TE OGH 1953/11/11 1Ob848/53

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Veröffentlicht am 11.11.1953
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Norm

Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §830
Allgemeines bürgerliches Gesetzbuch §841
Exekutionsordnung §351

Kopf

SZ 26/268

Spruch

Der Exekutionstitel auf Naturalteilung des gemeinschaftlichen Eigentumes kann nicht rücksichtlich eines Teiles der Liegenschaft in Vollzug gesetzt werden.

Entscheidung vom 11. November 1953, 1 Ob 848/53.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Die Aufhebung der Gemeinschaft des Eigentums an der der betreibenden Partei und den beiden Verpflichteten zu je einem Drittel gehörigen Liegenschaft EZ. 371, Grundbuch G., bestehend aus den Bauparzellen 600 und 601, auf denen das Wohnhaus G., L.gasse 18, und verschiedene Werkstättengebäude errichtet sind, durch Naturalteilung, wurde mit rechtskräftigem Urteil angeordnet.

Die betreibende Partei beantragte die Exekution zur Durchführung dieser Naturalteilung "jedoch mit Ausnahme des Wohnhauses L.gasse 18."

Das Erstgericht bewilligte die Exekution im Sinne dieses Antrages.

Das Rekursgericht gab dem Rekurse der verpflichteten Partei Folge und wies den Exekutionsantrag ab.

In der Rekursschrift führten die Rekurswerber aus, daß es nicht angehe, die Exekution gleichsam in Raten zu bewilligen und somit das Wohnhaus L.gasse 18 vorläufig von der Teilung auszunehmen. Das Rekursgericht befaßte sich aber nicht mit der Frage, ob die betreibende Partei zu dem vorliegenden Exekutionsantrage berechtigt sei; es gelangte vielmehr deshalb zur Abweisung des Antrages, weil die betreibende Partei im Exekutionsbewilligungsantrage gar nicht behauptet habe, daß sich die Liegenschaftsmiteigentümer der Naturalteilung noch immer widersetzen, weshalb die Voraussetzungen zur Exekutionsführung nicht gegeben seien. Das Rekursgericht war nämlich der Ansicht, daß nicht nur bei der Teilungsklage vorausgesetzt werde, daß die Liegenschaftseigentümer über die Aufhebung der Gemeinschaft und die Teilung des gemeinsamen Eigentums nicht einig seien, sondern daß auch bei Vorliegen eines Erkenntnisses auf Teilung die betreibende Partei die gleiche Behauptung aufstellen müsse, da andernfalls die Exekution nicht bewilligt werden könne. Da aber im vorliegenden Falle diese Voraussetzung fehle, sei der Exekutionsantrag abzuweisen gewesen.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes.

Der Revisionsrekurs der betreibenden Partei ist zulässig, jedoch nicht begrundet, wenn auch aus anderen Erwägungen als jenen des Rekursgerichtes.

Der Oberste Gerichtshof kann die Meinung des Rekursgerichtes, daß ein Exekutionstitel auf Naturalteilung solange nicht vollstreckt werden könne, als nicht der betreibende Gläubiger behaupte, daß sich die verpflichtete Partei dem Spruche des Exekutionstitels nicht gefügt habe, nicht teilen: Dadurch, daß die betreibende Partei den dem Exekutionstitel entsprechenden Exekutionsantrag stellt, gibt sie deutlich zu erkennen, daß die verpflichtete Partei dem Exekutionstitel nicht entsprochen habe, weshalb sich die betreibende Partei zur Exekutionsführung veranläßt sehe. Die betreibende Partei trägt daher auch die Folgen, wenn die verpflichtete Partei schon vor dem Exekutionsantrage den Exekutionstitel erfüllt hat, sodaß die betreibende Partei keinen Anlaß hatte, Exekution zu führen.

Anderer Art aber ist die Frage, ob die betreibende Partei bei Vorliegen eines Exekutionstitels auf Naturalteilung der (ganzen) Liegenschaft berechtigt sei, nur einem Teil dieser Liegenschaft in natura teilen zu lassen und mit der Vollstreckung der schon bewilligten Teilung hinsichtlich des Liegenschaftsrestes zuzuwarten. Diese Frage wird vom Obersten Gerichtshof verneint. Die Entscheidung GlUnF. 1949 hat - allerdings im Zusammenhalte mit der Teilungsklage selbst, somit hinsichtlich des Erkenntnisverfahrens - ausgesprochen, daß gemäß § 841 ABGB. die physische Teilung, d. i. die Naturalteilung, das ganze gemeinschaftliche Objekt zu umfassen habe. Dies gilt nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes auch im vorliegenden Falle, u. zw. umsomehr, als sich sowohl aus dem Titelakt wie auch aus dem Exekutionsakte ergibt, daß die Liegenschaft aus zwei Bauparzellen besteht, daß das Wohnhaus, das nach dem Wunsche der betreibenden Partei derzeit der Naturalteilung nicht unterzogen werden soll, auf beiden Parzellen erbaut ist und auf den übrigen Teilen dieser Parzellen Werkstättengebäude errichtet sind, sowie sich Hofräume befinden. Die Entscheidung SZ. XIII/130 hat ausgesprochen, daß "nach § 830 ABGB. ein Teilhaber eines im gemeinschaftlichen Eigentum stehenden Vermögensobjektes zwar die Aufhebung der Gemeinschaft überhaupt, aber nicht die Aufhebung der Gemeinschaft hinsichtlich eines willkürlich ausgewählten Teiles verlangen kann. Im letzteren Fall würde die Gemeinschaft in Ansehung desübrigen gemeinschaftlichen Vermögens aufrecht bleiben und somit bezüglich dieses Teiles eine Eigentumsgemeinschaft mit einem anderen, verkleinerten Inhalt verbleiben, was der Vorschrift des § 830 ABGB. widersprechen würde; denn nach dieser Gesetzesstelle muß sich zwar ein Teilhaber die Aufhebung der Gemeinschaft unter Umständen gefallen lassen, nicht aber gegen seinen Willen die Änderung des Inhaltes der Eigentumsgemeinschaft durch teilweise Aufhebung und teilweises Fortbestehen". Daraus ergibt sich, daß der gleiche Grundsatz auch im Exekutionsverfahren gelten muß.

Es ist rechtlich belanglos, daß der Revisionsrekurs über die das Wohnhaus betreffende Naturalteilung ausführt, es sei derzeit zweckmäßig, diesen Teil der Liegenschaft nicht zu teilen, weil im Wohnhause mietengeschützte Bestandobjekte liegen, was bei Durchführung der Teilung rechtlich besonders schwierige Probleme schaffen werde.

Auch der Einwand des Revisionsrekurses, es stunde den verpflichteten Parteien frei, die Naturalteilung des Wohnhauses zu verlangen, weil das Teilungserkenntnis ein judicium duplex sei, ist nicht durchschlagend, denn es ist den Verpflichteten unbenommen, den Antrag auf die Vollstreckung des richterlichen Befehles dem obsiegenden Prozeßteil zu überlassen. Im übrigen sei bemerkt, daß laut Exekutionstitel die Liegenschaft zu teilen ist und nicht, wie die betreibende Partei offenbar meint, das Wohngebäude, die Werkstättengebäude und die Hofräume. Damit erledigt sich auch die Frage, ob der betreibende Gläubiger bei Exekutionsausführung auf Grund eines auf Geld lautenden Exekutionstitels zunächst einen geringeren Betrag beitreiben könne und sich weitere Beträge aus dem gleichen Titel für einen späteren Exekutionsantrag, der das gleiche Exekutionsmittel wählen werde, vorbehalten dürfe; es ist aber auch die weitere Frage gegenstandslos geworden, ob im vorliegenden Falle der Antrag der betreibenden Partei auf Exekutionsbewilligung gegenüber dem Exekutionstitel ein Minus darstelle.

Es war deshalb der Exekutionsantrag der betreibenden Partei verfehlt, weshalb sich seine Abweisung durch das Rekursgericht zwar im Ergebnis, aber nicht in dessen Begründung als richtig erwies.

Anmerkung

Z26268

Schlagworte

Eigentumsgemeinschaft, Teilung, Exekutionstitel Naturalteilung, Gemeinschaftliches Eigentum, Exekution zur Teilung, Naturalteilung, Exekution, Teilungsklage, Exekution zur Naturalteilung, Vollzug der Naturalteilung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1953:0010OB00848.53.1111.000

Dokumentnummer

JJT_19531111_OGH0002_0010OB00848_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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