Norm
Arbeitsgerichtsgesetz §25Kopf
SZ 27/148
Spruch
Auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren ist ein Berufungsantrag unerläßlich.
Entscheidung vom 25. Mai 1954, 4 Ob 91/54.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Gegen die beklagte Partei erging ein Versäumungsurteil.
Der von der beklagten Partei sodann angebrachte Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Tagsatzung hatte keinen Erfolg. Die mit dem Wiedereinsetzungsantrag verbundene Berufung lautet wörtlich: "Für den Fall, als die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand auf Grund des obigen Antrags nicht bewilligt werden sollte, erheben wir gegen das Versäumungsurteil vom 7. Dezember 1953, 8 Cr 321/53-2, in offener Frist das Rechtsmittel der Berufung an das Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien, deren Ausführung wir der anzuberaumenden mündlichen Berufungsverhandlung vorbehalten." In der vom Berufungsgegner überreichten Berufungsmitteilung wurde auf den Mangel eines Berufungsantrages hingewiesen.
Das Berufungsgericht verwarf die Berufung, weil sie keinen Berufungsantrag enthält und auch im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren das Fehlen eines Antrages zur Zurückweisung der Berufung führen muß.
Der Rekurs der Beklagten blieb ohne Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Für die Rechtsmittel und das Rechtsmittelverfahren in arbeitsgerichtlichen Streitigkeiten gelten die Bestimmungen des Vierten Teiles der Zivilprozeßordnung, soweit nicht im Arbeitsgerichtsgesetz Abweichendes bestimmt ist. Nach § 467 ZPO. hat die Berufungsschrift u. a. die bestimmte Erklärung, inwieweit das Urteil angefochten wird, die ebenso bestimmte kurze Bezeichnung der Gründe der Anfechtung (Berufungsgrunde) und die Erklärung, ob die Aufhebung oder eine Abänderung des Urteiles, und welche beantragt wird (Berufungsantrag), zu enthalten. Im § 25 Abs. 1 Z. 4 ArbGerG. ist wohl das Erfordernis der Berufungsgrunde, nicht aber jenes der Stellung eines Berufungsantrages fallen gelassen. Das Berufungsgericht hat auf Grund der von ihm zu veranstaltenden Vorprüfung (§§ 470, 471 ZPO.) eine Berufung, die keinen oder keinen bestimmten Berufungsantrag enthält, in nicht öffentlicher Sitzung zu verwerfen (§§ 473, 474 Abs. 2 ZPO.).
Der Hinweis des Rekurses auf die Entscheidungen vom 1. Juli 1902, GlUNF. 1970, und vom Oktober 1898, GlUNF. 346, geht deshalb fehl, weil diese Entscheidungen nicht besagen, daß die bloße Ankündigung, Berufungsanträge in der Berufungsverhandlung zu stellen, dem Erfordernis der Z. 3 des § 467 ZPO. entspricht, sondern nur zum Ausdruck bringen, daß dem Erfordernis nach einem bestimmten Berufungsantrag bereits Rechnung getragen ist, wenn in der Berufungsschrift die Erklärung abgegeben wird, in der Berufungsverhandlung die Abänderung des erstgerichtlichen Urteils und Entscheidung nach dem Klagebegehren beantragen oder den Antrag auf Aufhebung des erstgerichtlichen Urteils und Aufrechterhaltung des Zahlungsauftrages stellen zu wollen, weil eine solche Formulierung bereits einem Antrage gleichkommt. Es ist also, was die Rechtsmittelwerberin offenbar mißverstand, auch in diesen Fällen bereits angekundigt worden, welchen Antrag der Berufungswerber in der mündlichen Berufungsverhandlung zu stellen gedenkt. Eine Erklärung, die nicht einmal die Absicht eines bestimmten Antrages des Berufungswerbers andeutet, kann niemals dem im § 467 Z. 3 ZPO. aufgestellten Erfordernis entsprechen. Völlig unbegrundet ist daher der Vorwurf des Rekurses, daß das Berufungsgericht in der Erklärung der Berufungswerberin nicht die Ankündigung erblickt habe, in der Berufungsverhandlung die Aufhebung des angefochtenen Urteils beantragen zu wollen. Inwiefern durch die Abberaumung der irrtümlich anberaumten Berufungsverhandlung das Berufungsgericht die Bestimmung des § 495 ZPO. verletzt haben soll, ist unerfindlich, wenn bedacht wird, daß die Anwendung dieser Bestimmung überhaupt erst im Falle der Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung in Frage kommt. - Das Erfordernis des Berufungsantrages gehört zum materiellen Inhalt der Berufung, so daß ohne ihn eine gültige Berufung nicht vorliegt. Eine Beseitigung von Mängeln aber, die den materiellen Inhalt der Berufung betreffen, im Wege der Verbesserung nach § 84 ZPO. darf nicht stattfinden.
Da weder ein formulierter Berufungsantrag in der Berufung gestellt wurde noch ein solcher sich aus den sonstigen Ausführungen der, von einem Rechtsanwalt verfaßten Berufung entnehmen läßt, hat das Berufungsgericht mit Recht die Berufung verworfen. Dem völlig unbegrundeten Rekurs war daher jedweder Erfolg zu versagen.
Anmerkung
Z27148Schlagworte
Arbeitsgericht, Berufungsantrag, Berufungsantrag, arbeitsgerichtliches Verfahren, Berufungsgericht Berufungsantrag im arbeitsgerichtlichen VerfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0040OB00091.54.0525.000Dokumentnummer
JJT_19540525_OGH0002_0040OB00091_5400000_000