache sofort aufzunehmen, ist nicht gefaßt worden.
Der Beschluß, womit die Unzuständigkeitseinrede verworfen wurde, ist von der Beklagten mit Rekurs angefochten worden. Er wurde vom Rekursgericht mit der Begründung verworfen, daß die Beklagte, weil sie bei der ersten Tagsatzung die Unzuständigkeitseinrede nicht erhoben habe, sondern erst in einem nachfolgenden Schriftsatz, nicht berechtigt sei, die Zuständigkeitsentscheidung des Arbeitsgerichtes abgesondert anzufechten.
Die Zurückweisung des Rekurses wird von der Beklagten mit Recht angefochten.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs Folge, hob den angefochtenen Beschluß auf und beauftragte das Rekursgericht, über den Rekurs der beklagten Partei zu entscheiden.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Rechtsauffassung des Rekursgerichtes, daß die unheilbare Unzuständigkeit nach der ersten Tagsatzung nicht geltend gemacht werden könne, ist rechtsirrig. Sie steht mit der Bestimmung des § 260 Abs. 3 ZPO. im Widerspruch, wo ausdrücklich die Vorschriften des § 260 Abs. 1 und 2 ZPO. für anwendbar erklärt werden, wenn eine Partei erst während der mündlichen Streitverhandlung die Unzuständigkeit des Gerichtes - gemeint ist die unheilbare - geltend macht. Wie sich aus § 261 Abs. 1 ZPO. ergibt, ist über einen solchen erst nach der ersten Tagsatzung geltend gemachten Antrag nach mündlicher Verhandlung mit Beschluß zu entscheiden. Wenn, wie vorliegend, eine abgesonderte Verhandlung angeordnet worden ist, so ist ein abgesonderter Rekurs nur dann unzulässig, wenn die sofortige Aufnahme der Verhandlung zur Hauptsache angeordnet wurde, was hier nicht geschehen ist.
Die abgesonderte Anfechtung des in der Zuständigkeitsfrage ergangenen Beschlusses ist demnach zulässig. Die entgegengesetzte Auffassung des Rekursgerichtes ist auch prozeßunökonomisch, weil sie auch bei Fragen, die das Prozeßgericht selbst für zweifelhaft hält, weshalb es von der Fassung eines Beschlusses nach § 261 Abs. 3 ZPO. absieht, die Parteien und das Gericht zwingen würde, erst den ganzen Prozeß auch meritorisch durchzuführen, ohne vorerst die Zuständigkeitsfrage endgültig erledigen zu lassen, nur weil die Unzuständigkeitseinrede verspätet erhoben wurde.
Der Oberste Gerichtshof kann daher die entgegengesetzte Auffassung, die in SZ. XX/47 vertreten wurde, da mit § 260 Abs. 3 ZPO. im Widerspruch stehend, nicht aufrechterhalten. Es war infolgedessen dem Rekurs Folge zu geben und der angefochtene Beschluß aufzuheben.
Anmerkung
Z26110Schlagworte
Einrede der Unzuständigkeit, Erste Tagsatzung, Unzuständigkeitseinrede nach, Rechtsmittel Unzuständigkeitseinreden, Rekurs Unzuständigkeitseinreden, Unzuständigkeit, Verhandlung über Einrede der -, Unzuständigkeitseinrede, Behandlung der -, Zuständigkeit, Behandlung der Einrede der mangelnden -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1953:0040OB00058.53.0424.000Dokumentnummer
JJT_19530424_OGH0002_0040OB00058_5300000_000