Kopf
Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Höller als Vorsitzenden und durch den Senatspräsidenten Dr. Kuch sowie die Räte des Obersten Gerichtshofes Dr. Sommer, Dr. Lenk und Dr. Meyer-Jodas als Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Robert M*****, vertreten durch Dr. Herbert Eggstein, Rechtsanwalt in Wien 1., wider die beklagte Partei D*****, vertreten durch Dr. Karl Völkl, Rechtsanwalt in Wien 9., wegen S 324.000 infolge Revisionsrekurses der klagenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichtes für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgerichtes vom 17. Juli 1953, GZ 42 R 751/53-9, womit der Beschluss des Bezirksgerichtes Innere Stadt Wien vom 16. Jänner 1953, GZ 30 C 889/52-4, abgeändert wurde, folgenden
Beschluss
gefasst:
Spruch
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Der Kläger hat die Kosten seines erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.
Text
Begründung:
In Punkt 24. des zwischen den Parteien am 23. 4. 1940 abgeschlossenen und schriftlich festgehaltenen Mietvertrages ist vereinbart, dass sämtliche Streitigkeiten aus diesem Vertrage durch das Rechtsamt der Deutschen Arbeitsfront in Berlin unanfechtbar entschieden werden. In der am 27. 9. 1952 eingebrachten Klage begehrt der Kläger von der beklagten Partei wegen Verletzung der ihr aus dem Vertrag oblegenen Verpflichtungen einen Schadenersatz. In der Klage ist auf die Schiedsvertragsklausel nicht Bezug genommen. Der Kläger hat auch nicht, nachdem die beklagte Partei bei der ersten Tagsatzung die Unzulässigkeit des Rechtsweges, richtig die Unzuständigkeit des Gerichtes eingewendet hatte, in diesem Verfahren den Ausspruch im Sinn des § 583 ZPO, dass der Schiedsvertrag außer Kraft trete, beantragt. Das Erstgericht hat sowohl die bereits erwähnte als auch die außerdem von der beklagten Partei erhobene Einrede der sachlichen Unzuständigkeit abgewiesen. Das Rekursgericht hat in Abänderung des Beschlusses des Erstgerichtes dessen sachliche Unzuständigkeit ausgesprochen, das bisherige Verfahren als nichtig aufgehoben und die Klage zurückgewiesen. In ihrem Revisionsrekurs strebt die beklagte Partei die Wiederherstellung des erstgerichtlichen Beschlusses oder die Aufhebung des Beschlusses des Rekursgerichtes und die Rückverweisung der Sache an dieses an. Der Revisionsrekurs ist nicht begründet.
Rechtliche Beurteilung
Das Rekursgericht hat die Ansicht des Erstgerichtes, dass die Bestellung des Rechtsamtes der Deutschen Arbeitsfront zum Schiedsrichter infolge des Zusammenbruches des nationalsozialistischen Regimes ihre Wirksamkeit verloren habe, dass der Schiedsvertrag, wenn ein Antrag gestellt worden wäre, außer Kraft zu setzen gewesen wäre und dass deshalb auch die "Einrede der Unzulässigkeit des Rechtsweges (wegen Bestehen eines Schiedsvertrages)" unbegründet sei, nicht geteilt, mangels eines Antrages auf Ausspruch, dass der Schiedsvertrag außer Kraft trete, der wegen der Schiedsvertragsklausel erhobenen Einrede der sachlichen Unzuständigkeit Berechtigung zuerkannt und sich mit der zweiten Einrede der beklagten Partei nicht mehr auseinandergesetzt. Soweit im Revisionsrekurs vorgebracht wird, dass der Kläger, nachdem ihm der erstgerichtliche Beschluss zugestellt worden war, beim Erstgericht einen "Eventualantrag" im Sinn des § 583 Abs 2 Z 1 ZPO gestellt habe und dass diesem Antrage bereits stattgegeben worden sei, weiters, dass die Bestellung des Rechtsamtes der Deutschen Arbeitsfront zum Schiedsrichter sittenwidrig und nach § 879 ABGB nichtig sei, weil die Deutsche Arbeitsfront gleichzeitig der Vermieter gewesen sei, kann darauf nicht eingegangen werden, da das Neuerungsverbot auch für das Rekursverfahren gilt. Im Übrigen aber pflichtet der Oberste Gerichtshof dem Rekursgericht dahin bei, dass es eines ausdrücklichen Antrages einer der Parteien und einer Verhandlung hierüber gemäß § 584 Abs 1 ZPO bedurft hätte, um mit einem gerichtlichen Ausspruch den Schiedsvertrag außer Kraft zu setzen, und dass es nicht zulässig ist, einen solchen Ausspruch nur in die Begründung einer über eine Unzuständigkeitseinrede ergangenen Entscheidung aufzunehmen.
Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs ein Erfolg zu versagen. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 40, 50 ZPO.
Anmerkung
E85424 2Ob754.53European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1953:0020OB00754.53.1021.000Dokumentnummer
JJT_19531021_OGH0002_0020OB00754_5300000_000