Norm
EO §65Kopf
SZ 27/136
Spruch
Die im § 396 EO. festgesetzte Vollzugsfrist von einem Monat bezieht sich nur auf die Vollziehung der einstweiligen Verfügung im Sicherungsverfahren, nicht aber auf die daran anschließende Exekution.
Der Widerspruch gegen eine einstweilige Verfügung hindert nicht deren exekutive Durchsetzung.
Entscheidung vom 19. Mai 1954, 1 Ob 344/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Mondsee; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Das Erstgericht erließ am 25. November 1953 eine einstweilige Verfügung, mit der der Verpflichteten untersagt wurde, Holz aus dem zum Gutsbestand der Liegenschaften EZ. 2 und 75 Gb.O. gehörigen Wald zu schlagen. Der Beschluß wurde dem Vertreter der Verpflichteten, Dr. Franz B. am 28. November 1953, allerdings nicht zu eigenen Handen, zugestellt. Dieser erhob am 5. Dezember 1953 namens der Verpflichteten gegen die einstweilige Verfügung Rekurs und Widerspruch. Das Kreisgericht Wels gab dem Rekurs mit dem Beschluß vom 8. Feber 1954 nicht Folge. Am 26. Feber 1954 beantragten die betreibenden Gläubiger beim Erstgericht, ihnen auf Grund der einstweiligen Verfügung die Exekution nach § 355 EO. zu bewilligen und der Verpflichteten aufzutragen, eine Sicherheit von 5000 S zu leisten.
Das Erstgericht wies den Exekutionsantrag ab. Nach § 397 Abs. 3 EO. hemme der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung deren Vollziehung allerdings nicht. Unter Vollziehung sei aber nicht die Erzwingung eines als einstweilige Verfügung ergangenen Auftrages, sondern nur die Zustellung der Verfügung zu verstehen. Da diese noch nicht rechtskräftig geworden sei, liege kein Exekutionstitel vor, auf Grund dessen die Exekution bewilligt werden könnte.
Infolge Rekurses der betreibenden Gläubiger gegen den erstgerichtlichen Beschluß änderte das Rekursgericht diesen dahin ab, daß die beantragte Exekution bewilligt wurde. Hingegen hob es die erstgerichtliche Entscheidung über den Antrag der betreibenden Parteien, der Verpflichteten eine Sicherheitsleistung aufzuerlegen auf und trug dem Erstgericht in diesem Umfang auf, neuerlich zu entscheiden. Nach § 524 ZPO., § 67 EO. hemme der Rekurs die Exekutionsfähigkeit einer einstweiligen Verfügung nicht. Die im § 396 EO. festgesetzte Vollzugsfrist von einem Monat beziehe sich nur auf die Vollziehung der einstweiligen Verfügung im Sicherungsverfahren, nicht aber auf die daran anschließende Exekution. § 397 EO. besage, daß der Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung kein Hindernis für eine auf Grund der Verfügung einzuleitende Exekution sei.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Verpflichteten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Die Rechtsmittelwerberin beruft sich zu Unrecht darauf, daß ihr die einstweilige Verfügung vom 25. November 1953 entgegen der Vorschrift des § 395 Abs. 1 EO. nicht zu eigenen Handen zugestellt worden sei und daß daher nach § 396 EO. die Verfügung nicht mehr vollzogen werden könne, weil die Monatsfrist verstrichen sei. Der Zustellungsmangel ist nämlich dadurch behoben worden, daß die einstweilige Verfügung der Verpflichteten tatsächlich zugekommen ist. Denn andernfalls hätte sie die Rechtsmittel des Rekurses und des Widerspruchs nicht erheben können. In einem solchen Fall gilt der Zustellungsmangel nach § 108a ZPO., §§ 78, 402 EO. als behoben.
Auch die Meinung der Revisionsrekurswerberin, nur eine rechtskräftige einstweilige Verfügung könne als Exekutionstitel angesehen werden, ist unzutreffend. Mit der Erhebung eines Rechtsmittels ist nicht von vornherein die Wirkung verbunden, daß die Vollstreckbarkeit der angefochtenen gerichtlichen Entscheidung gehemmt würde. Dies gilt nur dann, wenn es das Gesetz, wie etwa bei der Berufung und der Revision, ausdrücklich bestimmt. Für Beschlüsse gilt der Grundsatz, daß der Rekurs keine aufschiebende Wirkung hat und daß noch vor dem Eintritt der Rechtskraft die Exekution beantragt und bewilligt werden kann. Denn nach § 1 Z. 1 EO. ist ein gerichtlicher Beschluß schon dann als Exekutionstitel anzusehen, wenn ein die Exekution hemmendes Rechtsmittel nicht zur Verfügung steht (vgl. Entsch. des Obersten Gerichtshofes vom 22. Juli 1953, 2 Ob 567/53, vom 27. April 1926, SZ. VIII/243).
Was den Widerspruch gegen die einstweilige Verfügung betrifft, fehlt es an einer gesetzlichen Vorschrift, die diesem Rechtsmittel die aufschiebende Wirkung zuerkennen würde. Auch die Erhebung des Widerspruchs hemmt daher die exekutive Durchsetzung der einstweiligen Verfügung nicht. Die Bestimmungen der §§ 397 Abs. 3 und 396 EO., die von der Vollziehung der einstweiligen Verfügung handeln, sind demgegenüber ohne Bedeutung, weil sie sich nicht auf die Exekution, sondern nur auf die Durchführung der einstweiligen Verfügung im Sicherungsverfahren selbst beziehen. Gerade im vorliegenden Fall trifft die Behauptung der Verpflichteten, die Rechtskraft sei "der Krongedanke unseres Rechtes und dessen magna charta" nicht zu.
Auf Grund der einstweiligen Verfügung vom 25. November 1953 konnte die Exekution ohne weiters bewilligt werden, wenngleich zur Zeit, als der Exekutionsantrag gestellt wurde, zwar der Rekurs, aber noch nicht der Widerspruch der Verpflichteten gegen die Verfügung erledigt war.
Anmerkung
Z27136Schlagworte
Einstweilige Verfügung Vollzugsrecht, Einstweilige Verfügung Widerspruch, Verfügung einstweilige Vollzugsfrist, Vollzug, einstweilige Verfügung, Widerspruch, einstweilige VerfügungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00344.54.0519.000Dokumentnummer
JJT_19540519_OGH0002_0010OB00344_5400000_000