TE OGH 1954/6/2 1Ob373/54

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Veröffentlicht am 02.06.1954
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Norm

ZPO §57
ZPO §60

Kopf

SZ 27/163

Spruch

Der Ausländer, der mit der Auferlegung einer aktorischen Kaution zu rechnen hat, muß sich schon vor der Klagsanbringung der notwendigen Unterlagen versichern, um die devisenrechtliche Genehmigung zu erhalten.

Entscheidung vom 2. Juni 1954, 1 Ob 373/54.

I. Instanz: Kreisgericht Wels; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Der Kläger, ein Arzt in Berlin, hat am 17. Juli 1953 gegen die Beklagte, eine Gutsbesitzerin in Oberösterreich, eine Klage auf Zahlung von 15.000 S s. A. eingebracht. Bei der ersten Tagsatzung am 1. August 1953 hat die beklagte Partei beantragt, dem Kläger eine aktorische Kaution aufzuerlegen. Der Prozeßrichter hat dem Antrage stattgegeben, die Kaution mit 4000 S bemessen und dem Kläger eine Frist zum Erlag bis 31. Oktober 1953 erteilt.

Auf Antrag des Klägers vom 19. Oktober 1953 wurde diese Frist bis 31. Dezember 1953 verlängert. Auf neuerlichen Antrag vom 30. Dezember 1953 wurde die Frist zum Erlage (eine Gegenäußerung der beklagten Partei wurde nicht erstattet) bis zum 28. Feber 1954 verlängert.

Das Erstgericht hat den nunmehr dritten Antrag des Klägers auf Verlängerung der Frist bis 30. April 1954 abgewiesen, dies im Hinblick darauf, daß trotz der Schwierigkeiten, die der Erlangung der Devisengenehmigung zum Erlage der dem Kläger aufgetragenen Sicherheit entgegenstehen, eine weitere Verlängerung nicht mehr zu rechtfertigen sei, da die Behebung der Hindernisse nicht absehbar ist.

Das Rekursgericht hat die Frist zum Erlage der Prozeßkostensicherheit bis zum 30. April 1954 verlängert, da es die Ansicht vertrat, daß die devisenrechtlichen Schwierigkeiten die erbetene Verlängerung rechtfertigen. Der Umstand, daß die deutsche Devisenstelle zunächst das dieser Klage zugrunde liegende Abtretungsgeschäft devisenrechtlich geklärt wissen wolle, bilde eine Schwierigkeit, die bei der Erteilung der ursprünglichen Frist nicht vorauszusehen war. Die rasche Beendigung des Kautionsverfahrens sei nur im Interesse des Klägers gelegen, weshalb die beklagte Partei keinen Anlaß habe, die bisher erbetenen Fristen zu beanstanden.

Der Oberste Gerichtshof hat dem Revisionsrekurse der beklagten Partei Folge gegeben und den Beschluß des Erstgerichtes wieder hergestellt.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung des Obersten Gerichtshofes:

Der Rekurs (Revisionsrekurs) der beklagten Partei ist zulässig, weil es sich nach der Ansicht des Obersten Gerichtshofes darum handelt, ob die Frist zum Erlag der Sicherheitsleistung verlängert werden soll oder nicht, und weil mit dieser Frage auch die weitere Frage ihre Erledigung findet, ob wegen eines nicht rechtzeitigen oder überhaupt nicht erfolgten Erlages der aktorischen Kaution die Klage als zurückgenommen anzusehen sei. Beurteilt man daher den Fragenkomplex um die aktorische Kaution nicht in jeder Beziehung als eine Kostenfrage, was die Anrufung der dritten Instanz gemäß § 528 ZPO. ausschließen würde, so ist die Frage der Verweigerung (mag auch bei der Erteilung der Frist die Festsetzung ihres Ausmaßes im Ermessen des Gerichtes stehen) revisibel, ohne daß es notwendig wäre, hinsichtlich der Anfechtbarkeit in dritter Instanz einen Unterschied zwischen der Verpflichtung zum Erlage der Prozeßkostensicherheit überhaupt und der Frage der Höhe dieser Sicherheit zu treffen, wie dies die Entscheidungen SZ. XIV/78 und SZ. XXI/65 bisher in Durchbrechung des Grundsatzes über die Unanfechtbarkeit der Entscheidung der zweiten Instanz im Kostenpunkte getroffen haben. Der Oberste Gerichtshof hält daher den vorliegenden Rekurs für zulässig.

Der Revisionsrekurs ist aber auch sachlich begrundet. Es muß davon ausgegangen werden, daß ein Ausländer, wenn er in Österreich eine Klage gegen einen Österreicher einbringt, mit dem Antrage des Beklagten auf Erlag einer Prozeßsicherheit zu rechnen hat. Zu diesem Zwecke muß er sich schon vor der Klagseinbringung der notwendigen Unterlagen versichern, die ihn zusammen mit dem Beschluß des Prozeßgerichtes, das ihm den Erlag der Prozeßsicherheit aufträgt, befähigen, die erwähnte devisenrechtliche Genehmigung zu erhalten. Wenn daher die Devisenstelle auch das Grundgeschäft untersuchen will, auf das der Kläger sein Klagsbegehren stützt, so hat der Kläger derartige Verzögerungen selbst zu vertreten. Es kann eine kurze Verzögerung unvorhergesehenermaßen eintreten, was eine Verlängerung der erteilten Frist rechtfertigen würde; ein weiteres Zuwarten im vorliegenden Falle, wo die Frist vom 1. August 1953 bis 28. Feber 1954 lief, ist der beklagten Partei nicht mehr zumutbar (ähnlich wie im Falle der Aufschiebung der Vollstreckung im Sinne des Art. 6 SchutzV.), zumal ihr durch ihre Gegenäußerungen Kosten erwachsen, mit denen sie bei normalen Prozeßverlauf gar nicht rechnen mußte. Auch hat die beklagte Partei ein Interesse an der Frage, ob der Prozeß fortgesetzt wird oder nicht. Es ist daher nicht richtig, daß die beklagte Partei am Prozeßverlauf auch im vorliegenden Stadium nur uninteressiert sein kann. Da Verjährungsfolgen für den Kläger nicht bestehen (eine Darlehensforderung unterliegt der 30jährigen Verjährung), ist der Kläger in der Lage, die Klage auch dann einzubringen, wenn er sich die devisenbehördlichen Unterlagen verschafft haben wird.

Es war deshalb dem Revisionsrekurs Folge zu geben und der erstrichterliche Beschluß wieder herzustellen.

Anmerkung

Z27163

Schlagworte

Aktorische Kaution, Devisengenehmigung, Ausländer, Aktorische Kaution, Devisengenehmigung, aktorische Kaution, Kaution, aktorische -, Devisengenehmigung, Prozeßkostensicherheit, Devisengenehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00373.54.0602.000

Dokumentnummer

JJT_19540602_OGH0002_0010OB00373_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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