TE OGH 1954/10/28 2Ob514/54

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Veröffentlicht am 28.10.1954
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Norm

ABGB §905
ABGB §986
Goldklauselgesetz, BGBl. Nr. 130/1937 Art. II §2

Kopf

SZ 27/274

Spruch

Daß eine nicht effektive Schuld in Schweizer Franken auf Goldfranken lautet, stellt nicht eine Verbindung zwischen dem geschuldeten Geldbetrag und dem Goldpreis her, sondern bedeutet nur, daß bei Errechnung der Schweizer-Franken-Schuld Münzfußänderungen in dieser Währung zu berücksichtigen sind.

Die Goldklauselvorschriften stehen der Gültigkeit dieser Vereinbarung nicht entgegen.

Entscheidung vom 28. Oktober 1954, 2 Ob 514/54.

I. Instanz: Landesgericht Feldkirch; II. Instanz: Oberlandesgericht Innsbruck.

Text

Dominikus K. und die Beklagte, seine Gattin, schuldeten der Firma T. & Cons. 6.000 Schweizer Franken, für welche Forderung ein Pfandrecht auf der den Ehegatten K. gehörigen Liegenschaft EZ. 302 Grundbuch F. einverleibt war. Diese Forderung wurde dem Kläger und seiner Gattin Anna T. zediert. In der Abtretungs-, Schuld- und Pfandurkunde vom 1. Jänner 1930 bekannten deshalb die Eheleute K., den Eheleuten T. den Betrag von 6.000 Schweizer Franken in Gold zu schulden und verpflichteten sich zur ungeteilten Hand, dieses Kapital zu verzinsen und gegen beiderseits freistehende jährliche Kündigung zurückzubezahlen. Die Gläubiger sollten berechtigt sein, das aushaftende Kapital samt Zinsen, Verzugszinsen und eventuellen Nebengebühren sofort ohne Kündigung gerichtlich zurückzufordern, u.

a. wenn Zinsen und sonstige Gebühren nicht binnen vier Wochen nach Verfall berichtigt sind. Sollte der Schweizer Franken einen Valutasturz erleiden, sollen alle Zahlungen in Goldwährung entrichtet werden. Zwischen den Streitteilen hat folgender Briefwechsel stattgefunden. Am 8. März 1938 erbaten die Schuldner Schuldtilgung zu einem Kurs von 1.40 S je Schweizer Franken. Am 15. September 1940 ersuchten die Schuldner um Bekanntgabe der Schuld zwecks Tilgung, worauf die Gläubiger am 17. September 1940 auf das Anbot des Kurses von 1.40 S zurückkamen und dieses Anbot unter der Voraussetzung der Schuldtilgung bis 30. September 1940 anzunehmen erklärten. Auf neuerliches Ersuchen der Schuldner vom 18. September 1940 gaben die Gläubiger am 19. September 1940 den Stand der Schuld samt Nebengebühren unter Zugrundelegung des Kurses von 1.40 S (= 0.93 RM) mit 6.048.95 RM bekannt, mit dem Beisatze, daß diese Abrechnung nur bei Bezahlung am 1. Oktober 1940 gelte. Am 26. September 1940 erklärten die Schuldner darauf, nur einen Kurs von 0.56 RM je Schweizer Franken (das war damals der amtliche Devisenkurs für Schweizer Papierfranken) als zulässig und für sie annehmbar, mit dem Beisatze, daß Bezahlung erfolge, wenn das Kapital am 1. oder 15. Oktober 1940 angenommen werde, andernfalls werde das Kapital aufgekundigt werden und mögen die Gläubiger ihre diesbezügliche Stellungnahme bekanntgegeben. Am 1. Oktober 1940 haben daraufhin die Gläubiger erklärt, daß sie mit einer Zahlung der Schuldner auch ohne Kündigung in der nächsten Zeit bei Zugrundelegung des vereinbarten Kurses laut Schreiben vom 19. September 1940 (das ist des Kurses von 1.40 S) einverstanden seien, daß für die Rückzahlung von Goldfrankenschulden der Devisenkurs von 0.56 RM je Franken bei vorangehenden anderweitigen Abmachungen nicht allein maßgebend sei, daß die Gläubiger in einem analogen Falle eine Goldfrankenhypothek mit ausdrücklicher Genehmigung der Devisenstelle zu einem Kurse von 1 RM je Goldfranken in eine Reichsmarkhypothek umgewandelt hätten, die Schuldner hätten den Kurs von 1.40 S mit dem Schreiben vom 8. März 1938 ausdrücklich angeboten, was von den Gläubigern angenommen worden sei. Darauf haben die Schuldner ohne weitere Antwort am 18. Oktober 1940 (Beilage C) das Darlehen für den 1. November 1941 zur Rückzahlung gerichtlich aufgekundigt, aber keine Zahlung geleistet, auch ihre Schuld nicht gemäß § 1425 ABGB. bei Gericht hinterlegt. Der Kläger ist Alleinerbe nach seiner Gattin, die Beklagte als Erbin ihres Gatten Alleineigentümerin der Pfandliegenschaft. Eine Erklärung des Klägers gegenüber dem verstorbenen Gatten der Beklagten, der Kläger brauche das Geld nicht, die Frankenschuld sei in eine Reichsmarkschuld umgewandelt, der Schuldner könne daher durch Zuwarten mit der Bezahlung nicht zu Schaden kommen, ist nicht erwiesen. Die Beklagte hat die ihr nicht gestundeten Zinsen für das Jahr 1949 erst im Jahre 1951, die

restlichen Zinsen für das Jahr 1950 erst im Jahre 1952, die

restlichen Zinsen für das Jahr 1951 erst im Juli und August 1952 bezahlt.

Das Erstgericht hat als heutigen Wert der 6000 Schweizer Franken in Gold den Betrag von heutigen 9003.64 Schweizer Franken ermittelt und dem Kläger diesen Betrag, umgerechnet zum Prämienkurs des Zahlungstages, abzüglich des bereits mit Teilanerkenntnisurteil zuerkannten Betrages von 5600 S, zugesprochen, hingegen ausgesprochen, daß die von der Beklagten mit dem Betrag von 48.804.07 S eingewendete Gegenforderung nicht zu Recht bestehe.

Über Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht diese Entscheidung bestätigt.

Die Beklagte ficht mit ihrer Revision das Urteil des Berufungsgerichtes vollinhaltlich aus den Gründen des § 503 Z. 1 - 4 ZPO. an und beantragt die Abänderung des angefochtenen und des erstgerichtlichen Urteiles im Sinne der Abweisung des Klagebegehrens, allenfalls unter Feststellung der eingewendeten Gegenforderung, oder die Aufhebung des angefochtenen Urteiles und eventuell auch des erstgerichtlichen Urteiles und die Zurückverweisung der Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Urteilsfällung an die Untergerichte oder die teilweise Abänderung des angefochtenen Urteiles und die Abweisung des Klagebegehrens hinsichtlich des den Betrag von 6000 Schweizer Franken, abzüglich 5600 S, übersteigenden Betrages. Der Kläger hat Revisionsbeantwortung erstattet.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der Beklagten nicht Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Es ist nicht klar, was die Revision mit der Heranziehung der Goldklauselverordnung vom 23. März 1933, BGBl. Nr. 73, bezweckt, da - abgesehen davon, daß für die Umrechnung des Goldfranken in Schilling der Weg der Umrechnung des derzeit dem Goldfrankenbetrage entsprechenden "Papierfrankenbetrages" in Schilling gangbar ist - die von der Goldklauselverordnung gemachte Unterscheidung zwischen den der damaligen Schillingsabwertung nicht Rechnung tragenden Zwangskursen der Nationalbank und den nach den verlautbarten Stichtagen anwendbaren Privatclearing-Durchschnittskursen längst überholt ist (vgl. SZ. XX/29 und 200).

Auch Artikel II § 2 des Goldklauselgesetzes BGBl. Nr. 130/37 hat der Wirksamkeit der vereinbarten Goldklausel keinen Eintrag getan. Das Revisionsgericht billigt die mit den Ausführungen Loebs (Kommentar zum Goldklauselgesetz, 1937, S. 26) und Klangs (JBl. 1937, S. 226) übereinstimmende Auslegung, die die Untergerichte dem unklaren zweiten Satz des Artikels II § 2 Abs. 1 des Goldklauselgesetzes angedeihen lassen. Wenn nämlich diese Gesetzesstelle die Wirksamkeit von Goldklauseln bei Fremdwährungsschulden von ihrer Wirksamkeit bei Geldverpflichtungen nach dem Rechte des Währungsstaates abhängig macht und der erwähnte Satz beisetzt, daß "es hiebei keinen Unterschied mache, ob sich die Unwirksamkeit der Goldklausel auf sämtliche derartige Verpflichtungen erstrecke oder nicht", kann dem zugunsten des Schuldners allerhöchstens der Sinn beigelegt werden, daß sich der Gläubiger nicht auf Ausnahmen von der grundsätzlichen Unwirksamkeit der Goldklausel nach dem Rechte des Währungsstaates berufen kann, da dem Gesetze, das im Satz vorher von der Unwirksamkeit der Goldklausel nach dem Rechte des Währungsstaates spricht, nicht die Absicht unterlegt werden kann, eine solche Unwirksamkeit schon dann als bestehend anzunehmen, wenn diese Unwirksamkeit nur in ganz unbedeutenden Ausnahmsfällen eintritt.

Wenn nun nach Schweizer Recht Versicherungsgesellschaften untersagt ist, die Erfüllung von Versicherungsverträgen, die durch den Sicherungsfonds sicherzustellen sind, in Gold oder zu einem festen Umrechnungskurs zu vereinbaren (Verordnung des Bundesrates vom 11. September 1931, EidG. Slg. 47, S. 627 ff., Art. 14), und im Grundbuche die Eintragung einer Hypothek in Goldfranken unzulässig ist (Beschwerdeentscheid des Bundesrates vom 15. Jänner 1924, SZ. XX, S. 310), ändert das nichts daran, daß in der Schweiz Goldklauseln grundsätzlich zulässig sind (SZ. XX/29, Loeb a. a. O., S. 91). Da es sich im vorliegenden Falle nicht um eine reine, nur auf Zahlung bei Exekution in die Pfandliegenschaft gerichtete Hypothekarklage handelt (mag die Klage auch im Rubrum als Hypothekarklage bezeichnet worden sein), sondern die Beklagte als Personalschuldnerin in Anspruch genommen wird, und - wie dargestellt - nach Schweizer Recht nur die Hypothek selbst durch eine Goldklausel nicht gesichert werden kann, während die Personalschuld von dieser Bestimmung unberührt bleibt, kann sich die Beklagte nicht gemäß Art. II § 2 Abs. 1 des Goldklauselgesetzes auf die Unwirksamkeit der Goldklausel wegen deren Unwirksamkeit nach Schweizer Recht berufen (so schon SZ. XX/29). Für eine Beschränkung der Haftung der Beklagten auf die Pfandliegenschaft gibt weder die Abtretungs-, Schuld- und Pfandurkunde vom 1. Jänner 1930, noch das bisherige Verfahren einen Anhaltspunkt. Es kann auch die Ansicht der Revision nicht geteilt werden, daß eine solche Beschränkung selbstverständlich ("logisch") gewesen wäre. Die allfällige Auslegung einer Goldklausel in zweifelhaften Einzelfällen durch Schweizer Gerichte als einer unwirksamen Goldmünzklausel kann der grundsätzlichen Wirksamkeit von Goldklauseln nach Schweizer Recht und demnach auch der Wirksamkeit der gegenständlichen Goldklausel nach Art. II § 2 Abs. 1 des Goldklauselgesetzes, welche Gesetzesstelle nicht zwischen verschiedenen Arten von Goldklauseln unterscheidet, keinen Eintrag tun. Ein anderer Standpunkt würde die Entscheidung über die Gültigkeit der Goldklausel in einem Einzelfall notwendig von der auf vielleicht nicht ganz kongruente Einzelfälle zugeschnittenen Judikatur ausländischer Gerichte abhängig machen, was nicht der Sinn der erwähnten Gesetzesstelle sein kann. Daher begrundet die Unterlassung von Feststellungen über die Judikatur der Schweizer Gerichte im Gegenstandsfall keinen Verfahrensmangel (Feststellungsmangel).

Das Revisionsgericht erachtet die Gründe für nicht stichhältig, die die Revision für die Anwendbarkeit der auf die Umwandlung von auf Goldschilling oder Goldkronen lautenden Geldschulden Bezug habenden Verordnung vom 21. Juni 1939, DRGBl. I S. 1037, und der Hypotheken, deren Höhe durch den Preis einer bestimmten Goldmenge festgesetzt ist, betreffenden Verordnung vom 16. November 1940, DRGBl. I S. 1521, anführt. Verfehlt ist die Berufung der Revision auf § 6 Z. 3 des Devisengesetzes vom 12. Dezember 1938, DRGBl. I S. 1733 (demzufolge im Sinne des Devisengesetzes als Reichsmarkforderungen auch Forderungen gelten, die auf eine ausländische Währung lauten, ohne daß der Gläubiger Anspruch auf Zahlung in effektiver ausländischer Währung hätte), welche Gesetzesstelle lediglich eine für die - hier nicht in Betracht kommende - Anwendung des genannten Devisengesetzes gedachte und sohin auf dieses Gesetz beschränkte Begriffsbestimmung gibt (arg. "Im Sinne dieses Gesetzes sind ..."). Wenn sich die Revision auf die Entscheidung SZ. XXI/165 beruft, ist darauf zu verweisen, daß diese Entscheidung eine Schilling Verbindlichkeit zum Gegenstande hatte, deren Wert zunächst durch Bezugnahme auf den Preis einer bestimmten Goldmenge, in zweiter und dritter Linie aber durch Bezugnahme auf einen Schweizer Franken- und Dollarbetrag gesichert war, wobei dem Gläubiger das Wahlrecht zwischen den mehreren Wertsicherungen zustand, während es sich im vorliegenden Fall um eine, wenn auch nicht effektive Schweizer Frankenschuld handelt. Soweit die Begründung dieser Entscheidung die Verordnung vom 21. Juni 1939, DRGBl. I S. 1037, auf Fremdwährungsverbindlichkeiten auszudehnen und eine Valutaklausel einer Goldklausel bei Schilling- oder Kronenverbindlichkeiten schlechthin gleichzustellen scheint, hat der Oberste Gerichtshof in der späteren Entscheidung SZ. XXII/82, die ein durch Bezugnahme auf einen Schweizer Frankenbetrag wertgesichertes Darlehen betrifft und diese 1932 vereinbarte Sicherung bestehen läßt, die Anwendbarkeit der Verordnung vom 21. Juni 1939 auf durch Bezugnahme auf einen Fremdwährungsbetrag wertgesicherte Verbindlichkeiten abgelehnt, was dem Wortlaute und dem natürlichen Sinn der erwähnten Verordnung entspricht und auch aus folgendem Gründe berechtigt ist. Daß die Verordnung vom 21. Juni 1939 noch nicht die Umwandlung von Geldschulden in Schweizer Franken in Reichsmarkschulden bewirkte, geht nämlich auch daraus hervor, daß eine solche Umwandlung für einige - nicht für alle - Schweizer Frankenschulden (auch mit Effektiv-, Gold- oder Goldwertklauseln) durch die spätere Verordnung vom 29. Dezember 1939, DRGBl. 1940 I S. 38, für nötig erachtet wurde. Aus dieser letzterwähnten Verordnung geht überdies hervor, daß bei den von dieser Verordnung nicht betroffenen, auf Goldfranken lautenden Schulden der für den "Papierfranken" verlautbarte Kurs von 0.56 RM. nicht akzeptiert werden mußte, da die Verordnung die Gültigkeit von Goldklauseln voraussetzt und der Goldfranken ja damals einen höheren Wert repräsentierte als der "Papierfranken". Die Verordnung über wertbeständige Rechte vom 16. November 1940, DRGBl. I S. 1521, ist schon deshalb unanwendbar, weil es sich bei der vorliegenden Verbindlichkeit nicht um eine in Reichswährung zu erfüllende Geldschuld handelt, bei deren Begründung der geschuldete Betrag durch Bezugnahme auf den Preis des Feingoldes bestimmt wurde, vielmehr um eine wenn auch nicht effektive Schweizer Frankenschuld, d. h. um eine Schweizer Frankenschuld, deren Erfüllung auch in inländischer Währung zulässig ist. Daß die Berufung der Revision auf § 6 Z. 3 DevG. 1938 zur Dartuung des Gegenteiles fehlgeht, wurde bereits ausgeführt. Daß die Schweizer Frankenschuld auf Goldfranken lautet, stellt nicht eine Verbindung zwischen dem geschuldeten Geldbetrag und dem Goldpreis her, sondern bedeutet nur, daß bei Errechnung der Schweizer Frankenschuld Münzfußänderungen in dieser Währung zu berücksichtigen sind.

Was die von der Beklagten behauptete vertragliche Umwandlung der Schuld in eine Reichsmarkverbindlichkeit anlangt, so haben die unteren Instanzen mit Recht eine solche Umwandlung in dem festgestellten Sachverhalt nicht gegeben gefunden. Der von den Schuldnern am 8. März 1938 gestellte Antrag, die Schuldtilgung zu einem Kurse von 1.40 S je Franken vorzunehmen, ist mangels Annahme durch die Gläubiger in der Annahmefrist des § 862 ABGB. erloschen. Das Zurückkommen der Gläubiger im September 1940 auf das Anbot der Schuldner vom 8. März 1938 ist ein neuerlicher Antrag, der aber von den Schuldnern weder ausdrücklich noch stillschweigend angenommen, ja im Gegenteil am 26. September 1940 ausdrücklich abgelehnt worden ist. Abgesehen davon haben die Gläubiger dieses Anbot nur für den Fall der Bezahlung bis 30. September 1940 (Schreiben vom 17. September 1940), 1. Oktober 1940 (Schreiben vom 19. September 1940), bzw. bis zu einem Stichtag der nächsten Zeit (Schreiben vom 1. Oktober 1940) gestellt. Es widerspricht dies durchaus nicht den Denk-Gesetzen, daß die Gläubiger den damals von ihnen angestrebten Kurs von 1.40 S = 0.93 RM nur bei sofortiger Liquidierung der Verbindlichkeit zubilligen wollten, da damals im zweiten Kriegsjahr eine Frankenforderung vorteilhafter erscheinen mußte als eine Reichsmarkforderung. Da es damals zu keiner Einigung zwischen den Parteien über die Rückzahlung des Darlehens gekommen ist, haben die Schuldner am 18. Oktober 1940 die Schuld für den 1. November 1941 gerichtlich aufgekundigt. Die Gläubiger waren weder an den in ihrer abgewiesenen Klage Cg 278/38 des Landesgerichtes Feldkirch verwendeten Umrechnungskurs noch an ihre dieser Klage zugrunde gelegte Rechtsansicht weiter gebunden, weshalb auch die Unterlassung von Feststellungen über diese Klage keinen Verfahrensmangel begrunden kann. Aus dem Umstande, daß die Gläubiger in ihrem Schreiben vom 1. Oktober 1940 zur Begründung des von ihnen bei der Rückzahlung der Schuld ohne Kündigung "auf einen Stichtag der nächsten Zeit" zugestandenen Kurses von 1.40 S je Goldfranken darauf verwiesen, daß dieser Kurs in einem anderen ähnlichen Fall die Genehmigung der Devisenstelle gefunden hätte und daß sie zu diesem Kurse in dem anderen Fall die Goldfrankenhypothek in eine Reichsmarkhypothek umgewandelt hätten, kann keinesfalls der von der Revision gewollte Schluß gezogen werden, daß die Gläubiger auch mit der Umwandlung der gegenständlichen Schuld in eine Reichsmarkschuld bei Nichtbezahlung in nächster Zeit einverstanden gewesen wären. Ein solches Anbot kann dem Schreiben der Gläubiger vom 1. Oktober 1940 nicht entnommen werden. Überdies wird von der Beklagten offengelassen, wie die Annahme eines solchen Anbotes erfolgt sein sollte.

Was den angeblichen Annahmeverzug der Gläubiger betrifft, liegt ein solcher nach dem festgestellten Sachverhalt überhaupt nicht vor. Der Annahmeverzug setzt voraus, daß der Schuldner alles vorkehrt, was man von ihm zufolge des Schuldverhältnisses verlangen kann, um Erfüllung zu bewirken. Verbalanbot hätte im vorliegenden Fall nur genügt, wenn die Gläubiger bereits erklärt hätten, die Annahme der vertragsmäßigen Erfüllung zu verweigern (vgl. Klang - Gschnitzer, Komm., 2. Aufl., zu § 1419 ABGB., S. 398 f.). Das Schreiben der Schuldner vom 26. September 1940 ist kein Verbalanbot, sondern eine ablehnende Stellungnahme der Schuldner zur Abrechnung der Gläubiger vom 19. September 1940, verbunden mit dem Vorschlage der Zahlung der Schuld zum amtlichen Schweizer Frankenkurs (für "Papierfranken") am

1. oder 15. Oktober 1940 ohne vorherige Aufkündigung. Wenn die Gläubiger mit ihrem Schreiben vom 1. Oktober 1940 diesen Vorschlag der Zahlung ohne Aufkündigung zum Papierfrankenkurs abgelehnt und bei kündigungsloser Rückzahlung einen höheren Kurs verlangt haben, haben sie damit nicht eine vertragsmäßige Zahlung nach Aufkündigung abgelehnt, sondern nur die Verhandlungen über eine vorzeitige Rückzahlung und den dabei anzuwendenden Kurs fortgesetzt. Die Schuldner haben dann am 18. Oktober 1940 das Darlehen zur Rückzahlung für den 1. November 1941 gerichtlich aufgekundigt, ohne weiter mitzuteilen, ob sie auf ihrem Standpunkte beharren oder sich den Wünschen der Gläubiger fügen. Wenn (was bei diesem Stillschweigen und der Aufkündigung nach der Übung des redlichen Verkehres als zweifellos angenommen werden muß) die Schuldner auf dem Papierfrankenkurs beharrten, hätten sie - da in dem Schreiben der Gläubiger vom 1. Oktober 1940 nicht die Erklärung enthalten ist, eine Zahlung zum Papierfrankenkurs auch nach gehöriger Aufkündigung nicht anzunehmen - nach Ablauf der Kündigungsfrist zumindest noch ein Verbalanbot vornehmen müssen, um die Gläubiger in Annahmeverzug zu versetzen. Ein solches Verbalanbot nach dem 1. Oktober 1940 ist von der Beklagten nicht bestimmt behauptet, geschweige erwiesen worden, wie von den Untergerichten (wie bereits erwähnt) unanfechtbar festgestellt wurde. Überdies brächte auch der Gläubigerverzug die Forderung nicht zum Erlöschen (vgl. Gschnitzer, a. a. O., S. 392), noch würde der Gläubigerverzug Vertragsbedingungen, wie die Wertsicherung, zum Nachteil des Gläubigers abändern. Ferner nahm der von den Schuldnern angebotene Papierfrankenkurs nicht auf die vereinbarte Goldklausel und die inzwischen erfolgte Frankenabwertung Rücksicht, wozu auf die obigen Ausführungen zu der Verordnung vom 29. Dezember 1939, DRGBl. 1940 I

S. 38, zu verweisen ist. Endlich bedeutet das Verhalten beider Vertragsteile seit der von den Schuldnern am 18. Oktober 1940 ausgesprochenen Kündigung nach den im redlichen Verkehr üblichen Gewohnheiten, daß diese Kündigung von beiden Vertragsteilen in der Folge stillschweigend als nicht erfolgt angesehen wurde, denn die Schuldner haben weder Zahlung angeboten, noch die Gläubiger auf Grund dieser Kündigung Zahlung verlangt. Der hilfsweisen Begründung des Berufungsgerichtes, daß die Fälligkeit der gegenständlichen Forderung schon durch die Kündigung vom 18. Oktober 1940 eingetreten sei, kann nicht gefolgt werden.

Wird davon ausgegangen, daß die Fälligkeit der Verbindlichkeit erst durch die Fälligstellung seitens des Klägers infolge Verzuges mit der Zinsenzahlung eingetreten ist, gehen die Ausführungen der Revision über die Anwendung eines auf eine frühere Fälligkeit abgestellten Umrechnungskurses ins Leere. Dazu ist zu bemerken, daß die in diesen Ausführungen bezogenen Entscheidungen wesentlich anders gelagerte Sachverhalte zum Gegenstand haben. So behandelt die Entscheidung 2 Ob 393/51 (JBl. 1952 S. 378) eine Schuld in inländischer Währung auf der Geldwertbasis einer fremden Währung, bei deren Bezahlung die Wertsicherungsklausel unanwendbar war, und hebt hervor, daß eine solche Schuld von einer auch nicht effektiven Fremdwährungsschuld wohl zu unterscheiden ist. Die Entscheidung 1 Ob 764/51 (SZ. XXIV/305) betrifft, wie sie hervorhebt, nur eine Schillingforderung, nicht aber eine in ausländischer Währung ausgedrückte, vereinbarungsgemäß in dieser Währung zu bezahlende Geldschuld.

Da die Gläubiger zur Entgegennahme der Rückzahlung der Schuld ohne vorherige, dem Vertrag entsprechende Aufkündigung nicht gehalten waren, kann in der Ablehnung dieser Rückzahlung durch die Gläubiger oder darin, daß die Gläubiger die Entgegennahme dieser Rückzahlung von den Schuldnern nicht genehmen Bedingungen abhängig machten, bzw. sich (zu Unrecht) auf eine bezüglich einer solchen kündigungslosen Rückzahlung bestehende Kursvereinbarung beriefen, kein Verstoß gegen die guten Sitten erblickt werden, der der jetzigen Einziehung der Forderung in voller Höhe im Wege stehen oder den Kläger schadenersatzpflichtig machen würde. Daß in dem Schreiben der Gläubiger vom 1. Oktober 1940 kein Anbot der Umwandlung der Verbindlichkeit in eine Reichsmarkschuld erblickt werden kann, wurde schon ausgeführt. Daß sich der Kläger in diesem Schreiben im Sinne des § 869 ABGB. undeutlicher Ausdrücke bedient habe, um die Schuldner zu bevorteilen, ist eine durch nichts begrundete Behauptung.

Anmerkung

Z27274

Schlagworte

Effektivschuld, Goldfranken, Franken, Schuld, Gold-Franken, Effektivschuld, Goldklausel, Gold-Franken, Münzfußänderung, Gold- Franken, Valuta, Effektivschuld, Währung Gold-Franken

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0020OB00514.54.1028.000

Dokumentnummer

JJT_19541028_OGH0002_0020OB00514_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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