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40/01 Verwaltungsverfahren;Norm
AVG §49 Abs1 Z1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Graf und die Hofräte Dr. Blaschek und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Lier, über die Beschwerde des L in L, vertreten durch Dr. Kristina Köck, Rechtsanwalt in 2136 Laa an der Thaya, Stadtplatz 52, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates im Land Niederösterreich vom 11. November 2002, Zl. Senat-MI-02-2071, betreffend Bestrafung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer der Begehung einer Verwaltungsübertretung gemäß § 28 Abs. 1 Z 1 lit. a iVm § 3 Abs. 1 Ausländerbeschäftigungsgesetz (AuslBG) dahingehend für schuldig befunden, er habe als Arbeitgeber am 31. Juli 2001 einen namentlich näher bezeichneten Ausländer (einen slowakischen Staatsangehörigen) ohne arbeitsmarktbehördliche Genehmigung beschäftigt; über ihn wurde hiefür nach dem zweiten Strafsatz des § 28 Abs. 1 Z 1 AuslBG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.450,-- (Ersatzfreiheitsstrafe drei Tage) verhängt.
Zur Begründung ihrer Entscheidung führte die belangte Behörde nach Darstellung des Verfahrensverlaufes aus, es könne als unbestritten festgestellt werden, dass der zur Tatzeit betretene Ausländer am Rübenfeld des K gearbeitet habe (Unkrautjäten); der Ausländer habe sich damals bei seinem Bruder, der als Koch beim Beschwerdeführer beschäftigt sei, zu Besuch befunden und sich in einer vom Beschwerdeführer zur Verfügung gestellten Wohnung aufgehalten. Das Einschreiten der Exekutive habe K veranlasst, weil er diesen Ausländer auf seinem Feld arbeiten gesehen habe. Der Ausländer sei unmittelbar nach seiner Betretung (unter Beiziehung einer Dolmetscherin und nach Hinweis auf seine Vernehmung als Zeuge in einem Verfahren gegen seinen Arbeitgeber) befragt worden, und er habe damals gegenüber einer Bediensteten der Bezirkshauptmannschaft M angegeben, er sei vor etwa drei Wochen (aus Frankreich kommend) nach Österreich eingereist, um seinen Bruder zu besuchen; da er sich etwas Geld habe verdienen wollen, habe sein Bruder den Beschwerdeführer gefragt, ob dieser Arbeit für ihn hätte. Der Ausländer habe entsprechend den Anweisungen des Beschwerdeführers täglich (ca. vier Stunden, etwa Feldarbeiten, Reinigungsarbeiten, etc.) gearbeitet; den Arbeitslohn dafür, über dessen Höhe nichts vereinbart worden sei, hätte der Beschwerdeführer ihm bei der Abreise ausbezahlt. Sowohl der Beschwerdeführer als auch der Bruder des Ausländers hätten zwar eingeräumt, der Ausländer habe sich möglicherweise für die Gewährung der Unterkunft dankbar zeigen wollen, eine Aufklärung dafür, wie und warum der Ausländer auf dem konkreten Feld (welches sich in der Nähe eines dem Beschwerdeführer gehörigen Feld befunden habe) tätig gewesen sei, habe durch die Aussagen der im Berufungsverfahren vernommenen Personen allerdings nicht erzielt werden können. Für die belangte Behörde sei es gleichfalls nicht nachvollziehbar, dass der Ausländer bei der Einvernahme durch eine Beamtin der Fremdenpolizei der Bezirkshauptmannschaft M (im Sinne der Behauptungen des Beschwerdeführers) derart eingeschüchtert gewesen sei, bzw. durch die behauptete Druckausübung verhalten worden wäre, die Niederschrift zu unterschreiben; für die Richtigkeit dieser Behauptungen hätte sich kein Hinweis ergeben. Der Ausländer sei am Tag seines Aufgriffs, unmittelbar unter dem Eindruck des Vorfalles vernommen worden; derartigen Angaben sei in der Regel mehr Glaubwürdigkeit als einer späteren (unter dem Eindruck einer rechtsfreundlichen Vertretung erfolgten) Aussage zuzubilligen. In diesem Lichte seien aber die Angaben des Beschwerdeführers gegenüber der Bundesgendarmerie L und nunmehr vor der belangten Behörde zu sehen. Der Bruder des Ausländers sei beim Beschwerdeführer beschäftigt, weshalb ein gewisses Abhängigkeitsverhältnis (dieses Zeugen zum Beschwerdeführer) bestünde; sowohl dieser Zeuge als der Beschwerdeführer hätten aber bemerkenswerterweise angegeben, der Ausländer habe unter Umständen aus Dankbarkeit für seine Unterbringung bzw. aus Gefälligkeit gearbeitet. Für die Glaubhaftmachung eines derartigen Gefälligkeitsdienstes wäre allerdings darzulegen gewesen, warum dieser Ausländer auf dem konkreten Feld gearbeitet habe. Das Nichterklärenkönnen dieser Umstände werte die belangte Behörde dahingehend, dass von der Richtigkeit der Angaben des Ausländers in der mit ihm vor der Fremdenpolizei aufgenommenen Niederschrift auszugehen sei.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde, zu der die belangte Behörde eine Gegenschrift erstattete, hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:
Der Beschwerdeführer macht im Sinne seines schon in der Berufung erstatteten Vorbringens geltend, die belangte Behörde hätte die niederschriftliche Aussage des Ausländers vom 31. Juli 2001 der Entscheidung im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren nicht zu Grunde legen dürfen, weil dieser Zeuge "nicht im Sinne der §§ 49 und 50 AVG über sein Entschlagungsrecht belehrt worden sei"; dem Ausländer sei - nach der Behauptung der Beschwerde - ein "Aussageverweigerungsrecht gemäß § 49 Abs. 1 Z. 1 AVG" zugestanden. Die Aussage des Ausländers hätte im gegenständlichen Verwaltungsstrafverfahren auch deshalb nicht verwendet werden dürfen, weil der Zeuge "zur Selbstbezichtigung verhalten wurde".
Die §§ 49 Abs. 1 Z 1 und 50 AVG lauten:
"§ 49. (1) Die Aussage darf von einem Zeugen verweigert werden:
1. Über Fragen, deren Beantwortung dem Zeugen, seinem Ehegatten, seinem Verwandten oder Verschwägerten in auf- oder absteigender Linie, seinem Geschwisterkind oder einer Person, die mit ihm noch näher verwandt oder im gleichen Grad verschwägert ist, ferner seinen Wahl- oder Pflegeeltern, Wahl- oder Pflegekindern, seinem Vormund oder Pflegbefohlenen einen unmittelbaren bedeutenden Vermögensnachteil oder die Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung zuziehen oder zur Schande reichen würde;
...
§ 50. Jeder Zeuge ist zu Beginn seiner Vernehmung über die für die Vernehmung maßgebenden persönlichen Verhältnisse zu befragen und zu ermahnen, die Wahrheit anzugeben und nichts zu verschweigen. Er ist auch auf die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Aussage, auf die Folgen einer ungerechtfertigten Verweigerung der Aussage und die strafrechtlichen Folgen einer falschen Aussage aufmerksam zu machen."
Die §§ 24 und 38 VStG lauten:
"§ 24. Soweit sich aus diesem Bundesgesetz nicht anderes ergibt, gilt das AVG auch im Verwaltungsstrafverfahren. Die §§ 2, 3, 4, 11, 12, 13 Abs. 8, 14 Abs. 3 zweiter Satz, 36 Abs. 2, 37 zweiter Satz, 39 Abs. 3, 41, 42, 44a bis 44g, 51, 51d, 57, 63 Abs. 1, 64 Abs. 2, 66 Abs. 2, 67a bis 67d, 68 Abs. 2 und 3, 75, 76a zweiter Satz, 78, 78a, 79a, 80, 81 und 82 AVG sind im Verwaltungsstrafverfahren nicht anzuwenden.
Beweise
§ 38. Die Verwandten und Verschwägerten des Beschuldigten in auf- und absteigender Linie, seine Geschwisterkinder und Personen, die mit ihm noch näher verwandt sind oder im gleichen Grad verschwägert sind, sein Ehegatte, Wahl- und Pflegeeltern, Wahl- und Pflegekinder, sein Vormund und die Pflegebefohlenen sind von der Verbindlichkeit zur Ablegung eines Zeugnisses auch dann befreit, wenn die in § 49 Abs. 1 Z 1 AVG vorgesehenen Voraussetzungen nicht vorliegen."
Nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten wurde der Ausländer (S) von der Bezirkshauptmannschaft M unter Beiziehung einer Dolmetscherin am 31. Juli 2001 als Zeuge "im Verwaltungsstrafverfahren gegen meinen Arbeitgeber vernommen"; er wurde nach dem Inhalt der Niederschrift ausdrücklich darauf hingewiesen, dass er "bei einer falschen Zeugenaussage mit einer strafgerichtlichen Verfolgung rechnen muss". Im "Formulartext" der mit dem Ausländer aufgenommenen Niederschrift ist die Belehrung über die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Aussage zwar in deutscher Sprache enthalten, der Niederschrift ist aber ein Hinweis darauf, dass dem (unter Beiziehung einer Dolmetscherin vernommenen) Zeugen diese Belehrung auch übersetzt bzw. zur Kenntnis gebracht wurde, nicht zu entnehmen.
Der Beschwerdeführer legt in seiner Beschwerde nicht begründet dar, dass die belangte Behörde bei Einhaltung der Vorschrift des § 50 AVG (nachweisliche Belehrung des Zeugen über die gesetzlichen Gründe für die Verweigerung der Aussage) zu einem anderen Bescheid hätte kommen können, weil für die belangte Behörde hinsichtlich der niederschriftlich festgehaltenen Zeugenaussage des Ausländers jedenfalls kein gesetzliches Verwertungsverbot bestand und diese Angaben gemäß § 46 AVG als Beweismittel zur Ermittlung der materiellen Wahrheit in Betracht kamen (vgl. auch die bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze Band II, zweite Auflage 2000, Seite 700, E 7 ff wiedergegebene Judikatur).
Der unter dem Gesichtspunkt einer Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gerügte Verfahrensfehler ist somit nicht vorgelegen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.
Wien, am 25. Februar 2005
Schlagworte
BeweiseEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2003090007.X00Im RIS seit
23.03.2005