TE OGH 1954/6/30 3Ob356/54

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Veröffentlicht am 30.06.1954
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Norm

ABGB §233
Handelsagentengesetz §6
Handelsagentengesetz §29

Kopf

SZ 27/189

Spruch

Voraussetzungen des Provisionsanspruches eines Realitätenvermittlers.

Bedeutung der Geschäftsgebräuche in diesem Gewerbe. Ein unwiderruflicher Verkaufsauftrag für eine einem Pflegebefohlenen gehörige Liegenschaft bedarf kuratelsbehördlicher Genehmigung.

Entscheidung vom 30. Juni 1954, 3 Ob 356/54.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Der wegen Geisteskrankheit voll entmundigt gewesene Beklagte war Eigentümer des sogenannten Adlerhofes in K.; zu seinem Kurator war seine Gattin Maria bestellt. Als der Kläger von der Entmündigung des Beklagten erfuhr, wandte er sich an das Kuratelsgericht und erreichte einen Beschluß vom 27. Oktober 1951, womit die Kuratorin, die Gattin des Beklagten, ermächtigt wurde, das Realitätenbüro des Klägers mit dem Verkauf des Adleranwesens zu beauftragen. Die Kuratorin unterschrieb hierauf einen Vermittlungsauftrag, durch den der Kläger mit dem Verkauf des Adlerhofes zu einem Verkaufspreis von 282.000 S, worin das Vermittlungshonorar schon inbegriffen war, beauftragt wurde. Sie verpflichten sich darin als Beistand zur Bezahlung eines Honorars von 3% des Kaufpreises. Der Auftrag sollte auf die Dauer von sechs Monaten unwiderruflich sein. Ob in dem von der Kuratorin unterschriebenen Auftrag bei der Unterfertigung durch sie das Wort "Alleinauftrag" enthalten war, konnte nicht eindeutig geklärt werden. Der Kläger machte einen Kaufanwärter in der Person des Andreas F. namhaft. Schon zuvor hatte sich aber der Pächter des Adlerhofes, dem ein Vorkaufsrecht eingeräumt war, um den Kauf des Hofes beworben. Das Pflegschaftgericht verfaßte in Gegenwart der Mitglieder der Grundverkehrsbezirkskommission einen Kaufvertrag mit P. in Protokollsform. Die Kuratorin erklärte nur dann zu verkaufen, wenn der Kläger von der Vermittlung wieder ausgeschlossen würde, was der Pflegeschaftsrichter zusagte. Der Kuratelsrichter ersuchte hierauf mit Schreiben vom 13. November 1951 den Kläger von weiteren Bemühungen durch Ausfindigmachung von Käufern Abstand zu nehmen. Am selben Tag erschien der vom Kläger vermittelte Kaufanwärter Andreas F. und stellte ein höheres Kaufanbot wie P. Die Grundverkehrskommission erteilte dem Kaufvertrag mit P. die Genehmigung, lehnte das höhere Anbot des F. hingegen ab. Der Kaufvertrag mit P. wurde vom Landesgericht Innsbruck mit Beschluß vom 20. März 1952 unter der Bedingung genehmigt, daß der Erlös zum Ankauf eines anderen entsprechenden Anwesens verwendet werde. Zur Durchführung des Kaufvertrages P. kam es aber nicht, da der Bedingung des Landesgerichtes Innsbruck nicht entsprochen werden konnte.

Mit Beschluß vom 29. August 1952 wurde die über den Beklagten verhängte Entmündigung aufgehoben. Zu dieser Zeit war die in dem dem Kläger erteilten Verkaufsauftrag vorgesehene Frist für die Unwiderruflichkeit des Auftrages bereits abgelaufen.

Später wurde dann der Adlerhof vom Beklagten an einen anderen (Ü.), verkauft.

Mit der vorliegenden Klage begehrt der Kläger die Verurteilung des Beklagten zur Zahlung eines Betrages von 8000 S an Provision, wobei er sich darauf berief, daß nach den Richtlinien der Bundesinnung der Realitätenvermittler wegen des Widerrufes seines Alleinauftrages zu einer Zeit als bereits ein ernsthafter Kaufwerber durch ihn namhaft gemacht wurde, die volle, also die von jedem Vertragspartner zu zahlende Provision in der Höhe von 6% des Verkaufspreises, insgesamt 15.100 S fällig geworden sei. Von diesem Betrage klage er nur 8000 S ein; außerdem begehrte der Kläger einen Betrag von 99 S an Kosten des Vorverfahrens.

Das Erstgericht hat die beklagte Partei zur Zahlung eines Betrages von 8000 S verurteilt und wies das Mehrbegehren ab.

Auf die Berufung der beklagten Partei hat das Berufungsgericht das Ersturteil im Sinne gänzlicher Klagsabweisung geändert.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Klägers nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshof kommt der Frage, ob bei der schriftlichen Auftragserteilung der Ausdruck "Alleinauftrag" verwendet wurde, keine entscheidende Bedeutung zu; jedenfalls steht fest, daß in der schriftlichen Urkunde, die der Kuratorin des Beklagten zur Unterschrift vorgelegt wurde, die Unwiderruflichkeit des Auftrages für eine Zeit von 6 Monaten festgehalten worden ist.

Nach Ansicht des Obersten Gerichtshofes wäre weder ein Alleinauftrag noch diese lange Bindung der Vertreterin des Geschäftsherrn an den Auftrag durch den Wortlaut des Beschlusses P 78/52-62 des Pflegschaftsgerichtes gedeckt, wäre aber nach § 233 ABGB. eine Genehmigung gerade in diesen Belangen erforderlich gewesen.

Dem Berufungsgericht ist beizupflichten, daß die Richtlinien für die Geschäftsgebräuche im Gewerbe der Realitätenvermittler keine normative Kraft haben. Sie kommen im vorliegenden Fall auch nicht als Usancen im Sinne des § 346 HGB. in Betracht, schon deshalb nicht, weil Bergbauern keine Kaufleute sind und nach den unüberprüfbaren Feststellungen des Berufungsgerichtes der Kuration der beklagten Partei der Inhalt der Richtlinien nicht bekanntgegeben worden ist.

Für die Vermittlung des Andreas F. kann der Kläger eine Provision nicht begehren, da mit diesem infolge der ablehnenden Haltung der Grundverkehrskommission ein Kaufabschluß nicht zustande kam. Ebensowenig aber kann der Kläger für den nicht zustandegekommenen Kauf an P. eine Provision von der beklagten Partei verlangen, denn, wie festgestellt worden ist, ist der Verkauf an P. zwar pflegschaftsbehördlich genehmigt worden, aber unter Bedingungen, die nicht eingetreten sind. Auch dieser Verkauf ist daher im Sinne der Bestimmungen der §§ 6 und 29 HAG. nicht zustandegekommen. Für den außerhalb der Unwiderruflichkeitsfrist abgeschlossenen Verkauf an Ü. gebührt dem Kläger aber keine Provision, weil dieser Verkauf auf eine Vermittlungstätigkeit des Klägers nicht zurückzuführen ist.

Es bleibt daher nur die Frage zu lösen, ob dem Kläger wegen Widerrufs des Vermittlungsauftrages Provision zukommt. Auch diese Frage ist zu verneinen. Zunächst ist dem Berufungsgericht darin beizupflichten, daß in dem Schreiben des Gerichtes vom 13. November 1951 nicht eine Willenserklärung der beklagten Partei, sondern, wenn es sich überhaupt um einen Widerruf handeln soll, nur ein Widerruf der gerichtlichen Genehmigung des Vermittlungsauftrages erblickt werden kann.

Aber selbst wenn man annehmen wollte, daß ein Widerruf des Auftrages vorläge und daß der Beklagte für diesen Widerruf zu haften hätte, weil er durch seine gesetzliche Vertreterin veranlaßt wurde, wäre für den Kläger nichts gewonnen. Denn, wie bereits hervorgehoben, sind die Richtlinien für die Geschäftsbräuche im Gewerbe der Realitätenvermittler nicht Vertragsinhalt geworden. Um einen Schadenersatzanspruch mit Erfolg erheben zu können, hätte der Kläger behaupten und unter Beweis stellen müssen, daß er innerhalb der Widerrufsfrist einen solchen Kaufanwärter hätte stellen können, mit dem der Kaufvertrag nicht nur abgeschlossen, sondern auch genehmigt worden wäre. Der Kläger vertritt aber die Meinung, daß er seine Verbindlichkeit bereits durch die Namhaftmachung des Andreas F. erfüllt hätte und sich daher damit begnügen konnte, diesen vermittelt zu haben. Dem ist aber nicht so. Denn ein Vertrag mit F. scheiterte an der Haltung der Grundverkehrskommission. Unter diesen Umständen würde es selbst bei Annahme der Verantwortlichkeit des Beklagten für eine gerichtliche Weisung, die Vermittlung nicht mehr fortzusetzen, an den Voraussetzungen für ein Schadenersatzbegehren fehlen.

Das Begehren um angemessene Entschädigung wird vom Kläger auf den Punkt 3 Abschnitt B der Richtlinien gestützt. Wie bereits erwähnt, sind diese Richtlinien aber nicht Vertragsinhalt geworden; aus § 6 HAG. kann aber der Anspruch auf angemessene Entschädigung für ein nicht zustandegekommenes Geschäft nicht abgeleitet werden.

Anmerkung

Z27189

Schlagworte

Genehmigung pflegschaftsbehördliche - für Verkaufsauftrag Geschäftsgebräuche, Realitätenvermittler Handelsbräuche, Realitätenvermittler Pflegebefohlener Unwiderruflicher Verkaufsauftrag für Liegenschaft Pflegschaftsbehördliche Genehmigung für Verkaufsauftrag Provisionsanspruch des Realitätenvermittlers Realitätenvermittler, Anspruch auf Provision Realitätenvermittler Geschäftsgebräuche Verkaufsauftrag, pflegschaftsbehördliche Genehmigung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00356.54.0630.000

Dokumentnummer

JJT_19540630_OGH0002_0030OB00356_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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