Norm
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §2Kopf
SZ 27/31
Spruch
Die Verwendung der ungarischen Nationalfarben auf Wurstetiketten mit der Aufschrift "Ungarische Salami" ohne Hinweis auf die inländische Herstellung der Wurst ist Tatbestand nach § 2 UWG.
Entscheidung vom 10. Feber 1954, 3 Ob 57/54.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die Klägerin und gefährdete Partei begehrte zur Sicherung ihres Anspruches auf Unterlassung der Etikettierung der im Betrieb des Beklagten und Antragsgegners erzeugten Wurstwaren unter Verwendung des ungarischen Wortes "Csabai" für die Csabaier Wurst und der Bezeichnung "ungarische Salami", beides unter Verwendung der ungarischen Nationalfarben Rot-Weiß-Grün, die Erlassung einer einstweiligen Verfügung, durch die der beklagten Partei verboten werde, diese Etikettierung weiter zu gebrauchen, und ihr geboten werde, die vorhandenen derartigen Etiketten zu beseitigen. Sie berief sich zur Bescheinigung ihres Anspruches auf die vorgelegten Etiketten der vom Beklagten erzeugten Wurstwaren und behauptete, daß die Verwendung dieser Etiketten für nicht in Ungarn erzeugte Wurstwaren bei den Käufern den Anschein erwecken könne, daß sie in Ungarn erzeugt worden seien; darin liege eine unzulässige Wettbewerbshandlung.
Das Erstgericht bewilligte die einstweilige Verfügung in der Form, daß dem Antragsgegner verboten werde, Etiketten mit der Bezeichnung "Csabai" für Csabaier Wurst, und "ungarische Salami", beides unter Verwendung der ungarischen Nationalfarben, zu gebrauchen, insofern auf den Etiketten nicht ein deutlicher, den Eindruck der ungarischen Aufmachung (richtig Herkunft) aufhebender Hinweis angebracht werde, daß es sich nicht um Erzeugnisse ungarischer Herkunft handle. Es stellte fest, daß nur die beiden original-ungarischen, in Österreich gehandelten Salamierzeugnisse mit der Bezeichnung "Pick" und "Herz" Schleifen und Etiketten mit rot-weiß-grüner flaggenartiger Streifung haben, bei anderen als in Ungarn erzeugten Würsten im Handel derartige Schleifen und Etiketten nicht zu sehen seien, und daß die Verwendung von Etiketten und Schleifen in ungarischen Farben für ungarische Salami und Csabaiwurst, die nicht in Ungarn erzeugt wurden, den Eindruck erwecken, daß es sich um original-ungarische Erzeugnisse handle. Es liege daher in der Etikettierung der Würste des Beklagten eine wahrheitswidrige Anpreisung im Sinne des § 2 UWG. Der Antrag auf Beseitigung der Etiketten sei aber abzuweisen, weil das Klagebegehren keine Grundlage für eine derartige Beseitigung biete.
Das Rekursgericht wies den Antrag auf Erlassung der einstweiligen Verfügung zur Gänze ab. Es war der Ansicht, daß die Frage, ob die Verwendung der ungarischen Nationalfarben für Etiketten und Schleifen von Würsten ausschließlich für ungarische Herkunft Verkehrsgeltung habe, nicht auf Grund eigener Wahrnehmungen des Erstrichters bei Betrachtung der Auslagen von Wiener Delikatessengeschäften gelöst werden könne, daß Bescheinigungsmittel für diesen Umstand, die sich zur Glaubhaftmachung eignen, von der Klägerin angeboten wurden und daß deshalb der Antrag mangels Bescheinigung des Anspruches abzuweisen sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der gefährdeten Partei Folge und stellte die einstweilige Verfügung des Erstgerichtes wieder her.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß § 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb kann derjenige, der in öffentlichen Bekanntmachungen und in Mitteilungen, die für einen größeren Kreis von Personen bestimmt sind, über geschäftliche Verhältnisse, insbesondere über die Beschaffenheit, den Ursprung, die Herstellungsart oder die Preisbestimmung von Waren oder Leistungen, über die Art des Bezuges oder die Bezugsquellen von Waren - ... unrichtige Angaben macht, die geeignet sind, den Anschein eines besonderen günstigen Angebotes hervorzurufen, auf Unterlassung der unrichtigen Angaben in Anspruch genommen werden. Es ist zwar richtig, daß im Hinblick auf die Anführung von zahlreichen Wurstsorten, die in Österreich erzeugt werden, im codex alimentarius austriacus (II. S 113 ff.), wie Frankfurter, Debreziner, Krakauer, Oderberger, Berliner, Pariser, Braunschweiger Wurst und ungarische Salami, für deren Erzeugung in Wien besondere Vorschriften hinsichtlich der Herstellungsart getroffen werden, angenommen werden kann, daß es sich bei der Bezeichnung "ungarische Salami" nicht um eine Herkunfts-, sondern um eine Gattungsbezeichnung handelt. Es ist weiters auch richtig, daß die bloße Verwendung einer ausländischen Flagge oder ausländischer Farben allein noch nicht auf eine Herkunftsbezeichnung schließen läßt. Das gilt jedoch dann nicht, wenn die ausländischen Farben auf ein bevorzugtes Herkunftsland hinweisen (SZ VII/281). Dies ist aber hier der Fall, weil ungarische Salami, wie schon der Name sagt, vorzüglich in Ungarn erzeugt wird. Die Verwendung der Bezeichnung "ungarische Salami" oder "Csabai" unter gleichzeitiger Verwendung der ungarischen Nationalfarben Rot-Weiß-Grün auf Etiketten und Schleifen von derartigen Wurstwaren, die im Inland erzeugt wurden, muß daher prima facie als geeignet angesehen werden, beim Käufer den Eindruck hervorzurufen, als ob es sich um ein original-ungarisches Erzeugnis handeln würde. Eine Bescheinigung dafür, daß die Verwendung der erwähnten Worte in Verbindung mit den ungarischen Nationalfarben auf Etiketten und Schleifen von Wurstwaren inländischer Erzeugung nicht diesen Eindruck hervorrufen könnte, hat der in diesem Punkte bescheinigungspflichtige Beklagte nicht erbracht; der Umstand allein, daß auch einige andere Unternehmungen für ungarische Salami, Szegediner Gulasch und Zigeunerspeck österreichischer Herkunft Schleifen und Etiketten in den ungarischen Farben verwenden, genügt zur Bescheinigung nicht, zumal aus den Angaben auf den vom Antragsgegner vorgelegten Schleifen und Etiketten die inländische Herkunft der Erzeugnisse mit einer einzigen Ausnahme deutlich zu erkennen ist, während dies bei den vom Antragsgegner verwendeten Schleifen nicht der Fall ist. Der im Rekurs des Antragsgegners gegen die Entscheidung erster Instanz erfolgte Hinweis auf die Verordnung vom 8. Mai 1935, DRGBl. I, S. 590, geht schon deshalb fehl, weil es sich nicht darum handelt, ob eine Kennzeichnungspflicht nur für Dauerwaren von Würsten oder Fleischzusatz in luftdicht geschlossenen Behältnissen besteht, sondern ob die Verwendung von Schleifen und Etiketten in den ungarischen Nationalfarben für ungarische Salami und Csabaiwürste, die nicht in Ungarn, sondern im Inland erzeugt wurden, gegen die Bestimmungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb verstößt. Diese Frage ist aber auf Grund der vorliegenden Bescheinigungsmittel, nämlich der vom Antragsgegner verwendeten Schleifen und Etiketten, jedenfalls für das Verfahren wegen Erlassung der einstweiligen Verfügung zu bejahen.
Da die Voraussetzungen des § 2 UWG. gegeben sind, war eine Erörterung der vom Rekursgericht für die Abweisung des Antrages gebrauchten Argumente entbehrlich, weil zur Lösung der Frage, ob im vorliegenden Fall die Verwendung der vom Beklagten gebrauchten Schleifen und Etiketten gegen die Bestimmungen des § 2 UWG. verstößt, eine besondere Branchekenntnis im Bescheinigungsverfahren nicht erforderlich ist.
Es war daher dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstrichterliche Beschluß wieder herzustellen.
Anmerkung
Z27031Schlagworte
Nationalfarben auf Salamietiketten, Reklame unlautere - mit Salami, Salami, unlautere Reklame mit -, Ungarische Salami, Unlautere Reklame, SalamietikettenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00057.54.0210.000Dokumentnummer
JJT_19540210_OGH0002_0030OB00057_5400000_000