Norm
ABGB §863Kopf
SZ 27/54
Spruch
Die förmliche Übergabe des aufgekundigten Bestandgegenstandes bildet keine Voraussetzung für den Schadenersatzanspruch des Bestandnehmers, der dem neuen Erwerber des Bestandgegenstandes weichen muß, gegen den Bestandgeber. Läßt der Erwerber des Bestandgegenstandes nach Erwirkung eines Exekutionstitels gemäß § 575 Abs. 3 ZPO. die Frist für die Exekutionsführung ungenützt, so lebt der Bestandvertrag nicht wieder auf.
Entscheidung vom 24. Feber 1954, 3 Ob 102/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Horn; II. Instanz: Kreisgericht Krems.
Text
Der Kläger begehrt die Verurteilung der Beklagten zur Bezahlung eines Betrages von 25.600 S samt Anhang aus dem Titel des Schadenersatzes.
Das Prozeßgericht erkannte mit Zwischenurteil zu Recht, daß der Klagsanspruch dem Gründe nach zu Recht bestehe. Es stellte fest, daß der Erstbeklagte im eigenen Namen und dem der Zweitbeklagten einen ab 1. Oktober 1949 beginnenden 10jährigen Pachtvertrag mit dem Kläger über einige Ackerparzellen abschloß, daß die Beklagten dann im Jahre 1950 die Ackerparzellen verkauften und daß die Erwerbei den Pachtvertrag mit dem Kläger zum 1. November 1951 gerichtlich aufkundigten, daß der Kläger diese Aufkündigung in Rechtskraft erwachsen ließ, die Grundstücke zwar auf Verlangen der Erwerber noch im Oktober 1951 umackerte, um sie in den Zustand zu versetzen, in welchem er sie bei Beginn des Bestandverhältnisses von den Beklagten übernommen hatte, sie aber dann nicht mehr weiter bewirtschaftete, schließlich daß die Erwerber Mist in der Nähe der Grundstücke ablagerten, um diesen dann auf die Grundstücke schaffen zu lassen, und daß der Kläger die Grundstücke nach Ablauf der Kündigungsfrist nicht mehr benützte.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Prozeßgerichtes.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Revision führt aus, der Kläger habe die Klage vor Ablauf der Kündigungsfrist eingebracht, somit in einem Zeitpunkte, als er noch die Grundstücke selbst bewirtschaftete, und es hätten die Erweiber nach Ablauf der Kündigungsfrist keine Exekution beantragt, die Frist des § 575 Abs. 3 ZPO. ungenützt verstreichen lassen und damit zum Ausdruck gebracht, daß sie die Kündigung unwirksam werden lassen, wodurch der alte Vertragszustand wieder hergestellt werde.
Gemäß § 406 ZPO. ist für die Frage der Fälligkeit des eingeklagten Anspruches nicht der Zeitpunkt der Klagseinbringung, sondern der des Schlusses der Verhandlung maßgebend. Im letzteren Zeitpunkt war aber die Kündigungsfrist bereits abgelaufen, der Kläger hatte die Aufkündigung bereits in Rechtskraft erwachsen lassen und war der Kündigung der Erwerber der Grundstücke gewichen, es war daher zu diesem Zeitpunkt sein Schadenersatzanspruch bereits fällig. Was aber das Verstreichen der Frist des § 575 Abs. 3 ZPO. anlangt, so konnte einerseits der Kläger, der nach Ablauf der Kündigungsfrist der Kündigung entsprechend die Grundstücke räumte, in diesem Zeitpunkt gar nicht wissen, ob die Erwerber, falls er die Liegenschaft nicht räume, gegen ihn keine Exekution führen werden, zumal diese den Kläger mit Schreiben vom 22. Oktober 1951, auffordern ließen die aufgekundigten Grundstücke geackert zurückzustellen, widrigens sie die Ackerung auf Kosten des Klägers durch andere Personen vornehmen lassen würden, anderseits ein bereits aufgekundigter Bestandvertrag dadurch, daß die Exekution nicht innerhalb der Frist des § 575 Abs. 3 ZPO. geführt wird, nicht wieder in Wirksamkeit tritt. Die Beklagten verwechseln diese Bestimmung mit der des § 569 ZPO., nach welcher Bestandverträge, welche durch Ablauf der Zeit erlöschen, zur Verhinderung ihrer stillschweigenden Erneuerung einer Aufkündigung bedürfen, da sonst dadurch, daß der Bestandnehmer fortfährt, den Bestandgegenstand zu gebrauchen oder zu benützen und der Bestandgeber es dabei bewenden läßt, der Bestandvertrag stillschweigend als erneuert gilt, wenn nicht innerhalb der dort angeführten Frist eine Klage auf Zurückstellung des Bestandgegenstandes erhoben wird. Da aber der Bestandvertrag gerichtlich aufgekundigt wurde, kommen die Bestimmungen des § 569 ZPO. überhaupt nicht zur Anwendung, ganz abgesehen davon, daß der Kläger mit dem Ablauf der Kündigungsfrist die weitere Benützung des Bestandgegenstandes eingestellt hat. Die Ansicht, daß der Pachtvertrag dadurch wieder in Kraft oder in Wirksamkeit getreten sei, daß die Erwerber die Frist des § 575 Abs. 3 ZPO. verstreichen ließen, ist daher verfehlt.
Wenn die Revision schließlich aus dem gleichen Revisionsgrunde darzutun versucht, daß der Kläger den Bestandgegenstand den Erwerbern nicht zurückgestellt, sondern ihn derelinquiert habe, so ist eine Erörterung dieser Ausführungen schon deshalb entbehrlich, weil gemäß § 1120 ABGB. der Schadenersatzanspruch des gekundigten Bestandnehmers schon dadurch zur Entstehung gelangt, daß er dem neuen Erwerber weichen muß. Eine förmliche Übergabe des Bestandgegenstandes an den neuen Erwerber ist keine Voraussetzung für das Entstehen des Schadenersatzanspruches, es genügt vielmehr die Tatsache, daß sein Bestandvertrag vom neuen Erwerber aufgekundigt wurde und der Pächter oder Mieter daher infolge der Kündigung des Bestandvertrages das Bestandobjekt vor Ablauf der vereinbarten Bestanddauer aufgeben mußte.
Anmerkung
Z27054Schlagworte
Aufkündigung eines Bestandverhältnisses, Schadenersatz, Bestandgeber Schadenersatz gegen -, Bestangegenstand Übergabe, Frist zur Räumungsexekution, Kündigung Schadenersatz, Mieter Schadenersatzanspruch des -, Mietgegenstand, Übergabe, Schadenersatz, Räumungstitel, Verstreichen der Frist, Schadenersatz Übergabe des Bestandgegenstandes, Übergabe des Bestandgegenstandes, Vermieter, Schadenersatzansprüche gegen -, Wiederaufleben des Bestandvertrages, RäumungsexekutionEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00102.54.0224.000Dokumentnummer
JJT_19540224_OGH0002_0030OB00102_5400000_000