TE OGH 1954/9/30 1Ob723/54

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Veröffentlicht am 30.09.1954
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Norm

Grundverkehrsgesetz §1
Grundverkehrsgesetz §2
Oberösterreichisches Grundverkehrsgesetz vom 26. Mai 1954, LGBl. Nr. 16 Nr. 16 §23

Kopf

SZ 27/246

Spruch

Rechtsgeschäfte über land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke zwischen nahen Verwandten, die noch während der Geltungsdauer des Bundesgrundverkehrsgesetzes geschlossen worden sind und nicht genehmigungspflichtig waren, dies jedoch nach dem Inkrafttreten des oberösterreichischen Grundverkehrsgesetzes (oö. LGBl. Nr. 16/1954) für dessen Anwendungsbereich geworden sind, bedürfen keiner Genehmigung nach den Bestimmungen dieses Gesetzes.

Entscheidung vom 30. September 1954, 1 Ob 723/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Vöcklabruck; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Die Kläger, die Eltern des Erstbeklagten und Schwiegereltern der Zweitbeklagten, begehren auf Grund der schriftlichen Verpflichtungserklärung der Beklagten vom 16. Oktober 1951, es werde festgestellt, daß ihnen das alleinige und uneingeschränkte Fruchtgenußrecht an Teilen der Grundstücke 164 und 158 Wald, EZ. 103 Gb. W., zustehe. Außerdem seien die Beklagten schuldig zu erklären, daß sie in die grundbücherliche Einverleibung des Fruchtgenußrechtes willigen.

Das Erstgericht wies die Klage ab. Wenngleich die Vertragspartner nahe Angehörige seien, deren Liegenschaftsveräußerungen und Belastungen landwirtschaftlich genutzter Grundstücke nach dem Bundesgrundverkehrsgesetz nicht genehmigungspflichtig seien, müsse doch die Bestimmung des § 21 GVG. über den Rücktritt des Veräußerers auf Rechtsgeschäfte naher Angehöriger angewendet werden. Dies ergebe sich aus § 3 lit. b GVG. Da über das Fruchtgenußrecht eine einverleibungsfähige Urkunde noch nicht ausgestellt worden sei, hätten die Beklagten vom Vertrag zurücktreten und die Ausstellung einer Urkunde verweigern können. Das Begehren der Kläger habe abgewiesen werden müssen.

Infolge Berufung der Kläger bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil insofern, als das Feststellungsbegehren abgewiesen worden war. Im übrigen änderte das Berufungsgericht das Urteil dahin ab, daß die Beklagten schuldig erkannt wurden, in die bücherliche Einverleibung des Fruchtgenußrechtes zu willigen. Von den Beklagten sei im Verfahren vor dem Erstgericht nicht behauptet worden, daß sie nach § 21 GVG. vom Vertrag zurückgetreten seien. Außerdem handle es sich bei der Einräumung des Fruchtgenußrechtes um einen Teil des Übergabsvertrages vom gleichen Tag. Der Rücktritt, der überdies nur dem Veräußerer - hier den Klägern - zustunde, könnte nach Ansicht des Berufungsgerichtes nur hinsichtlich des gesamten Übergabsvertrages, nicht aber wegen einzelner Teile des Vertrages, erklärt werden. Im übrigen liege für den Hauptteil des Übergabsvertrages bereits eine einverleibungsfähige Urkunde vor, so daß auch aus diesem Grund ein Rücktritt nicht mehr möglich wäre. Mit Rücksicht auf die Einheitlichkeit des Vertrages könne auch nicht davon die Rede sein, daß die Einräumung des Fruchtgenußrechtes etwa schenkungshalber erfolgt und daß für den Abschluß die Notariatsaktsform notwendig gewesen wäre. Der Klage habe stattgegeben werden müssen, jedoch nur in Ansehung des Leistungsbegehrens. Neben diesem könne auch nicht ein Feststellungsbegehren gestellt werden. Auf die Frage, welchen Inhalt das vereinbarte Fruchtgenußrecht habe, könne in diesem Rechtsstreit nicht eingegangen werden.

Das Urteil des Berufungsgerichtes wurde in seinem bestätigenden Teil rechtskräftig.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der beklagten Parteien gegen den abändernden Teil des Berufungsurteils nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist nicht nötig, auf die Frage einzugehen, ob die Beklagten die Behauptung, nach § 21 GVG. vom Fruchtgenußvertrag zurückgetreten zu sein, in erster Instanz vorgebracht haben. Denn auch wenn dies zutrifft und ihnen das Rücktrittsrecht an sich zugebilligt wird, steht es ihnen im vorliegenden Fall nicht zu. Wie das Berufungsgericht mit Recht festgestellt hat und wie sich aus dem Inhalt des Schreibens vom 16. Oktober 1951 ("In Ergänzung des heute mit Euch abgeschlossenen Übergabsvertrages ...") ergibt, war nämlich die Einräumung des Fruchtgenußrechtes nichts anderes als ein unabtrennbarer Teil des am gleichen Teil geschlossenen Übergabsvertrages, der nur deshalb nicht zusammen mit dem Hauptteil des Vertrages ins Grundbuch kam, weil die Parteien zunächst auf die Verbücherung verzichteten. Der Rücktritt vom Vertrag könnte nur die Gesamtheit der vertraglichen Rechte und Pflichten zum Gegenstand haben. Es geht aber nicht an, Teile davon gesondert zu behandeln und ihretwegen ein separates Rücktrittsrecht zu gewähren. Dies widerspräche der Einheitlichkeit des Vertrages, d. h. dem Vertragswillen, daß keine Vertragsbestimmung unabhängig von den anderen bestehen könne. Alles, was die Revisionswerber im Zusammenhang mit dem Rücktrittsrecht vorbringen, vermag die richtigen Schlußfolgerungen des Berufungsgerichtes nicht zu entkräften.

In rechtlicher Beziehung verweisen die Revisionswerber noch auf § 23 Abs. 2 oö. GVG. vom 26. Mai 1954, LGBl. 16. Dieses Gesetz, das mit 20. Juni 1954 an die Stelle des Bundesgrundverkehrsgesetzes getreten ist, sieht vor, daß Rechtsgeschäfte, die im Zeitpunkt der Kundmachung des Gesetzes zwar abgeschlossen sind, bezüglich derer aber ein Verfahren nach den Bestimmungen des Bundesgrundverkehrsgesetzes noch nicht anhängig ist, den Bestimmungen des Landesgesetzes unterliegen. Wenngleich nach § 1 bis 3 des Landesgesetzes nunmehr im Gegensatz zum früheren Rechtszustand auch Rechtsgeschäfte über land- oder forstwirtschaftliche Grundstücke zwischen nahen Verwandten genehmigungspflichtig sind, fallen doch Rechtsgeschäfte, die vor der Kundmachung geschlossen worden sind, trotz des § 23 Abs. 2 nicht unter das Landesgesetz. Dies ergibt sich daraus, daß frühere Rechtsgeschäfte solcher Art eines Genehmigungsverfahrens nicht bedurften und daher sogleich wirksam geworden sind. Nur Rechtsgeschäfte, die schon nach der früheren gesetzlichen Regelung genehmigungspflichtig waren, ohne daß aber das Genehmigungsverfahren eingeleitet worden wäre, werden durch § 23 Abs. 2 getroffen. Dies geht auch daraus hervor, daß von einem noch nicht anhängigen Verfahren, also von einem Verfahren die Rede ist, das schon vor der Kundmachung des Landesgesetzes hätte eingeleitet werden können. Dies wäre aber nur unter der Voraussetzung möglich gewesen, daß der frühere Rechtszustand die Einleitung des Genehmigungsverfahrens vorgeschrieben haben würde. Das vorliegende Rechtsgeschäft ist deshalb von der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung unabhängig.

Anmerkung

Z27246

Schlagworte

Genehmigungspflicht nach oö. Grundverkehrsgesetz, Grundverkehr zwischen nahen Verwandten, Liegenschaft Grundverkehr zwischen nahen Verwandten, Nahe Angehörige, Grundverkehr, Verwandte, nahe -, Grundverkehr

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0010OB00723.54.0930.000

Dokumentnummer

JJT_19540930_OGH0002_0010OB00723_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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