TE OGH 1954/2/24 2Ob903/53

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Veröffentlicht am 24.02.1954
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Norm

ABGB §1098
Mietengesetz §18

Kopf

SZ 27/50

Spruch

Berechtigung des Mieters zur Benützung einer modernen elektrischen Waschmaschine in der Küche seiner Wohnung.

Entscheidung vom 24. Feber 1954, 2 Ob 903/53.

I. Instanz: Bezirksgericht Wiener-Neustadt; II. Instanz:

Kreisgericht Wiener-Neustadt.

Text

Die Klägerin ist Mieterin einer Wohnung in einem den Beklagten gehörigen Hause, auf welche Wohnung die Bestimmungen des Mietengesetzes Anwendung finden. Die Beklagten haben der Klägerin verboten, in der Küche ihrer Wohnung eine von ihr gekaufte elektrisch betriebene Waschmaschine zu benützen und die zur Benützung erforderliche Kraftleitung einführen zu lassen. Die Klägerin begehrt, die beklagten Parteien zur ungeteilten Hand schuldig zu erkennen, einzuwilligen, daß a) die Klägerin in der Küche ihrer Wohnung die Waschmaschine benützen dürfe, b) die fachgemäße Montage und Installation durchgeführt werde, so daß mit der Rechtskraft des Urteiles diese Einwilligung als erteilt gelte.

Das Erstgericht hat das Klagebegehren abgewiesen, das Berufungsgericht hat ihm über Berufung der Klägerin in Abänderung des erstgerichtlichen Urteiles Folge gegeben.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Die gegenständliche Klage, die nach Klagetatbestand und Klagebegehren darauf gerichtet ist, den Inhalt der Mietrechte der Klägerin gegenüber den Beklagten klarzustellen, die diesen Inhalt bestreiten, insbesondere den von der Klägerin beabsichtigten Gebrauch des Mietobjektes (§ 1098 ABGB.) und die Vornahme von Änderungen am Mietgegenstande (§ 18 MietG.), als der Klägerin nicht zustehend, untersagen, ist trotz der Fassung des Klagebegehrens als Feststellungsklage anzusehen, da die Einwilligung zu einem der Klägerin rechtlich zustehenden Tun (ohne daß das Recht zu diesem Tun von der Erteilung dieser Einwilligung abhängig wäre, erst durch diese Einwilligung geschaffen werden würde) der Anerkennung und Feststellung des Rechtes zu diesem Tun gleichsteht. Die Feststellungsklage ist zulässig, da an der alsbaldigen Klarstellung der Mietrechte gegenüber dem diese Rechte bestreitenden Vermieter jederzeit ein rechtliches Interesse besteht (RZ. 1935, S. 239), denn mit der Feststellung des Bestehens dieser Mietrechte wird nicht nur ihrer Beeinträchtigung durch den Vermieter unter Berufung auf die ihm gemäß § 344 ABGB. zustehende Selbsthilfe, sondern auch Besitzstörungs- und Unterlassungsklagen sowie Aufkündigungen seitens des Vermieters vorgebeugt. Für eine auf Duldung gerichtete Leistungsklage wäre als Voraussetzung die bloße Bestreitung des Rechtes der Klägerin durch die Beklagten nicht genügend, vielmehr ein physischer Eingriff in dieses Recht erforderlich.

In der Sache selbst hat das Berufungsgericht festgestellt, daß bei richtiger Handhabung der gegenständlichen Waschmaschine keine die Küche schädigende Dampfentwicklung und auch nicht ein Vergießen von Wasser in einem Ausmaße, das über den sonst bei Benützung einer Küche auftretenden Umfang hinausgeht, zu befürchten ist, u. zw. weder beim Waschen der Wäsche noch bei dem gleichfalls durch die Maschine zu besorgenden Wäschespülen. Wenn die Revision entgegen diesen Feststellungen darzutun versucht, daß auch bei richtiger Bedienung der Maschine eine schädliche Dampfentwicklung und ein schädliches übermäßiges Vergießen von Wasser, insbesondere durch Herausnehmen der dampfenden Wäsche aus der Maschine, Auswinden und Nachschwemmen der Wäsche, unvermeidlich sei, ist dies eine in der Revisionsinstanz unzulässige Bekämpfung der berufungsgerichtlichen Beweiswürdigung. Nach allgemeiner Lebenserfahrung ist auch durchaus nicht wahrscheinlich, daß die Klägerin durch unrichtige Bedienung der Maschine ihre Wohnung beschädigen wird, da sie für die Erhaltung der Wohnung gemäß § 6 Abs. 1 MietG. ja in erster Linie aufzukommen hat.

Wenn die Revision dem Berufungsgerichte zum Vorwurf macht, daß seine erwähnten Feststellungen nicht durch die Ergebnisse des Beweisverfahrens (durch das Gutachten des Prof. Dr. M. und durch die Zeugenaussage des Stefan B., der sich bezüglich des Betriebes der gegenständlichen Maschine auf die Beilage I berufen hat) gedeckt seien, liegt darin nicht die Ausführung des Revisionsgrundes der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens, vielmehr die Behauptung einer Aktenwidrigkeit, auf welche Behauptung aber mangels der in § 506 Abs. 1 Z. 2 ZPO. geforderten Bestimmtheit nicht eingegangen werden kann. Die Behauptung der Revision, die Feststellungen des angefochtenen Urteiles seien lediglich auf dem Gutachten über die Dampfentwicklung der Maschine aufgebaut, ist überdies selbst aktenwidrig.

Wird aber von dem festgestellten Sachverhalt ausgegangen, erweist sich die rechtliche Beurteilung der Sache durch das Berufungsgericht als zutreffend. Da der Mietvertrag nichts darüber enthält, ob der Betrieb einer Waschmaschine in der Küche zulässig ist, ist bei Umgrenzung des Gebrauchsrechtes der Klägerin in Ansehung der von ihr gemieteten Wohnung auf den Zweck des Bestandverhältnisses Rücksicht zu nehmen (Klang, Kommentar, 2. Aufl., zu § 1098 ABGB., S. 52). Nun ergibt der Wohnzweck, die Verlegung der Privatsphäre des Mieters in die von ihm gemietete Wohnung, daß der Mieter in der von ihm gemieteten Wohnung unkontrolliert alles zum Privat- und Familienleben Gehörige tun darf, was, wenn dafür auch ein Ortsgebrauch, eine Verkehrssitte noch nicht feststellbar ist, in seinen Auswirkungen das landesübliche Maß des Gebrauches der gemieteten Wohnung nicht überschreitet, die gemietete Wohnung nicht mißbräuchlich abnützt. Während eine solche Überschreitung und in der Regel auch mißbräuchliche Abnützung das Wäschewaschen in der herkömmlichen Art mit den Händen in einem unbedeckten Waschtrog oder Bottich in heißem Wasser darstellt, bei welcher Art zu waschen die Entwicklung von Dampf in dem Raum und das Verspritzen von Wasser in größerer Menge auf den Fußboden unvermeidlich erscheint, kann nach den für das Revisionsgericht verbindlichen Feststellungen des angefochtenen Urteiles bei richtigem Betrieb der gegenständlichen Waschmaschine davon keine Rede sein, weil durch diesen Betrieb neben dem sonst landesüblichen Küchenbetrieb die Küche der gemieteten Wohnung nicht zusätzlich mehr benützt oder abgenützt wird, als durch die landesübliche Küchenbenützung selbst (die neben dem Kochen und Geschirrsäubern allenfalls auch für den Raum unschädliche einfache physikalische oder chemische Versuche eines wissenschaftlich interessierten Mieters, photographische Ausarbeitungshandlungen usw. umfaßt).

Die Klägerin erscheint sohin durch den Mietvertrag zur Benützung der Waschmaschine in der Küche ihrer Wohnung berechtigt. Da der Übergang von der geschilderten herkömmlichen Art der Wäschereinigung zu einer maschinellen Wäschereinigung unter Verwendung elektrischer Energie als zivilisatorischer Fortschritt anzusehen ist und daher die Inbetriebsetzung der Waschmaschine einem wichtigen Interesse der Klägerin dient, können die Beklagten die Einführung der zu diesem Betriebe notwendigen Kraftleitung nicht untersagen (§ 18 MietG.), da schon nach allgemeiner Lebenserfahrung eine solche Installation weder eine Schädigung des Hauses noch eine Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Vermieter oder Mieter, insbesondere auch keine Beeinträchtigung der äußeren Erscheinung des Hauses, noch eine Gefahr für die Sicherheit zur Folge haben kann.

Anmerkung

Z27050

Schlagworte

Bestandvertrag Betrieb einer Waschmaschine, Küche, Betrieb einer Waschmaschine in der -, Mieter Waschmaschine, Mietrechte Betrieb einer Waschmaschine, Waschmaschine, Betrieb einer - in der Wohnung, Wohnung Waschmaschine in -

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB00903.53.0224.000

Dokumentnummer

JJT_19540224_OGH0002_0020OB00903_5300000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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