TE OGH 1954/9/29 2Ob596/54

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Veröffentlicht am 29.09.1954
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Norm

Genossenschaftsregisterverordnung §3 Abs2
Prokuraturgesetz §1

Kopf

SZ 27/240

Spruch

Die Finanzprokuratur ist nicht berechtigt, den Antrag auf Abänderung der Satzungen einer Genossenschaft zu stellen.

Sie hat daher auch kein Rekursrecht.

Entscheidung vom 29. September 1954, 2 Ob 596/54.

I. Instanz: Kreisgericht St. Pölten; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.

Text

In das Genossenschaftsregister des Kreisgerichtes St. Pölten wurde unter der GZ. Gen 3/48-1 am 28. April 1928 der Verband nö. landwirtschaftlicher Molkereigenossenschaften, registrierte Genossenschaft mit beschränkter Haftung, mit dem Sitz in T., eingetragen. Nach dem Inhalt der Satzungen bezweckt der Verband die Förderung der Interessen der ihm angeschlossenen Molkereigenossenschaften. Zur Erreichung dieses Zweckes soll nach § 2 Pkt. 2 der Satzungen der Verband u. a. die von den angeschlossenen Molkereigenossenschaften erzeugten Molkereiprodukte und nebenbei auch sonstige von diesen Genossenschaften eingelieferte landwirtschaftliche Produkte verkaufen oder den Verkauf vermitteln.

Am 1. Juni 1950 wurde zu Gen. 3/841-15 folgende Satzungsänderung registriert:

11. Soweit es für die wirtschaftliche Förderung der Mitglieder zweckmäßig bzw. notwendig ist, die in obigen Punkten bezeichneten Zweckgeschäfte ausnahmsweise auch mit Nichtmitgliedern tätigen; jedoch dürfen diese Nichtmitgliedergeschäfte 25% des Gesamtumsatzes im Geschäftsjahr nicht übersteigen.

Die Finanzprokuratur hat nunmehr aus dem Gesichtspunkte der Gesetzwidrigkeit der in der Generalversammlung vom 4. Mai 1950 beschlossenen Satzungsänderung die auf Grund obigen Beschlusses vom 1. Juni 1950 in das Genossenschaftsregister eingetragen wurde, unter Bezugnahme auf § 3 Abs. 2 GenRegVdg. im Zusammenhalte mit § 1 Abs. 3 des Prokuratursgesetzes, StGBl. 172/45, beantragt:

1. zu veranlassen, daß die am 1. Juni 1950 in das Genossenschaftsregister eingetragene Änderung der Satzungen in Punkt 11 dahin geändert werde, daß ein den Bestimmungen des § 1 GenGes. entsprechender Zustand hergestellt werde, 2. falls die Genossenschaft einem diesbezüglichen Auftrag nicht entspricht, die amtswegige Löschung der gegenständlichen gesetzwidrigen Registereintragung zu verfügen, 3. im Falle diesen Anträgen rechtskräftig nicht Folge gegeben würde, den Schriftsatz als Anzeige nach § 3 Abs. 2 GenRegVdg. zu behandeln.

Das Erstgericht hat diese Anträge abgewiesen, weil nach dem derzeit in Geltung stehenden Gesetzesbestimmungen keine Möglichkeit bestehe, eine Genossenschaft zu einer Änderung der im Genossenschaftsregister eingetragenen Satzungsbestimmungen zu veranlassen.

Den dagegen von der Finanzprokuratur erhobenen Rekurs hat das Rekursgericht mit Beschluß vom 28. April 1954 als unzulässig zurückgewiesen.

Gemäß § 3 GenRegVdg. im Zusammenhalte mit § 1 ProkGes. könnte der Finanzprokuratur höchstens ein Anzeigerecht bzw. eine Anzeigepflicht an das Registergericht, keinesfalls ein Antragsrecht zugestanden werden. Stehe der Finanzprokuratur aber ein Antragsrecht nicht zu, so fehle ihr auch ein Rekursrecht. Der Rekurs der Finanzprokuratur sei daher aus diesem Gründe unzulässig, das Erstgericht hätte bereits die Anträge der Finanzprokuratur zurückweisen müssen, da ihr ein Antragsrecht fehle.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs der Finanzprokuratur nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Entscheidend ist die Frage, ob die Finanzprokuratur gem. § 3 Abs. 2 GenRegVdg. berechtigt ist, einen Antrag auf Abänderung der Satzungen einer Genossenschaft zu stellen.

Ein solches Antragsrecht der Finanzprokuratur kann jedoch weder aus § 3 Abs. 2 GenRegVdg., noch aus § 1 Abs. 3 des FinProkGes. abgeleitet werden.

§ 3 Abs. 2 GenRegVdg. begrundet in Sachen des Genossenschaftsregisters für bestimmte Behörden, für die Handelskammer und die Notare eine Anzeigepflicht, wenn sie in der Ausübung ihres Amtes von Übertretungen der Anmeldungsvorschriften Kenntnis erlangen.

Auf Grund dieser Anzeigepflicht kann aber noch keineswegs auf ein Recht, die Beseitigung unrichtiger oder gesetzwidriger Eintragungen zu verlangen, geschlossen werden. Dies hat der Oberste Gerichtshof bereits in seiner Entscheidung vom 20. Feber 1952, 3 Ob 309/51, ausgesprochen.

Da sich also aus § 3 Abs. 2 GenRegVdg. ein Antragsrecht auf Änderung bzw. Löschung von Eintragungen im Genossenschaftsregister nicht ergibt, könnte der Finanzprokuratur schon deshalb, auch wenn sie gemäß § 1 Abs. 3 ProkGes. den im § 3 Abs. 2 GenRegVdg. genannten Behörden und Körperschaften gleichgestellt ist, das von ihr behauptete Antragsrecht nicht zukommen.

Ganz allgemein auf § 1 Abs. 3 ProkGes. kann die Finanzprokuratur ihr behauptetes Antragsrecht in Sachen des Genossenschaftsregisters aber deshalb nicht stützen, weil dem die Spezialbestimmung des § 3 Abs. 2 GenRegVdg. entgegensteht und übrigens auch § 37 GenGes. unter Umständen ein Einschreiten der zuständigen Verwaltungsbehörde gegenüber einer Genossenschaft zur Wahrung des öffentlichen Interesses ermöglicht.

Das Oberlandesgericht Wien hat daher mit Recht ein Antragsrecht der Finanzprokuratur und daher auch ein Rekursrecht derselben verneint und es deshalb abgelehnt, auf das Sachvorbringen des Rekurses einzugehen sowie zu der Frage Stellung zu nehmen, ob das Registergericht auf Grund seines Aufsichtsrechts befugt ist, einer Genossenschaft die Löschung einer den Bestimmungen des § 1 GenGes. widersprechenden Satzungsbestimmung aufzutragen.

Das Rekursgericht wäre nur dann, wenn ein zulässiges Rechtsmittel eingebracht worden wäre, berechtigt gewesen, die in Betracht kommenden Registereintragungen auf ihre Gesetzmäßigkeit zu prüfen oder diesbezüglich dem Erstgerichte Aufträge zu erteilen.

Anmerkung

Z27240

Schlagworte

Finanzprokuratur, Genossenschaftsregisterverfahren, Genossenschaft, Antragrecht der Finanzprokuratur, Rekursrecht der Finanzprokuratur im Genossenschaftsregisterverfahren

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB00596.54.0929.000

Dokumentnummer

JJT_19540929_OGH0002_0020OB00596_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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