TE OGH 1953/10/21 1Ob444/53

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Veröffentlicht am 21.10.1953
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Norm

Exekutionsordnung §207
Exekutionsordnung §208
Gerichtsorganisationsgesetz §89

Kopf

SZ 26/253

Spruch

Frist des § 207 Abs. 1 EO. eine Präklusivfrist; maßgebend daher das Einlangen des Antrages bei Gericht, nicht die Postaufgabe.

Wenn eine Nebengebührenkaution in einem derartigen Umfang einverleibt ist, daß auch die länger als drei Jahre rückständigen Zinsen darin Deckung finden, kann der betreibende Gläubiger nicht für diese länger als drei Jahre rückständigen Zinsen im Range der einzustellenden Zwangsversteigerung gemäß § 208 Abs. 1 EO. die Einverleibung eines Pfandrechtes bewirken.

Entscheidung vom 21. Oktober 1953, 1 Ob 444/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Obervellach; II. Instanz: Landesgericht Klagenfurt.

Text

Der betreibenden Partei, zu deren Gunsten ob der Liegenschaft der verpflichteten Partei EZ. 26 Grundbuch M. in PZ. 17 das Pfandrecht für die Forderung von 25.000 S samt Anhang und in PZ. Z. 21 jenes für die Forderung von 5000 S samt Anhang haftet, war vom Erstgerichte die Zwangsversteigerung der genannten Liegenschaft zur Hereinbringung folgender Beträge bewilligt worden, und zwar 1. am 28. Oktober 1951 von 914.90 S, 913.10 S und 911.20 S je samt Anhang (zu E 288/50), 2. am 2. November 1951 von 909.38 S und 907.45 S je samt Anhang (zu E 489/51) und 3. am 7. Jänner 1953 von 1014.47 S, 1011.45 S und 1008.35 S je samt Anhang (zu E 625/52). Die Versteigerung der Liegenschaft war für den 22. Jänner 1953 angeordnet worden (E 288/50-22 des Erstgerichtes). Mangels Angebotes wurde das Versteigerungsverfahren vom Erstgerichte gemäß § 151 EO. am 22. Jänner 1953 eingestellt (E 288/50-27). Dieser Beschluß wurde dem Vertreter der betreibenden Partei - weitere Gläubiger waren dem Versteigerungsverfahren nicht beigetreten - am 2. Februar 1953 zugestellt (Rückschein im Exekutionsakt). Der Beschluß des Erstgerichtes wurde hinsichtlich der Einstellung der Exekution nicht angefochten. Am 25. Februar 1953 ist beim Erstgerichte der Antrag der betreibenden Partei eingelangt, daß für ihre vollstreckbare Forderung in der Höhe von 8874.05 S samt Anhang das Pfandrecht auf die in Exekution gezogene Liegenschaft in der Rangordnung der Anmerkung (richtig: der Anmerkungen) der Einleitung des Versteigerungsverfahrens einverleibt werde.

Das Erstgericht hat diesem Antrage stattgegeben. Infolge des von der verpflichteten Partei dagegen erhobenen Rekurses hat das Rekursgericht den erstinstanzlichen Beschluß dahin abgeändert, daß der Antrag der betreibenden Partei abgewiesen wurde. Das Rekursgericht hat ausgeführt, daß dem Befriedigungsrechte des betreibenden Gläubigers keine andere Rechtswirkung als seinem Pfandrechte zukomme. Die Anmerkung der Einleitung des Versteigerungsverfahrens habe dem Umfang des Befriedigungsrechtes gegenüber dem eingetragenen Pfandrechte nicht erweitert. Eine Rangverschiebung in der Befriedigung sei durch die Einleitung des Versteigerungsverfahrens und die Anmerkung dieses Verfahrens im Grundbuche nicht herbeigeführt worden, weshalb die Eintragung eines Pfandrechtes im Range der Einleitung des Versteigerungsverfahrens gesetzwidrig sei, wenn für die gleichen Ansprüche das Pfandrecht bereits hafte. Für die gleiche Forderung könne die gleiche Sache nur einmal pfandrechtlich haften. Das Pfandrecht erstrecke sich auf die Zinsen sowie die gerichtlich bestimmten Prozeß- und Exekutionskosten. Im gegenständlichen Falle sei aber außerdem zu beachten, daß die Annuitäten, zu deren Hereinbringung die Exekution bewilligt wurde, nicht nur die Zinsen, sondern auch einen Teil des zur Tilgung kommenden Kapitales enthalten. Die begehrte Eintragung würde daher auch für einen Teil des Kapitales ein zweites Pfandrecht zum Inhalte haben. Diese Regelung sei aber nach materiellem Rechte nicht zulässig.

Gegen den Beschluß des Rekursgerichtes hat die betreibende Partei Rekurserhoben und die Abänderung des angefochtenen Beschlusses dahin beantragt, daß der Beschluß des Erstgerichtes wiederhergestellt werde. Die Revisionsrekurswerberin führt aus, daß auf die länger als drei Jahrerückständigen Zinsen Bedacht zu nehmen sei. Die Lage des betreibenden Gläubigers solle durch die Einstellung des Versteigerungsverfahrens und die Versteigerung zu einem späteren Termin nicht verschlechtert werden.

Daher könne dem exekutionsführenden Gläubiger die Einverleibung des Pfandrechtes für die in dem bereits bestehenden Pfandrechte nicht gedeckten Forderungen im Range der Anmerkung des Versteigerungsverfahrens nicht verwehrt werden.

Der Revisionsrekurs ist nicht begrundet.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:

Zunächst ergibt sich aus der Aktenlage, daß der gegenständliche Antrag der betreibenden Partei verspätet erhoben worden ist, worauf, da es sich bei der in den §§ 208 Abs. 1 und 207 Abs. 1 EO. vorgesehenen Frist um eine Präklusivfrist handelt (vgl. ZBl. 1929, Nr. 24), von Amts wegen Bedacht zu nehmen ist. Der Beschluß des Erstgerichtes vom 22. Jänner 1953 über die Einstellung des Versteigerungsverfahrens ist der betreibenden Partei, wie bereits oben auf Grund der Aktenlage bemerkt worden ist und wie sie selbst vorgebracht hat, am 2. Feber 1953 zugestellt worden. Von da ab ist die erwähnte Frist gelaufen. Daß diese Frist für jeden Gläubiger besonders zu berechnen ist und somit die Hinausschiebung der Rechtskraft gegenüber dem einen Gläubiger auch den anderen zugute kommt (vgl. Fr.Beantw. zu § 207 EO. sowie Neumann - Lichtblau, Komm. zu EO., 3. Aufl., I/S. 653), ist für die gegenständliche Erledigung ohne Bedeutung, weil, wie bereits erwähnt, nur die Revisionsrekurswerberin betreibende Partei gewesen ist. Mangels einer Anfechtung des erstgerichtlichen Beschlusses vom 22. Jänner 1953 hinsichtlich der Verfahrenseinstellung hat die Frist des § 208 Abs. 1 (§ 207 Abs. 1) EO. am 24. Feber 1953 geendet (acht Tage und 14 Tage seit 2. Feber 1953). Der gegenständliche Antrag der betreibenden Partei ist aber erst am 25. Feber 1953 bei Gericht eingelangt, also verspätet. In dieser Hinsicht kommt es nämlich auf das Einlangen des Antrages bei Gericht an. Gemäß § 208 Abs. 2 EO. gelten ja für die Bewilligung und den Vollzug dieser Einverleibung die Bestimmungen des Grundbuchgesetzes mit der einzigen Abweichung, daß die Rekursfrist 14 Tage beträgt (§ 88 Abs. 2 Z. 2 EO.), und in Grundbuchssachen dürfen bei der Fristberechnung die Tage, während welcher sich eine bei Gericht zu überreichende Schrift auf der Post befand, nicht abgerechnet werden (§ 81 Abs. 2 GBG. gegenüber § 89 GOG.).

Bereits aus diesem Gründe kann dem Revisionsrekurse kein Erfolg beschieden sein. Abgesehen davon, muß aber dem Rekursgerichte vorliegendenfalls im Ergebnis selbst dann beigepflichtet werden, wenn seiner Ansicht hinsichtlich der Nebengebühren deshalb nicht zu folgen ist, weil nur den nicht länger als drei Jahre rückständigen Zinsen die gleiche Rangordnung mit dem Kapital gebührt und für die länger rückständigen Zinsen ein selbständiges Pfandrecht in einem späteren Rang einverleibt werden kann (vgl. Bartsch, Grundbuchsgesetz, 7. Aufl., S. 226 f.). Die Revisionsrekurswerberin läßt nämlich vollkommen unberücksichtigt, daß zu ihren Gunsten in G. PZ. 17 bzw. 21 auch das Pfandrecht für eine Nebengebührenkaution von 5000 RM (S) bzw. für eine Nebengebührensicherstellung von 1000 S einverleibt ist (vgl. auch Punkt 13 e des Schuldscheines vom 7. Feber 1942). Derartige Nebengebührenkautionen sind dazu bestimmt, den Nebengebühren gewöhnlicher Hypothekarforderungen, welche nach gesetzlicher Anordnung nicht den gleichen Rang mit der Hauptforderung genießen, diesen Rang zu verschaffen, vor allem also den mehr als dreijährigen Zinsen und jenen Kosten, welche bei der Meistbotsverteilung nicht schon auf Grund des Gesetzes zu berücksichtigen wären (vgl. Klang, Komm., 2. Aufl., zu § 449, S. 421 f.). In den gegenständlichen Nebengebührenkautionen von insgesamt 6000 S finden aber die in der Rangordnung des Kapitales nicht zu berücksichtigenden Nebengebühren schon nach der Aufstellung der betreibenden Partei (S. 2 und 3 der Akten) offensichtlich weitaus Deckung. Im Gründe dieser Nebengebührenkautionen kommt vorliegendenfalls § 208 EO. nicht zur Anwendung. Denn die betreibende Partei hat sich für ihre gesamten vollstreckbaren Forderungen einschließlich aller Nebengebühren bereits vor den Anmerkungen der Einleitung des Versteigerungsverfahrens das Pfandrecht an der Liegenschaft erworben (vgl. Neumann - Lichtblau, a. a. O., I/S. 654, sowie Heller - Trenkwalder, a. a. O., S. 689).

Bereits aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurse der Erfolg zu versagen.

Anmerkung

Z26253

Schlagworte

Befriedigungsrecht nach § 207 EO., Frist, Frist, nach § 207 Abs. 1 EO., Kautionshypothek, Nebengebühren, Nebengebührenkaution, Pfandrecht, Pfandrecht, § 207 Abs. 1 EO., Präklusivfrist nach § 207 Abs. 1 EO., Realexekution, Frist nach § 207 Abs. 1 EO., Zinsen, Nebengebührenkaution, Zwangsversteigerung, Einstellung der -, Nebengebührenkaution

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00444.53.1021.000

Dokumentnummer

JJT_19531021_OGH0002_0010OB00444_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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