Norm
Außerstreitgesetz §5Kopf
SZ 26/239
Spruch
Wenn die Erben den Aufträgen des Abhandlungsgerichtes zur Vorlage der notwendigen Ausweise und Eingaben nicht nachkommen, dann kann das Abhandlungsgericht zwecks Durchführung und Beendigung der weiteren Abhandlung einen Notar mit der Verfassung dieser Ausweise und Eingaben betrauen.
Entscheidung vom 30. September 1953, 1 Ob 736/53.
I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.
Text
Nach dem Tode des Vitus E., gestorben am 30. August 1951, sind auf Grund des Testamentes vom 19. Juni 1951 die erbl. Witwe Maria E. und die erbl. Tochter Maria Elisabeth Sch. zu Erben berufen. Auf Antrag der berufenen Erben, die vorbrachten, daß wegen Bezahlung eines Kaufpreises ein Rechtsstreit zu führen sei, wurde mit Beschluß vom 6. Dezember 1951, die Frist zur Abgabe der Erbserklärungen und zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses bis 1. Mai 1952 erteilt.
Diese Frist ist mit Beschluß vom 9. Mai 1952, bis 1. Oktober 1952 verlängert worden.
Als die berufenen Erben unter Hinweis auf den noch nicht rechtskräftig erledigten Prozeß die Gewährung einer neuerlichen Fristerstreckung bis 1. April 1953 begehrten, hat das Erstgericht diesen Antrag abgewiesen, wobei der Standpunkt vertreten wurde, daß gemäß § 118 AußstrG. die Frist zur Abgabe der Erbserklärung nur auf ein Jahr verlängert werden könne und diese mit Rücksicht auf den Todestag vom 30. August 1951 verstrichen sei.
Dem gegen diese Entscheidung erhobenen Rekurs der erblasserischen Witwe und erblasserischen Tochter wurde vom Rekursgericht stattgegeben und derangefochtene Beschluß dahin abgeändert, daß die Frist zur Abgabe der Erbserklärungen und zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses im Falle einer unbedingten Erbserklärung bis 1. April 1953 verlängert wurde. Das Rekursgericht führte aus, daß die Erben, ohne zur Abgabe einer Erbserklärung aufgefordert worden zu sein, ursprünglich selbst um Gewährung einer Frist angesucht hätten. Die erste Frist sei den Erben mit Beschluß vom 6. Dezember 1951 mit 1. Mai 1952 gesetzt worden. Die einjährige Frist des § 118 AußstrG. habe daher erst am 1. Mai 1952 begonnen und laufe bis 2. Mai 1953, sodaß eine kürzere Frist bis 1. April 1953 gewährt werden konnte.
Mit Beschluß vom 8. April 1953 hat das Erstgericht nunmehr nach fruchtlosen Ablauf der letztgenannten Frist die berufenen Erben zur Abgabe der Erbserklärung bis 2. Mai 1953 aufgefordert, widrigenfalls dieVerlassenschaftsabhandlung dem zuständigen Notar zur Abhandlungspflege abgegeben werde. Der von den beiden obgenannten Erben erhobene Rekurs blieb gegen diesen Beschluß erfolglos. Während nun der Abhandlungsakt dem zuständigen Notar zur Abhandlungspflege übermittelt wurde hat die erblasserische Witwe auf Grund des Testamentes vom 19. Juni 1951 die unbedingte Erbserklärung zum Nachlaß abgegeben, wobei gleichzeitig der Antrag gestellt wurde, die Frist zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses, der allfälligen Erbteilung und der Schlußanträge bis 1. Oktober 1953 zu bestimmen.
Mit Beschluß vom 25. Juni 1953, wurde die Erbserklärung der erblasserischen Witwe zu Gericht angenommen, jedoch der Antrag auf Fristerteilung bis 1. Oktober 1953 abgewiesen und unter einem der Akt dem Notar zur Abhandlungspflege übermittelt. Dem von der erblasserischen Witwe Maria E. dagegen erhobenen Rekurs wurde vom Rekursgericht nicht Folge gegeben. Das Rekursgericht führte aus, der Umstand, daß der Rechtsstreit, den die Verlassenschaft gegen Franz und Hedwig M. wegen Bezahlung eines Kaufschillings angestrengt habe, noch nicht beendet sei, hindere die Errichtung des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und die Durchführung der Abhandlungspflege nicht. Wenn nun die Erben innerhalb der gesetzten Frist dem Auftrag zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses und der Stellung der Schlußanträge nicht nachkommen, sei das Gericht berechtigt, die Abhandlungspflege durch den zuständigen Notar durchführen zu lassen, wofür die Bestimmungen der §§ 3, 29 AußstrG. und der Verordnung vom 7. Mai 1860, RGBl. 120, die Grundlage bilden.
Der Oberste Gerichtshof wies den Revisionsrekurs der erblasserischen Witwe zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Soweit zum Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit die Rekurswerberin ausführt, daß es in Anbetracht des noch nicht beendeten Rechtsstreites und mit Rücksicht auf den Pflichtteilsanspruch der erblasserischen Tochter beziehungsweise der Bezahlung von Steuern zweckmäßiger sei, mit der Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses zuzuwarten und daher eine weitere Frist hiezu zu gewähren wäre, so können diese Erwägungen nie den Anfechtungsgrund der offenbaren Gesetzwidrigkeit begrunden. Denn eine offenbare Gesetzwidrigkeit liegt nur dann vor wenn die der rechtlichen Beurteilungunterzogene Frage im Gesetze ausdrücklich und in so klarer Weise gelöst ist, daß kein Zweifel über die Absicht des Gesetzgebers aufkommen kann und trotzdem eine damit im Widerspruch stehende Entscheidung gefällt wurde. Diese Voraussetzungen sind aber im gegenständlichen Falle nicht gegeben, da die Frage der Fristerteilung beziehungsweise Erstreckung nur eine Ermessensentscheidung der Untergerichte betrifft. Im gegenständlichen Falle ist davon auszugehen, daß mit mehreren in Rechtskraft erwachsenen Beschlüssen vom 6. Dezember 1951, 9. Mai 1952, 14. Jänner 1952 die Frist zur Abgabe der Erbserklärung und zur Vorlage des eidesstättigen Vermögensbekenntnisses der Rekurswerberin bis 2. Mai 1953 erteilt wurde. Die Rekurswerberin hat aber diesen Aufträgen nur teilweise entsprochen. Wenn daher die unteren Instanzen die Ansicht vertreten haben, daß gemäß §§ 3, 29 AußstrG. und gemäß der Verordnung vom 7. Mai 1860, RGBl. Nr. 120 die Abhandlungspflege nunmehr durch den zuständigen Notar durchzuführen ist, so steht diese Ansicht mit den gesetzlichen Vorschriften keinesfalls in Widerspruch. Denn gemäß § 29 AußstrG. sind die Notare ermächtigt, alle nach Annahme der Erbserklärungen notwendigen Ausweise aufzunehmen und alle zur Erwirkung der Einantwortungsurkunde erforderlichen Akte vorzubereiten.
Mit Recht haben daher die unteren Instanzen mit Rücksicht auf die Säumigkeit der Rekurswerberin die Abhandlungspflege dem Notar übertragen und liegt daher eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht vor.
Wenn im Revisionsrekurs auf die Entscheidung GlUNF. 1463 verwiesen wird, so ist damit für den Standpunkt der Rekurswerberin nichts gewonnen, da sich der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung nur mit dem Rekursrecht des Notars, dem die Abhandlungspflege übertragen wurde, befaßt hat.
Es ist richtig, daß es den Erben unbenommen bleibt, selbst oder durch einen Machthaber die notwendigen Ausweise und Eingaben im Abhandlungsverfahren zu verfassen und bei Gericht vorzulegen. Wenn aber die Erben diesen Aufträgen zur Vorlage der notwendigen Ausweise und Eingaben nicht nachkommen, dann konnte das Abhandlungsgericht zwecks Durchführung und Beendigung der weiteren Abhandlung einen Notar mit der Verfassung dieser Ausweise und Eingaben betrauen. Damit steht aber auch der zweite Satz des § 3 Abs. 2 der VO. vom 7. Mai 1860, RGBl. 120, nicht in Widerspruch, da in dieser Gesetzesstelle nur der Fall der mangelnden Verfassung der obgenannten Eingabe, nicht aber der Umstand geregelt wurde, daß die zur Erbschaft berufenen Erben mit der Stellung ihrer weiteren Anträge und Ausweise säumig werden. Dies muß aber umsomehr dann gelten, wenn die Erben solchen Aufträgen nicht nur mangelhaft, sondern überhaupt nicht fristgerecht nachkommen.
Da somit auch in diesem Punkte eine offenbare Gesetzwidrigkeit nicht vorlag, war der Revisionsrekurs als unzulässig zurückzuweisen.
Anmerkung
Z26239Schlagworte
Abhandlungsgericht, Auftrag zur Verfassung von Eingaben, Aufträge des Abhandlungsgerichtes, Eingabenverfasser, Nachlaßverfahren, Nachlaßverfahren, Auftrag zur Verfassung von Eingaben, Notar Schriftenverfasser im Außerstreitverfahren, Schriftenverfasser im AußerstreitverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00736.53.0930.000Dokumentnummer
JJT_19530930_OGH0002_0010OB00736_5300000_000