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10/11 Vereinsrecht Versammlungsrecht;Norm
KFG 1967 §103 Abs2;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stoll und die Hofräte Dr. Riedinger, Dr. Holeschofsky, Dr. Beck und Dr. Bachler als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Ströbl, über die Beschwerde des PA in Wien, vertreten durch Dr. Michaela Iro, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 13/1/15, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom 12. März 2004, Zl. UVS- 03/P/4/9061/2003/8, betreffend Übertretung des KFG, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom 12. März 2004 wurde der Beschwerdeführer schuldig erkannt, er habe es als zur Vertretung nach außen Berufener eines näher genannten Vereines, welcher Zulassungsbesitzer des dem Kennzeichen nach bezeichneten Fahrzeuges sei, unterlassen, der Behörde auf ihr schriftliches Verlangen vom 28. Mai 2003, zugestellt am 2. Juni 2003, innerhalb der Frist von zwei Wochen Auskunft zu erteilen, wer dieses Kraftfahrzeug am 23. Dezember 2002 um
13.45 Uhr in Wien XII, Am Schöpfwerk 31 nächst Kreuzung An den Eisteichen gelenkt habe. Der Beschwerdeführer habe damit § 103 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG übertreten, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 150,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt wurde.
Über die dagegen erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof in einem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Aus dem Inhalt der vorgelegten Verwaltungsakten ergibt sich, dass bereits am 14. Jänner 2003 eine Lenkeranfrage im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG an den Zulassungsbesitzer (den genannten Verein) gerichtet wurde. Diese unterscheidet sich von der dem gegenständlichen Strafverfahren zu Grunde liegenden Anfrage vom 28. Mai 2003 insoweit, als dort als Ort des Lenkens Wien XII, Am Schöpfwerk 29 (statt 31), nächst Kreuzung An den Eisteichen aufscheint.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 16. Dezember 1998, Zl. 98/03/0237) besteht die Auskunftspflicht des Zulassungsbesitzers nach § 103 Abs. 2 KFG nur einmal. Dies bedeutet, dass der Zulassungsbesitzer, wurde bereits eine Anfrage an ihn zugestellt, nicht verpflichtet ist, eine denselben Sachverhalt erneut erfassende Anfrage zu beantworten.
Über diesbezüglichen Vorhalt des Verwaltungsgerichtshofes (§ 41 Abs. 1 zweiter Satz VwGG) führte die belangte Behörde aus, ihrer Ansicht nach lägen keine identen Anfragen vor. Nach Zustellung der ersten Anfrage (vom 14. Jänner 2003) habe der Zulassungsbesitzer (Verein) am 30. Jänner 2003 erklärt, "dass die Adressangabe unvollständig sei bzw. nicht existiere", woraufhin ergänzende Ermittlungen eingeleitet worden seien, auf Grund deren die Ortsbezeichnung auf "Am Schöpfwerk 31" berichtigt worden sei.
Damit ist die belangte Behörde im Recht: Wie der Verwaltungsgerichtshof auch in dem von der belangten Behörde bezogenen hg. Erkenntnis vom 20. April 2001, Zl. 2001/02/0060, hervorgehoben hat, stehe bei einer Anfrage nach § 103 Abs. 2 KFG zwar im Vordergrund, dass nach jener Person gefragt wird, die zu einem bestimmten Zeitpunkt ein Kraftfahrzeug gelenkt hat; der Anführung des Ortes des Lenkens komme hingegen keine besondere Bedeutung zu. Der Verwaltungsgerichtshof hat andererseits jedoch (worauf gleichfalls die belangte Behörde zutreffend verweist) etwa in dem zitierten Erkenntnis vom 20. April 2001 auch ausgeführt, dass der Zulassungsbesitzer dann, wenn die Behörde danach frage, wer ein bestimmtes Kraftfahrzeug zu einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt habe, berechtigt sei, sich auf die Beantwortung der gestellten Frage zu beschränkten; er genüge daher - die Richtigkeit der Erklärung vorausgesetzt - der gesetzlichen Verpflichtung, wenn er erkläre, dass sich das in Rede stehende Fahrzeug zum angefragten Zeitpunkt nicht an dem in der Anfrage genannten Ort befunden habe. Zutreffend leitet daraus die belangte Behörde ab, dass zwar die Aufnahme des Ortes in die Lenkeranfrage (Fälle des "Abstellens" des Fahrzeuges oder Anhängers ausgenommen - vgl. hiezu das hg. Erkenntnis vom 29. April 2003, Zl. 2002/02/0203) nicht wesentlich für das Entstehen der gesetzlichen Verpflichtung zur Beantwortung durch den Zulassungsbesitzer ist, die Behörde aber, hat sie in die Anfrage einmal einen Ort (etwa zur leichteren Identifikation) aufgenommen, auch berechtigt ist, eine fehlerhafte Ortsangabe zu korrigieren, ohne dass dadurch das "Fragerecht" bereits "verbraucht" wäre. Die Behörde ist daher in einem solchen Fall berechtigt, eine die Auskunftspflicht auslösende weitere Anfrage an den Zulassungsbesitzer zu stellen, in welcher entweder der korrigierte Ort des Lenkens (wie im Beschwerdefall) - oder kein solcher (weil unnötig) - aufscheint.
Die belangte Behörde ging im angefochtenen Bescheid davon aus, der Beschwerdeführer sei Präsident des Vereines O., sein Vertreter Dr. G. sei Vizepräsident des Vereines und auch für die Abwicklung des Behördenkontaktes desselben zuständig. Der Verein sei mit der gegenständlichen Lenkeranfrage aufgefordert worden, bekannt zu geben, wem das dem Kennzeichen nach bestimmte Fahrzeug zum in der Anfrage angeführten Zeitpunkt (und Ort) überlassen war.
Bei Zustellung dieser Lenkeranfrage am 2. Juni 2002 an der Adresse des Vereinslokals sei der Beschwerdeführer an der Abgabestelle nicht anwesend gewesen. Die Sendung sei von einem Vereinsmitglied übernommen worden. Dieses habe das Schriftstück an das Vereinsmitglied M. weitergegeben, woraufhin spätestens am 9. Juni 2003 die Sendung dem Vizepräsidenten Dr. G. zugekommen sei. Dieser habe nämlich mit einem e-mail vom 9. Juni 2003 der Erstbehörde mitgeteilt, dass die geforderte Auskunft nur vom Beschwerdeführer, dem Präsidenten, erteilt werden könne; dieser kehre aber erst am 29. Juni 2003 wieder zurück. In weiterer Folge sei die Lenkeranfrage unbeantwortet geblieben.
In rechtlicher Hinsicht ging die belangte Behörde davon aus, dass Empfänger des Schriftstückes der Verein O. gewesen sei. Diesem sei die Lenkeranfrage spätestens am 9. Juni 2003 tatsächlich zugekommen, als nämlich der vertretungsbefugte Vizepräsident das Schriftstück erhalten habe; dadurch sei eine Heilung des vorliegenden Zustellmangels eingetreten. Auf die Frage der Ortsabwesenheit des Beschwerdeführers sei daher nicht näher einzugehen gewesen.
Unbestritten sei, dass der Verein keine Lenkerauskunft erteilt habe, weshalb der Beschwerdeführer den objektiven Tatbestand einer Übertretung des § 103 Abs. 2 KFG in Verbindung mit § 9 Abs. 1 VStG erfüllt habe. Bei diesem Delikt handle es sich um ein so genanntes Ungehorsamsdelikt. Dabei obliege es gemäß § 5 Abs. 1 VStG dem Beschuldigten, glaubhaft zu machen, dass im konkreten Fall die Einhaltung der Verwaltungsvorschrift ohne vorwerfbares Verschulden unmöglich gewesen sei; dies bedeute, dass der Beschuldigte initiativ alles darzulegen habe, was für seine Entlastung spreche, zum Beispiel durch die Beibringung geeigneter Beweismittel bzw. die Stellung entsprechender konkreter Beweisanträge. Derartiges sei jedoch im Beschwerdefall nicht vorgebracht worden, sodass vom Vorliegen eines Verschuldens auszugehen gewesen sei.
Dagegen bringt die vorliegende Beschwerde vor, der Antrag des Vizepräsidenten, das Auskunftsbegehren an die Privatadresse zuzustellen, sei unerledigt geblieben; auch sei der angefochtene Bescheid deshalb mit sich selbst im Widerspruch, weil zwar einerseits von einer Heilung des Zustellmangels ausgegangen werde, gegen den Vizepräsidenten des Vereines jedoch keine Verfolgungshandlung gesetzt worden sei.
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. das hg. Erkenntnis vom 14. Dezember 1994, Zl. 94/03/0138) ist der Geschäftsführer einer GmbH gemäß § 9 Abs. 1 VStG für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch die Gesellschaft strafrechtlich verantwortlich, auch wenn die Lenkeranfrage im Sinne des § 103 Abs. 2 KFG nicht an den handelsrechtlichen Geschäftsführer einer GmbH sondern an die GmbH selbst ergangen ist. Dies gilt in gleicher Weise für die vertretungsbefugten Organe eines Vereines im Umfang des § 6 Vereinsgesetz 2002. Der Umstand, dass die vorliegende Anfrage an den Verein O. (ohne Angabe einer diesen vertretenden natürlichen Person) gerichtet war, hindert daher - rechtswirksame Zustellung an den Verein vorausgesetzt - eine Bestrafung des (allein vertretungsbefugten) Beschwerdeführers als Organwalter (Präsident) des Vereines nicht. Auch kann sich der Beschwerdeführer nicht mit Erfolg darauf berufen, wegen der ihm zur Last gelegten Übertretung hätte auch ein anderer Organwalter bestraft werden müssen. Warum aber den Beschwerdeführer kein Verschulden am vorliegenden Ungehorsamsdelikt getroffen haben sollte, hat er - worauf bereits die belangte Behörde zutreffend verwiesen hat - vor den Verwaltungsbehörden nicht näher dargelegt.
Von daher gesehen begründet es ein (Organisations)Verschulden des Beschwerdeführers wenn er - wie die Beschwerde vorbringt - als gesetzlicher Vertreter des Vereines die relevanten Aufzeichnungen über die Benutzung von Vereinsfahrzeugen in seiner (ausschließlichen) Verwahrung hielt.
Was aber den behaupteten Zustellmangel der verfahrensgegenständlichen Lenkerauskunft an den Verein betrifft, so teilt der Verwaltungsgerichtshof die Ansicht der belangten Behörde, wonach ein allfälliger Mangel spätestens durch das Zukommen des Schriftstückes an den Organwalter (Vizepräsidenten) Dr. G. vor dem 9. Juni 2003 geheilt wurde. Dieser war nämlich nach dem in den vorgelegten Verwaltungsakten erliegenden Vereinsregisterauszug zur fraglichen Zeit nicht nur organschaftlicher Vertreter des Vereines (und damit gemäß § 6 Abs. 2 zweiter Satz Vereinsgesetz zur passiven Vertretung des Vereines jedenfalls allein befugt) sondern auch im Verhinderungsfall des alleinvertretungsbefugten Präsidenten dessen Vertreter. Damit aber konnte die belangte Behörde ohne Rechtsirrtum von der Heilung eines allfällig vorliegenden Zustellmangels ausgehen.
Einer (neuerlichen) Zustellung an den (ortsabwesenden) Beschwerdeführer an dessen Privatadresse, wie von Dr. G. im e-mail vom 9. Juni 2003 angeregt, bedurfte es daher nicht.
Die Beschwerde war aus den dargelegten Erwägungen gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003, BGBl. II Nr. 333.
Wien, am 25. Februar 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004020217.X00Im RIS seit
02.05.2005Zuletzt aktualisiert am
24.06.2010