TE OGH 1954/6/23 3Ob385/54

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Veröffentlicht am 23.06.1954
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Norm

ABGB §91
ABGB §366
ABGB §1002

Kopf

SZ 27/181

Spruch

Zulässigkeit der Räumungsklage des Ehemannes gegen seine Gattin, der er ein Unternehmen zur rechnungsfreien Führung überlassen hat.

Entscheidung vom 23. Juni 1954, 3 Ob 385/54.

I. Instanz: Bezirksgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz.

Text

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts hat die Beklagte das ihrem Ehegatten, dem Kläger, gehörige Autoreifengeschäft seit 1950 unter dem Namen des Klägers auf eigene Rechnung geführt, und daraus ihren und den Unterhalt des ehelichen Sohnes bestritten.

Beide Unterinstanzen gaben der vom Kläger angestrengten Räumungsklage statt, weil die von der Beklagten behaupteten Vereinbarung nicht als erwiesen angenommen wurde, daß der Kläger sich verpflichtet hätte, der Beklagten das Geschäft so lange zu überlassen, bis der Sohn nach Ablegung der Meisterprüfung den Betrieb selbst übernehmen könne. Der Erstrichter leitete das Recht des Klägers zum jederzeitigen Entzug des Geschäftsführungsrechtes aus § 91 ABGB. ab. Der Kläger habe als Haupt der Familie für den Unterhalt zu sorgen, es bleibe aber ihm überlassen, auf welche Art er dies tue, so daß er auch die jederzeitige Rückübertragung der Geschäftsführungsbefugnis von der Beklagten verlangen könne. Das Berufungsgericht grundete den Räumungsanspruch des Klägers dagegen ausschließlich auf sein Recht als Betriebsinhaber. Es betrachtete den zwischen den Streitteilen abgeschlossenen Vertrag als Bevollmächtigungsvertrag, der jederzeit vom Kläger widerrufen werden konnte.

Die vom Beklagten erhobene Revision blieb ohne Erfolg.

In den Ausführungen zum Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung geht die Revisionswerberin nicht von dem von den Untergerichten festgestellten Sachverhalt aus, sondern von der von ihr behaupteten, aber nicht erwiesenen Vereinbarung über die Geschäftsüberlassung. Ihre Ausführungen gehen aber auch an der Sache vorbei, wenn sie darauf hinweist, daß auch bei einem Bevollmächtigungsvertrag der Widerruf durch eine Vereinbarung ausgeschlossen werden könne, weil eine solche Vereinbarung nicht festgestellt worden ist. Ebensowenig kann der Versuch der Klägerin zum Erfolg verhelfen, den Vertrag als solchen eigener Art zu qualifizieren, der sowohl auf familienrechtlicher Grundlage hinsichtlich Unterhalt und dessen Sicherung als auch auf der zeitlichen Bindung beruht. Die Reichung des Unterhalts war nur das Motiv zur Überlassung der Geschäftsführung. Diese selbst kann aber nie gemäß § 91 ABGB. nach familienrechtlichen Grundsätzen beurteilt werden.

Die Revision versucht über die für ihren Standpunkt fehlenden Feststellungen dadurch hinwegzukommen, daß sie die unrichtige rechtliche Beurteilung darin erblickt, daß nicht aus der Natur des bestehenden Rechtsverhältnisses bereits auf die Notwendigkeit einer ungestörten Beendigung des Vollmachtsverhältnisses geschlossen worden ist. Das Berufungsgericht hat den Vertrag richtig als Bevollmächtigungsvertrag angesehen. Es konnte sich dabei auf die eigene Parteiaussage der Beklagten stützen, die angegeben hatte, daß ihr die Führung der Betriebe des Klägers oblag. Es liegt im Wesen des Bevollmächtigungsvertrages, daß er durch Widerruf aufgelöst werden kann. Dem festgestellten Vertragsinhalt kann nicht entnommen werden, daß der Kläger auf sein Widerrufsrecht verzichtet hätte. Ein solcher Verzicht wurde lediglich hinsichtlich der Rechnungslegungspflicht der Beklagten festgestellt. Der Kläger konnte daher die Geschäftsführung in jedem Zeitpunkte wieder selbst übernehmen und die Übergabe der Betriebe für diesen Zweck verlangen. Die rechtliche Beurteilung des Vertrages durch das Berufungsgericht erweist sich daher als durchaus richtig, so daß die Rechtsrüge auch in dieser Hinsicht versagen mußte.

Rechtliche Beurteilung

Mit Recht hat das Berufungsgericht auch das Rechtsschutzinteresse des Klägers als gegeben angenommen. Ein solches wird nur bei rein familienrechtlichen Anordnungen deshalb verneint, weil sich die Leitungsrechte des Ehemannes aus dem Gesetze unmittelbar ergeben und keiner selbständigen Rechtsverfolgung fähig sind. Im vorliegenden Falle handelt es sich aber um keine familienrechtliche Anordnung, wie solche etwa alltäglich im Hauswesen getroffen werden müssen, sondern um eine vermögensrechtliche Verfügung bezüglich eines dem Kläger gehörigen Unternehmens, so daß im Streitfalle die gerichtliche Austragung ohne weiteres möglich ist.

Die Revision der Beklagten erweist sich daher in jeder Richtung als unbegrundet.

Anmerkung

Z27181

Schlagworte

Ehegattin, Räumungsklage des Ehemannes gegen -, Ehemann, Räumungsklage gegen Ehegattin, Räumungsklage gegen Ehegattin, Unternehmen Räumungsklage des Ehemannes gegen Ehefrau

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00385.54.0623.000

Dokumentnummer

JJT_19540623_OGH0002_0030OB00385_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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