Norm
Oberösterreichische Landarbeitsordnung §57Kopf
SZ 27/145
Spruch
Auch wenn der Dienstnehmer die ihm nach § 57 Abs. 1 oö. LAO. gebührenden zwei freien Werktage im Monat nicht verlangt hat, ist er berechtigt, Entlohnung nach § 63 Abs. 3 oö. LAO. zu verlangen.
Anrechnung der nicht verbrauchten vollkommen arbeitsfreien Bauernfeiertage auf die freien Werktage nach § 57 oö. LAO.
Entscheidung vom 25. Mai 1954, 4 Ob 246/53.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Das Erstgericht wies das auf §§ 57, 62 der oö. LAO. gestützte Klagebegehren auf Entgeltszahlung für die gesetzlich zustehenden zwei freien Werktage und einen freien Sonntag monatlich ab. Es ging von der Rechtsansicht aus, daß sowohl eine Abfindung für die freien Werktage und Sonntagsarbeit nur gebühren, wenn diese Freizeit, bzw. der Urlaub vom Arbeitnehmer begehrt wurden; da die Kläger erstmalig am 28. Dezember 1952 diese Ansprüche geltend gemacht hätten, gebühren ihn nur die Urlaubsabfindung für drei Tage.
Der dagegen von den Klägern erhobenen Berufung wurde Folge gegeben und das angefochtene Urteil in seinem das Klagebegehren abweisenden Teile und im Kostenpunkt unter Rechtskraftvorbehalt aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen. Das Berufungsgericht vertrat die Rechtsmeinung, daß die Vorschriften der §§ 56 bis 63 oö. LAO. zwingenden Charakter tragen, was sich schon daraus ergebe, daß die Nichteinhaltung mit Strafe bedroht sei, weshalb die darin normierten Rechte der Arbeitnehmer unverzichtbar seien. Die Kläger könnten daher eine Entlohnung der an den arbeitsfreien Werktagen geleisteten Arbeiten begehren, wenngleich sie während des Bestandes des Dienstverhältnisses diese Freizeit niemals verlangt hatten. Allerdings müßten sich die Kläger die ihnen arbeitsfrei gewährten Bauernfeiertage auf die ihnen nach § 57 LAO. gebührenden zwei freien Werktage im Monat anrechnen lassen, da aus den Bestimmungen der §§ 63 Abs. 1 und 65 Abs. 3 LAO. hervorgehe, daß diese arbeitsfreien Bauernfeiertage auf Freizeiten anderer Art angerechnet werden können. Wenngleich die vollkommen freien Bauernfeiertage auf den Urlaubsanspruch nur bis zu einem Drittel des Urlaubsausmaßes angerechnet werden (§ 65 Abs. 3 LAO.), so schließe dies nicht aus, daß die zur Anrechnung auf den Urlaubsanspruch nicht verbrauchten vollkommen freien Bauernfeiertage auf die freien Werktage nach § 57 LAO. anzurechnen seien.
Der Rekurs der beklagten Partei blieb ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Aber auch die vom Rekurswerber erhobene Rechtsrüge ist nicht begrundet.
Nach dem Klagevorbringen ist der Erstkläger als Pferdeknecht, die Zweitklägerin als Stall- und Feldmagd beim Beklagten beschäftigt gewesen. Beide Kläger fallen daher unter die im § 57 Abs. 1 LAO. erwähnten, mit der Viehpflege, bzw. Melkung regelmäßig beschäftigten landwirtschaftlichen Dienstnehmer, die diese Arbeiten auch über die normale Arbeitszeit hinaus ohne Überstundenentlohnung zu verrichten haben. Diese Arbeiten werden durch den normalen Lohn abgegolten, jedoch gebührt dem Dienstnehmer eine entsprechende Freizeit nach Vereinbarung, mindestens aber im Ausmaß von zwei freien Werktagen im Monat. Diese Regelung bezweckt nichts anderes als die zeitliche Aufteilung der normalen Arbeitszeit in einer Weise, die den Bedürfnissen des landwirtschaftlichen Betriebes entspricht. Dabei handelt es sich nur darum, daß die zwischen dem Ende und dem Wiederbeginn der täglichen Arbeitszeit liegende Freizeit verkürzt und die fehlende Zeit in der Form zweier freier Werktage im Monat dem Dienstnehmer zur Verfügung gestellt wird. Darüber hinaus gebührt dem landwirtschaftlichen Dienstnehmer ein freier Sonn- oder Feiertag (§ 62/4). Der Zweck dieser laufend zu gewährenden Freizeiten besteht darin, dem Dienstnehmer die erforderliche Erholungszeit zu geben, ohne daß ihre Arbeitsleistung dadurch unter das bei der kollektivvertraglichen Entlohnung vorausgesetzte Arbeitsmaß sinken würde. Für den Fall, daß darüber hinaus Überstunden geleistet werden oder daß an Sonn- und Feiertagen gearbeitet wird, sieht § 63 vor, daß diese Leistungen besonders zu entlohnen sind. Nach dem Gesetz kann daher der Dienstnehmer, der an den ihm nach § 57 Abs. 1 zustehenden zwei freien Werktagen im Monat gearbeitet hat, seine Entlohnung nach § 63 Abs. 3 verlangen. Es handelt sich dabei um einen unverzichtbaren gesetzlichen Anspruch, der nicht davon abhängt, ob der Dienstnehmer - etwa in Unkenntnis der ihm zustehenden Rechte - die freien Tage verlangt hat oder nicht. Maßgebend ist nur, ob an diesen Tagen Arbeit geleistet wurde. Dieser im Gesetz geregelte Entgeltsanspruch geht daher auch nicht verloren, wenn er während des Dienstverhältnisses nicht geltend gemacht wird. Wenn der Rekurswerber auf die im § 57 Abs. 1 3. Satz vorgesehene "Vereinbarung" verweist und daraus ableiten will, daß es sich nicht um eine zwingende Schutzbestimmung handle, so wird übersehen, daß mit dieser Vereinbarung nur die Modalitäten der Freizeitgewährung geregelt werden sollen. Der Anspruch auf die freien Werktage an sich ist aber ein gesetzlicher, der keiner Vereinbarung bedarf. Das Berufungsgericht ist daher von der zutreffenden rechtlichen Auffassung ausgegangen, daß die Kläger ihren behaupteten Anspruch nicht dadurch verloren haben, daß sie die freien Werktage nicht verlangten.
Zutreffend ist aber auch die Rechtsansicht des Berufungsgerichtes, daß die durch Anrechnung auf den Urlaubsanspruch nicht verbrauchten vollkommen arbeitsfreien Bauernfeiertage auf die freien Werktage nach § 57 LAO. angerechnet werden dürfen, daß also ein freier Werktag durch vollkommene Arbeitsruhe an einem Bauernfeiertag ersetzt werden kann, nicht aber ein Sonn- oder gesetzlicher Ruhetag, da nach § 62 Abs. 4 LAO. den landwirtschaftlichen Dienstnehmern jedenfalls auch ein freier Sonntag oder gesetzlicher Feiertag zu gewähren ist, wobei auch auf diese Forderung nicht verzichtet werden kann (§§ 56 bis 63 LAO.).
Anmerkung
Z27145Schlagworte
Bauernfeiertage, Anrechnung, Entlohnung arbeitsfreie Werktage, Landarbeiter Bauernfeiertage, Werktage, arbeitsfreie -European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0040OB00246.53.0525.000Dokumentnummer
JJT_19540525_OGH0002_0040OB00246_5300000_000