TE OGH 1954/11/24 3Ob714/54

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Veröffentlicht am 24.11.1954
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Norm

ABGB §1053
ABGB §1054

Kopf

SZ 27/300

Spruch

Grund kann nur Gegenstand eines Kaufvertrages sein, wenn er noch anders als durch Angabe der Flächengröße determiniert ist. Zu einer solchen Bestimmtheit genügt es, daß der Grund dem Verkäufer grundbücherlich zugeschrieben ist.

Entscheidung vom 24. November 1954, 3 Ob 714/54.

I. Instanz: Landesgericht Linz; II. Instanz: Oberlandesgericht Linz.

Text

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen haben sich die Kläger am 11. November 1952 in Begleitung des Pferdehändlers Karl P. zum Beklagten begeben, um mit diesem über den Erwerb seiner Liegenschaften und seiner Gastwirtschaft zu verhandeln. Nach Besichtigung des Hauses und der vom Beklagten als dazugehörig bezeichneten Grundstücke einigten sich die Parteien am selben Tag dahin, daß die Kläger die Gast- und Landwirtschaft des Beklagten mit 8 Joch Grund und sämtlichem Inventar "wie besichtigt" um den vereinbarten Kaufpreis von 380.000 S kauften. Die Kläger gaben eine Anzahlung von 20.000 S, es wurde vereinbart, daß der "Kauftag in Kürze bei einem Notar oder Rechtsanwalt abgehalten" werden solle. Über diese Vereinbarung wurde eine als "Vorverkaufsvertrag" überschriebene Urkunde aufgesetzt, welche von der Zweitklägerin geschrieben und von den Streitteilen sowie von Karl P. unterfertigt wurde.

Die Kläger verlangen die Angabe von 20.000 S zurück und zwar aus zwei Gründen. In der Klage haben sie ihr Begehren damit begrundet, daß sie hinterher daraufgekommen seien, daß der Beklagte nur etwa 5 Joch Grund habe, weshalb sie das Vertrauen zu ihm verloren hätten und zum Rücktritt von der Vereinbarung berechtigt seien. Weiterhin haben sie aber auch die Ansicht vertreten, daß am 11. November 1952 kein verbindlicher Vertrag zustande gekommen und die Frist für den Abschluß des im Vorvertrag vom 11. November 1952 in Aussicht genommenen Vertrages abgelaufen sei.

Das Erstgericht hat dem Klagebegehren vollinhaltlich stattgegeben. Dabei ging das Erstgericht von der Auffassung aus, daß die als Vorverkaufsvertrag überschriebene Urkunde nur als Beweisurkunde gedacht gewesen sei, ein verbindlicher Vertrag aber vor einem Rechtsanwalt oder Notar erst in der Folge hätte geschlossen werden sollen. Da die Kläger im Jänner 1953 dem Beklagten erklärt hätten, nicht mehr zur Vertragserrichtung bereit zu sein, sei die bisherige Vereinbarung wirkungslos geworden und es sei der Beklagte verpflichtet, die empfangene Geldleistung, gleichviel, ob sie als Angeld oder Anzahlung gegeben worden sei, zurückzustellen. Das Erstgericht hat dann noch weiter ausgeführt, daß selbst dann, wenn in der Vereinbarung vom 11. November 1952 schon ein bindender Vertrag gelegen wäre, die Kläger hätten zurücktreten dürfen, weil sie vom Beklagten über das Ausmaß der gekauften Liegenschaft in Irrtum geführt worden seien.

Über Berufung des Beklagten hat das Berufungsgericht das Ersturteilim Sinne der Abweisung des Klagebegehrens geändert. Das Berufungsgericht vertrat im Gegensatz zum Erstgericht die Ansicht, daß die Vereinbarung vom 11. November 1952 schon einen bindenden Vertrag darstelle und daß die Vereinbarung nicht unter dem Vorbehalt des § 884 ABGB. geschlossen worden sei. Die Kläger hätten auch keinen begrundeten Anlaß zum Rücktritt vom Vertrag, weil der Beklagte nur verpflichtet sei, seinerzeit den Klägern das Eigentum an 8 Joch Grund zu verschaffen. Es müsse dem Beklagten zugestanden werden, sich das Verfügungsrecht über die den Kaufgegenstand bildenden Grundstücke bis zur Durchführung des Vertrages auf welche Art immer zu verschaffen. Die Unmöglichkeit des Vertragserfüllung durch den Beklagten steht derzeit keinesfalls fest.

Der Oberste Gerichtshof hat das Urteil des Berufungsgerichtes wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens aufgehoben.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Grund und Boden ist keine vertretbare Sache. Man kann nicht einfach 8 Joch Boden kaufen, wie man ein Quantum einer Ware kauft. Grund kann nur Gegenstand eines Kaufvertrages sein, wenn er noch anders als durch Angabe der Flächengröße determiniert ist.

Zu einer solchen Bestimmtheit genügt es, daß der Grund im Eigentum des Verkäufers steht, ihm grundbücherlich zugeschrieben ist. Es kann da jederzeit durch Einsicht in die Mappe die Lage des Gründes in der Natur eindeutig festgestellt werden. Fehlt es aber an einer solchen Beziehung des verkauften Gründes zum Verkäufer, muß sich dieser den Grund erst selbst beschaffen, dann muß er dem Käufer den Grund in der Natur bezeichnen oder sonst irgendwie determinieren. Geschieht das nicht, dann fehlt dem Kaufgegenstand die zu einem verbindlichen Kaufvertrag erforderliche Bestimmtheit oder Bestimmbarkeit.

Bei der Beurteilung des Klagebegehrens unter diesem Gesichtspunkt wird allerdings nicht so sehr die Anfechtbarkeit eines zustande gekommenen Vertrages oder der Rücktritt von einem solchen aus dem Titel des Irrtums in Betracht kommen, sondern vielmehr die Frage, ob - ganz abgesehen von dem von den Klägern behaupteten Vorbehalt, erst nach Errichtung des Vertrages durch einen Notar oder Rechtsanwalt gebunden sein zu wollen - überhaupt mangels Bestimmtheit und Bestimmbarkeit des Kaufobjektes ein verbindlicher Vertrag zustande kommen konnte.

Anmerkung

Z27300

Schlagworte

Grundstück, Bestimmtheit, Kaufgegenstand, Bestimmtheit, Kaufvertrag, Bestimmtheit einer Liegenschaft, Liegenschaft, Bestimmtheit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00714.54.1124.000

Dokumentnummer

JJT_19541124_OGH0002_0030OB00714_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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