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001 Verwaltungsrecht allgemein;Norm
BetriebsO 1994 §6 Abs1 Z3;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Sauberer und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Berger, Dr. Lehofer und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M M in R, vertreten durch Föger - Pall & Schallhart, Rechtsanwälte in 6300 Wörgl, Josef-Speckbacher-Straße 8, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Tirol vom 5. Oktober 2004, Zl. IIa-65.007//1- 04, betreffend Abweisung eines Antrages auf Ausstellung eines Taxilenkerausweises, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kitzbühel vom 5. August 2004 wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Ausstellung eines Taxilenkerausweises gemäß §§ 2 und 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) wegen mangelnder Vertrauenswürdigkeit abgewiesen. Dreizehn - nach Geschäftszahl, Datum und angewendeter Gesetzesstelle aufgelistete - Vormerkungen sprächen gegen die Vertrauenswürdigkeit des Beschwerdeführers, dazu kämen "24 Verfahren, welche noch nicht abgeschlossen" seien. Die Vertrauenswürdigkeit sei nicht gegeben, wenn der Bewerber "wegen einer oder mehrerer schwerwiegender Übertretungen von straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften, insbesondere solchen, die der Sicherheit des Verkehrs dienen", bestraft worden sei.
Die dagegen erhobene Berufung des Beschwerdeführers wurde mit dem angefochtenen Bescheid als unbegründet abgewiesen. Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, es sei Tatsache, dass "das Verwaltungsvorstrafenregister des Rechtsmittelwerbers 13 rechtskräftige Vormerkungen aufweist und darüber hinaus über 20 Verfahren gegen ihn derzeit laufen, die noch nicht abgeschlossen sind." Die Verwaltungsstrafvormerkungen beträfen Übertretungen des Kraftfahrgesetzes, der Straßenverkehrsordnung, des Führerscheingesetzes und der Tiroler Bauordnung, wobei sich eine Vormerkung auf eine Geschwindigkeitsüberschreitung im Ortsgebiet beziehe. Die von § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 geforderte "Vertrauenswürdigkeit" sei im Sinne eines Gesamtverhaltens zu prüfen, wobei es unbeachtlich sei, ob eine allfällige strafrechtliche bzw verwaltungsstrafrechtliche Verurteilung im ursächlichen Zusammenhang mit einer Tätigkeit als Taxilenker erfolgt sei. Entscheidend sei, ob das bisherige Verhalten des Bewerbers auf ein Persönlichkeitsbild schließen lasse, das mit jenen Interessen im Gleichklang stehe, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliege. Neben besonders schwerwiegenden Verstößen, etwa bei Lenken eines Fahrzeuges in alkoholisiertem Zustand oder bei Überschreitungen der Höchstgeschwindigkeit, die schon im Einzelfall die Vertrauenswürdigkeit bezweifeln ließen, könnte auch eine Vielzahl geringfügiger Übertretungen die Vertrauenswürdigkeit ausschließen. Im vorliegenden Fall sei durch die Vielzahl von verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen (immerhin 13 Vormerkungen) die Befürchtung gerechtfertigt, dass ein weiteres vorschriftswidriges Verhalten des Beschwerdeführers erwartet werden müsse. Entgegen dessen Ansicht sei der Schutzzweck der Betriebsordnung 1994 nicht auf den Straßenverkehr beschränkt, sondern vielmehr darauf gerichtet, Personen vor der Verletzung jedes durch die Rechtsordnung geschützten Rechtsgutes zu bewahren. Der Beschwerdeführer sei in seiner Persönlichkeitsstruktur keineswegs gefestigt, das Merkmal der Vertrauenswürdigkeit im Sinne der Bestimmungen der Betriebsordnung 1994 also nicht erfüllt.
In der dagegen erhobenen Beschwerde wird Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides beantragt.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift samt Antrag auf kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde erstattet.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
§ 6 Abs 1 Z 3 der Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994), BGBl Nr 951/1993, fordert als eine der Voraussetzungen für die Ausstellung eines Taxilenkerausweises die Vertrauenswürdigkeit des Bewerbers; diese muss zumindest in den letzten fünf Jahren vor Ausstellung des Ausweises nachweislich gegeben sein.
Der Beschwerdeführer macht im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe sich mit den den verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen zu Grunde liegenden konkreten Sachverhalten nicht auseinander gesetzt. Der bloße Hinweis auf die "Vielzahl" der verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen des Beschwerdeführers enthebe die belangte Behörde nicht von ihrer Verpflichtung, auf Basis bestimmter Tatsachen Rückschlüsse auf die charakterlichen Eigenschaften des Beschwerdeführers zu ziehen, aus denen Vertrauensunwürdigkeit abgeleitet werde. Wohl könne die (verwaltungs-)strafrechtliche Verurteilung einer Person maßgeblich für die Beurteilung ihrer Vertrauenswürdigkeit sein, doch sei dies allein nicht ausreichend. Der Hinweis auf die genannten verwaltungsstrafrechtlichen Verurteilungen rechtfertige nicht die Annahme, die Vertrauenswürdigkeit zum Lenken von Taxifahrzeugen sei nicht gegeben. Feststellungen dazu, ob die Verurteilungen dem Inhalt nach geeignet seien, auf das Nichtvorliegen der Vertrauenswürdigkeit zu schließen, fehlten.
Dieses Vorbringen ist zielführend: Wie der Verwaltungsgerichtshof - zuletzt etwa in seinem Erkenntnis vom 31. Jänner 2005, Zl 2001/03/0123, - ausgeführt hat, kommt dem in der BO 1994 nicht näher definierten Begriff der Vertrauenswürdigkeit unter Zugrundelegung des allgemeinen Sprachgebrauchs inhaltlich die Bedeutung von "Sich verlassen können" zu. Durch das Erfordernis der Vertrauenswürdigkeit soll das Vorhandensein der nach der Eigenart des Gewerbes erforderlichen Eigenschaften bei den im Fahrdienst verwendeten Personen hinsichtlich ihrer Zuverlässigkeit, insbesondere in Ansehung der Sicherheit der im Rahmen des Taxigewerbes zu befördernden Personen, gewährleistet werden. Entscheidend ist, ob das bisherige Verhalten - wobei das Gesamtverhalten zu würdigen ist - auf ein Persönlichkeitsbild schließen lässt, das mit jenen Interessen im Einklang steht, deren Wahrung der Behörde im Hinblick auf die Bestimmungen des Gelegenheitsverkehrs-Gesetzes obliegt. Im Fall der Begehung von Straftaten oder von Verwaltungsübertretungen ist maßgeblich für die Beurteilung der Vertrauenswürdigkeit im Sinne des § 6 Abs 1 Z 3 BO 1994 das dem Urteil bzw Bescheid, mit dem über Schuld und Strafe abgesprochen wurde, zu Grunde liegende Verhalten. Dies macht es erforderlich, das betreffende Verhalten festzustellen, was auch durch eine "Vielzahl" von Vormerkungen nicht entbehrlich wird. Da die belangte Behörde das den genannten verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen zu Grunde liegende Verhalten des Beschwerdeführers nicht festgestellt und in der Folge nicht begründet hat, warum diese Verhaltensweisen auf die Vertrauenswürdigkeit zu verneinen lassende charakterliche Eigenschaften des Beschwerdeführers schließen ließen, hat sie den angefochtenen Bescheid mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet (vgl etwa das hg Erkenntnis vom 3. September 2003, Zl 2001/03/0076).
Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Von der beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung BGBl II Nr 333/2003.
Wien, am 28. Februar 2005
Schlagworte
Begründung Begründungsmangel Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2004030205.X00Im RIS seit
25.03.2005