Norm
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §925Kopf
SZ 26/128
Spruch
Für das Begehren auf Übergabe eines anderen Rindes gemäß einer getroffenen Vereinbarung an Stelle des ursprünglich übergebenen, das die zugestandenen Eigenschaften nicht besaß, ist das Bezirksgericht zuständig.
Entscheidung vom 20. Mai 1953, 1 Ob 86/53.
I. Instanz: Bezirksgericht Hall; II. Instanz: Landesgericht Innsbruck.
Text
Nach dem Klagsvorbringen hat sich der Beklagte, nachdem der Kläger die ihm vom Beklagten im Tauschwege übergebene Kuh bemängelt hatte, zum Umtausch gegen eine bestimmte andere Kuh verpflichtet und die Haftung dafür übernommen, daß die letztere Kuh frei von Krankheiten und offenen oder versteckten Mängeln sei, nach dem Kalb mindestens 12 l Milch täglich gebe und mit Kumet ziehen könne, ferner für den Fall, als auch diese Kuh nicht den vereinbarten Bedingungen entspreche, die Verpflichtung übernommen, bis längstens Lichtmeß 1953 diese Kuh wieder gegen eine andere, den vorgenannten Bedingungen entsprechende Kuh mit Kalb auszutauschen. Da die gegen die erste Kuh ausgetauschte zweite Kuh nach der klägerischen Behauptung statt 12 l nur 9 l Milch täglich gibt und an einem der Milchstränge des Euters eine Knollenbildung aufweist, die die Milchleistung beeinträchtigt und das Melken erschwert, und Beklagter trotz Aufforderung des Klägers, seine Verpflichtung, diese Kuh gegen eine andere entsprechende Kuh mit Kalb umzutauschen, nicht erfüllt hat, begehrt Kläger, den Beklagten zur Übergabe einer entsprechenden Kuh mit Kalb Zug um Zug gegen Rückstellung der vom Beklagten dem Kläger übergebenen zweiten Kuh zu verurteilen.
Das Erstgericht hat diese Klage mit Beschluß vom 10. Dezember 1952 wegensachlicher Unzuständigkeit zurückgewiesen, da in der Klage kein Viehmangel geltend gemacht sondern vom Beklagten die Erfüllung einer am 24. September 1952 getroffenen Vereinbarung begehrt werde und daher die sachliche Zuständigkeit des Bezirksgerichtes im Hinblick auf den Streitwert von 5000 S nicht gegeben sei.
Das Rekursgericht hat dagegen mit dem angefochtenen Beschluß die erstrichterliche Entscheidung aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, sich der Verhandlung und Urteilsfällung zu unterziehen, da die Übergabe der zweiten Kuh in Erfüllung eines Schuldvertrages entgeltlicher Natur erfolgt sei, weshalb der Beklagte dem Kläger gemäß § 922 ABGB. für den Mangel ausdrücklich bedungener Eigenschaften Gewähr zu leisten habe; der Kläger behaupte, daß diese Kuh nicht die bedungenen Eigenschaften aufweise. Es handle sich daher um eine Viehmängelstreitigkeit, zu deren Entscheidung das Erstgericht gemäß § 49 Abs. 2 Z. 8 JN. ohne Rücksicht auf den Streitwert sachlich zuständig sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der beklagten Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Nach § 49 Abs. 2 Z. 8 JN. sind die Bezirksgerichte ohne Rücksicht auf den Wert des Streitgegenstandes für Streitigkeiten wegen Viehmängel zuständig. Schon aus der ganz allgemeinen Fassung ergibt sich, daß es sich dabei nicht bloß um Gewährleistungsansprüche wegen Viehmängel handeln muß, wohl aber müssen es Streitigkeiten wegen Viehmängel sein. Was unter Viehmängel zu verstehen ist, sagt das Gesetz nicht. Jedenfalls wird es dasselbe sein, was die §§ 932a und 933 ABGB. darunter verstehen, nämlich Sachmängel von Vieh in dem Sinne, wie ihn die Landwirtschaft versteht (vgl. die bei Kapfer ABGB. 24. Auflg. S. 491 unter Nr. 6 zitierte Entscheidung SZ IX/291). Unter den Begriff Viehmängel fallen nicht nur Krankheiten, sondern auch das Fehlen von bedungenen Eigenschaften im Sinne des § 922 ABGB. (vgl. die bei Kapfer a. a. O. unter Nr. 6 a zitierte Judikatur). Die nach dem Klagsvorbringen am 24. September 1952 zwischen den Streitteilen getroffene Vereinbarung betraf die gütliche Beilegung eines Gewährleistungsstreites hinsichtlich der dem Kläger vom Beklagten im Jänner 1952 im Tauschweg überlassenen Kuh, der in der Weise beigelegt wurde, daß sich Beklagter zum Umtausch gegen eine bestimmte andere Kuh unter der Zusage verpflichtete, daß die andere Kuh frei von Krankheiten und offenen oder versteckten Mängeln sei und nach dem Kalb mindestens 12 l Milch täglich gebe. Für den Fall, als diese zweite Kuh diesen Erfordernissen nicht entsprechen sollte, hat Beklagter nach dieser Vereinbarung diese Kuh neuerlich gegen eine weitere entsprechende Kuh samt Kalb bis längstens Lichtmeß 1953 umzutauschen. Da auch die zweite Kuh nebst einem anderen Mangel nicht die ausdrückliche Bedingung einer Mindestmilchmenge von 12 l täglich erfüllt, verlangt der Kläger den neuerlichen Umtausch gegen eine weitere Kuh samt Kalb. Es werden somit Viehmängel geltend gemacht, die an sich in den Rahmen der Gewährleistungfallen, nur wird nicht Wandlung, sondern gemäß der getroffenen Vereinbarung Ersatz der mangelhaften Kuh durch eine der Zusage entsprechende andere samt Kalb verlangt. Es handelt sich daher zweifellos um einen Streit wegen Viehmängel, wenn auch nicht der gesetzlichen Wandlungs- oder Preisminderungsanspruch erhoben wird. Demnach hat das Rekursgericht mit Recht die Zuständigkeit des Erstgerichtes nach § 49 Abs. 2 Z. 8 JN. bejaht und mußte daher dem Revisionsrekurs ein Erfolg versagt bleiben.
Anmerkung
Z26128Schlagworte
Eigenzuständigkeit, Viehmängel, Viehmängel, Zuständigkeit, Viehmangel, Zuständigkeit, Zuständigkeit, ViehmängelEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00086.53.0520.000Dokumentnummer
JJT_19530520_OGH0002_0010OB00086_5300000_000