Norm
ZPO §396Kopf
SZ 27/91
Spruch
Zeitpunkt der Fällung eines Versäumungsurteiles nach § 398 ZPO.
Fällung eines Versäumungsurteiles durch die Verfügung des Richters "Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens abfertigen".
Entscheidung vom 7. April 1954, 3 Ob 171/54.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Zahlung eines Betrages von 45.103.87 S.
Der Beklagte hat die ihm bei der ersten Tagsatzung unter Rechtsmittelbelehrung erteilte Frist zur Erstattung der Klagebeantwortung nicht eingehalten. Hierauf beantragte der Kläger am 21. August 1951 die Erlassung eines Versäumungsurteiles.
Der Erstrichter faßte noch am gleichen Tage den Beschluß, "Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens abfertigen". Am 11. September 1951 zog der Kläger seinen Antrag mit dem Vorbehalt der Wiedereinbringung zurück, nachdem der Klagsvertreter bereits am 22. August 1951 ersucht hatte, den Antrag auf Fällung des Versäumungsurteils vorerst liegen zu lassen bzw. das Versäumungsurteil nicht abzufertigen. Der Erstrichter verfügte hierauf: "Versäumungsurteil nicht abfertigen". Am 9. November 1953 stellte der Kläger neuerlich den Antrag auf Fällung und Zustellung des Versäumungsurteiles, worauf der Richter verfügte: "ZPO-Form 85 bewilligt, Kosten 1016.85 S".
Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil. Die Verfügung vom 21. August 1951 stelle bloß einen Auftrag des Richters an die Gerichtskanzlei dar, könne aber nicht als Urteil selbst gelten. Hiezu hätte es zumindest eines Urteilsvermerkes bedurft. Ein Nichtigkeitsgrund liege nicht vor. Da das Versäumungsurteil ohne Verhandlung ergehe, könne von einer Verletzung des Unmittelbarkeitsgrundsatzes nicht gesprochen werden. Auch die Nichteinhaltung der in § 398 Abs. 1 ZPO. vorgesehenen Frist begrunde keine Nichtigkeit. Das Klagebegehren sei auch schlüssig.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision nicht Folge und ordnete die Berichtigung der Urteilsausfertigung an.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liegt nicht vor. Da das Versäumungsurteil, wie unten ausgeführt, am 21. August 1951 erlassen wurde, so konnte der Antrag nicht mehr wirksam zurückgezogen werden; daran ändert der Umstand nichts, daß der Richter die Ausfertigung des gefällten Versäumungsurteils sistiert hat.
Da der Beklagte rechtsfreundlich vertreten war, so erübrigt eine Erörterung, ob sich infolge der Sistierung der Ausfertigung des Versäumungsurteils für einen nicht anwaltlich vertretenen Beklagten die Wiedereinsetzungsfrist verlängert hätte.
Daß die Geschäftsstelle bei Ausfertigung des Urteils die Stampiglie eines Richters verwendet hat, der das Urteil nicht gefällt hat, macht die Urteilsfällung nicht unwirksam.
Soweit die Revision das Urteil in meritorischer Hinsicht bekämpft, ist sie unbegrundet.
Gleichzeitig war aber dem Erstgerichte die Berichtigung der Urteilsausfertigung aufzutragen. Entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes ist das Versäumungsurteil tatsächlich am 21. August 1951 ergangen. Auch bei § 398 ZPO. wird die Urschrift des Urteiles durch einen Urteilsvermerk ersetzt, für dessen Form keinerlei Vorschrift besteht. Der Beschluß "Versäumungsurteil im Sinne des Klagebegehrens" stellt die durchaus gebräuchliche Form eines solchen Urteilsvermerkes dar, mögen auch hier die Kosten nicht ausdrücklich angeführt, sondern auf der Rückseite des Antrages berechnet worden sein. Die Meinung des Berufungsgerichtes, darin liege nur ein Auftrag an die Gerichtskanzlei, ist nicht haltbar, ganz abgesehen davon, daß nicht einzusehen wäre, was abgefertigt werden sollte, wenn kein Urteil gefällt wurde. Auch der weitere Vermerk vom 11. September 1951, Versäumungsurteil nicht abfertigen, spricht eindeutig dafür, daß bereits früher ein Versäumungsurteil erlassen wurde. Als dann am 10. November 1953 verfügt wurde, "ZPO-Form 85 bewilligt, Kosten 1016.85 S", so liegt darin nur der Auftrag an die Gerichtskanzlei, nunmehr das Urteil vom 21. August 1951 mit ZPO-Form 85 auszufertigen, weil Rubriken nicht beigebracht worden waren. Die zugestellten Urteilsausfertigungen sind allerdings insofern unrichtig, als sie ein falsches Datum, falsche Kosten und die Unterschrift eines Richters tragen, der das Versäumungsurteil nicht gefällt hat. Die Urteilsausfertigungen werden daher hinsichtlich Datum und Unterschrift des Richters als offenbar unrichtig nach § 419 ZPO. zu berichtigen sein.
Anmerkung
Z27091Schlagworte
Abfertigung des Versäumungsurteiles, Richter, Versäumungsurteil, Verfügung richterliche -, Versäumungsurteil, Versäumungsurteil, Form des -, richterliche VerfügungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00171.54.0407.000Dokumentnummer
JJT_19540407_OGH0002_0030OB00171_5400000_000