Norm
ABGB §91Kopf
SZ 27/224
Spruch
Unterhaltsvergleich in Reichsmark. Umstellung auf D-Mark.
Entscheidung vom 15. September 1954, 1 Ob 625/54.
I. Instanz: Bezirksgericht Hietzing; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Parteien waren damals deutsche Staatsangehörige. Die Klägerin wohnte in Leipzig, der Beklagte in Wien. Derzeit wohnt die Klägerin in Westdeutschland. Die Parteien haben 1935 vor dem Bezirksgericht Schwechat folgenden Vergleich geschlossen:
"Herr Kurt F. bezahlt ab Jänner 1936 an seine Gattin Johanna F. einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von Reichsmark einhundert und fünfzig ab Ersten eines jeden Monates im vorhinein mit einem 4tägigen Respiro, somit spätestens am 5. eines jeden Monates.
Die vorstehende Verpflichtung ist so zu erfüllen, daß als eine Reichsmark der Wert einer Goldmark (1/2790 kg Feingold) zu zahlen ist."
Die Klägerin verlangt nun, den Beklagten schuldig zu erkennen, vom
1. eines jeden auf die Rechtskraft des Urteils folgenden Monates den Schillinggegenwert von monatlich 100 DM, ferner seit 1. Mai 1953 die monatlich rückständigen Unterhaltsbeträge, u. zw. den Schillinggegenwert von je 67 DM samt Nebengebühren zu bezahlen. Sie begrundet dieses Begehren damit, daß im § 18 des deutschen Umstellungsgesetzes vom Jahre 1948 (WiGBl. 1948 Beilage 513) Unterhaltsverbindlichkeiten im gleichen Betrag aufrechterhalten worden seien, wie sie auf Reichsmarkverbindlichkeiten gelautet haben.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Der Vergleichsinhalt gebe keinen ausreichenden Anhalt dafür, daß die Parteien bei Abschließung der Unterhaltsvereinbarung auf dieses deutsche Recht hätten angewendet wissen wollen.
Die Berufung der Klägerin blieb erfolglos.
Der Oberste Gerichtshof gab der auf § 503 Z. 4 ZPO. gestützten Revision nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen des Obersten Gerichtshofes:
Die Revision ist zwar zulässig (Jud. 60 neu), aber nicht begrundet.
Gemäß § 36 ABGB. sind zwischen Ausländern im Inland abgeschlossene Verträge nur dann nach österreichischem Recht zu beurteilen, wenn nicht bewiesen wird, daß bei der Abschließung auf ein anderes Recht, hier das deutsche Recht, Bedacht genommen worden ist. Im vorliegenden Fall müßte daher, um die Anwendung des deutschen statt des österreichischen Rechts zu rechtfertigen, der bei Abschluß des Vergleiches vorgelegene Sachverhalt so gelagert sein, daß daraus auf den Willen der Parteien geschlossen werden könnte, die Unterhaltsvereinbarung nach deutschem Recht zu beurteilen. Dies haben die Untergerichte mit Recht verneint. Der Umstand, daß die Parteien deutsche Staatsangehörige waren und den Unterhalt in Reichsmark vereinbarten, reicht für eine solche Annahme nicht aus, zumal auch damals der Beklagte in Österreich wohnte.
Wenn in der Revision noch vorgetragen wird, daß der Vergleich im Zuge der Ehescheidung geschlossen und daß die Ehescheidung durch das Landgericht Frankfurt a/M. durchgeführt wurde, so liegt darin eine im Revisionsverfahren unbeachtliche Neuerung. Davon, daß sich aus dem Vergleichsinhalt selbst ergebe, daß der Vergleich nur deswegen in Österreich geschlossen worden sei, um einen Exekutionstitel unmittelbar in Österreich zu besitzen, weil die Durchsetzung eines ausländischen Exekutionstitels immer mit gewissen Schwierigkeiten verbunden sei, kann keine Rede sein. Hierin liegt eine willkürliche Behauptung. Auch davon, daß "die beklagte Partei für sich in Anspruch nimmt, daß die Goldrelation wegfällt, weil das deutsche Recht die Goldrelation nicht mehr weiter in Wirkung belassen hat", enthalten die Akten nichts. Überdies ist dazu zu sagen, daß auch nach österreichischem Recht die Goldklausel unwirksam ist, so daß nicht behauptet werden kann, daß der Beklagte eine aus der deutschen Währungsgesetzgebung fließende Begünstigung für sich in Anspruch nimmt.
Schließlich läßt sich für den Standpunkt der klagenden Partei auch aus der Vorschrift des § 905 Abs. 1 2. Satz ABGB., wonach in Ansehung der Geldsorten auf den Ort der Erfüllung zu sehen ist, nichts gewinnen, weil nach dem ersten Absatz dieser Gesetzesstelle im Zweifel der Wohnort des Schuldners zur Zeit des Vertragsabschlusses - also im vorliegenden Fall der Wohnort des Mannes in Wien - den Erfüllungsort bildet.
Auf die Frage, ob die Klägerin wegen Änderung der Verhältnisse einen höheren Unterhaltsbetrag begehren kann, ist schon deswegen nicht einzugehen, weil die Revision im Hinblick auf die Entscheidung der II. Instanz vom 21. Juni 1954 über ihren Rekurs hierauf nicht mehr zurückkommt.
Anmerkung
Z27224Schlagworte
Reichsmark, Umstellung eines Unterhaltsvergleiches, Umstellung, Reichsmark auf D-Mark, Unterhaltsvergleich Währungsumstellung, Währungsumstellung, Reichsmark auf D-MarkEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00625.54.0915.000Dokumentnummer
JJT_19540915_OGH0002_0010OB00625_5400000_000