TE OGH 1954/9/15 3Ob570/54

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Veröffentlicht am 15.09.1954
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Norm

Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §4 Abs2
Gesetz über die Gesellschaften mit beschränkter Haftung §80

Kopf

SZ 27/230

Spruch

Zulässigkeit der Bestimmung eines Statutes einer Ges. m. b. H., die mehrere Miterben eines Ges. m. b. H.-Anteiles zur Nominierung eines gemeinsamen Vertreters verpflichtet.

Entscheidung vom 15. September 1954, 3 Ob 570/54.

I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

Das Registergericht hat von der Eintragung des durch Beschluß der Generalversammlung vom 1. Feber 1954 geänderten und neu gefaßten Gesellschaftsvertrages den vierten Absatz des § 17 ausgeschlossen, der folgenden Wortlaut hat: "Fällt ein Geschäftsanteil im Erbweg an mehrere Personen, dann haben diese Erben die Verpflichtung, einen unter ihnen der Gesellschaft namhaft zu machen, mit dem mit Rechtswirksamkeit für alle sämtliche Verhandlungen vorgenommen werden können." Es ging hiebei davon aus, daß gemäß § 80 Ges. m. b. H. Ges. mehrere Erben eines Geschäftsanteiles wohl das Recht, aber nicht die Pflicht zur Bestellung eines gemeinsamen Vertreters haben und dazu auch nicht durch den Gesellschaftsvertrag verpflichtet werden können.

Das Rekursgericht schloß sich der Rechtsansicht des Registergerichtes an und bestätigte dessen Entscheidung.

Der Oberste Gerichtshof gab dem außerordentlichen Revisionsrekurs Folge und ordnete an, daß der Ausspruch "von der Eintragung ist der vierte Absatz des § 17 des Gesellschaftsvertrages ausgeschlossen" zu entfallen hat.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der angefochtene Beschluß beruht auf einer offenbar unrichtigen Auslegung der Vorschrift des § 4 Abs. 2 Ges. m. b. H. Ges. Nach dieser Gesetzesstelle ist nur ein Gesellschaftsvertrag von der Registrierung ausgeschlossen, der eine Bestimmung enthält, die er nach dem Gesetz nicht enthalten darf. Der Ansicht der Unterinstanzen, daß die von ihnen beanstandete Bestimmung des Gesellschaftsvertrages der Vorschrift des § 80 Ges. m. b. H. Ges. zuwiderläuft, kann nicht beigepflichtet werden.

§ 80 Ges. m. b. H. Ges. unterscheidet zwischen der Rechtsausübung mehrerer Mitberechtigter einerseits und zwischen Rechtshandlungen der Gesellschaft gegenüber einem Anteilsinhaber anderseits. Die gemeinschaftliche Ausübung der Rechte aus dem Geschäftsanteil erfolgt entweder so, daß alle Beteiligten mitwirken, also einheitliche Erklärungen abgeben oder daß sie einen von ihnen oder einen Dritten als gemeinsamen Vertreter bestellen (§ 80 Abs. 1 zit. Ges.). Zweck der Bestimmung des § 80 Abs. 2 Ges. m. b. H. Ges. ist eine Erleichterung für die Ges. m. b. H. im Verkehr mit Mitberechtigten. Sie soll die im Rahmen ihrer Verwaltung erforderlichen Rechtshandlungen gegenüber einem der Beteiligten mit Wirkung für die ganze Geschäftsanteilsgemeinschaft vornehmen können. Während also die Gemeinschaft nur gemeinsam handeln kann, gilt im Verkehr ihr gegenüber eine Art Einzelvertretungsbefugnis. Nur wenn der Gesellschaft ein gemeinsamer Vertreter bekanntgegeben worden ist, können Rechtshandlungen seitens der Gesellschaft nicht gegenüber einem Mitberechtigten vorgenommen werden.

Aus diesen Bestimmungen erhellt, daß es im Belieben der mehreren Mitberechtigten eines Geschäftsanteiles gelegen ist, ihre Rechte entweder selbst gemeinsam oder durch einen gemeinsamen Vertreter auszuüben. Wo aber das Gesetz mehrere Arten der Rechtsausübung zuläßt, kann es den Parteien nicht verwehrt werden, eine bestimmte Art der Rechtsausübung vertraglich zu vereinbaren. § 4 Abs. 2 Ges. m. b. H. Ges. verbietet, wie aus den Regierungsmotiven hervorgeht, die Eintragung des Gesellschaftsvertrages oder eine Abänderung desselben nur dann, wenn darin eine Festsetzung vorkommt, die zwingendes Recht verletzt (vgl. ACl. 2603).

Da den obigen Ausführungen zufolge des Ges. m. b. H. Ges. die Rechtsausübung mehrerer an einem Geschäftsanteil mitberechtigter Erben durch einen gemeinsamen Vertreter gestattet, kann nicht gesagt werden, daß die Bestimmung des § 17 Abs. 4 des Gesellschaftsvertrages, der die mehreren mitberechtigten Erben zur Nominierung eines gemeinsamen Vertreters verpflichtet, gesetzwidrig wäre.

Aus diesen Erwägungen war dem Revisionsrekurs Folge zu geben und die Eintragung der beanstandeten Bestimmung des Gesellschaftsvertrages zu verfügen.

Anmerkung

Z27230

Schlagworte

Erbenvertretung, GesmbH., Gesellschaft Markthelferdienst Erbenvertretung, Miterben Vertretung in GesmbH., Vertretung der Erben in GesmbH.

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00570.54.0915.000

Dokumentnummer

JJT_19540915_OGH0002_0030OB00570_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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