TE OGH 1954/12/9 3Ob785/54

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Veröffentlicht am 09.12.1954
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Norm

JN §49 Abs2 Z1
ZPO §235

Kopf

SZ 27/313

Spruch

Im Begehren des Beklagten, die Klage "wegen Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes zurückzuweisen", liegt ein Widerspruch gegen eine über die bezirksgerichtliche Wertgrenze hinausgehende Klagsausdehnung.

Entscheidung vom 9. Dezember 1954, 3 Ob 785/54.

I. Instanz: Bezirksgericht Döbling; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Der Kläger begehrte zunächst einen Betrag von 4000 S als Rechtsanwaltshonorar, im Zuge des Verfahrens erweiterte er das Begehren auf 4373.09 S. Die beklagte Partei beantragte die Zurückweisung wegen sachlicher Unzuständigkeit.

Das Erstgericht faßte keinen Beschluß über die Zulässigkeit der Erweiterung des Klagebegehrens, erkannte vielmehr durch Urteil zu Recht, daß die Beklagte schuldig sei, dem Kläger den Betrag von 4373.09 S zu bezahlen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Beklagten Folge, hob das Ersturteil auf, wies das Klagebegehren mit dem den Betrag von 4000 S übersteigenden Teilbetrag zurück und verwies die Rechtssache im Umfange des Begehrens von 4000 S an das Erstgericht zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung zurück. Es führte aus, daß eine Klagsausdehnung, durch die die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes ausgeschlossen wird (§ 235 Abs. 1 ZPO.), nicht zugelassen werden durfte und daher das Klagebegehren in diesem Umfange zurückgewiesen werden mußte. Im übrigen hielt es den Sachverhalt für noch nicht genügend geklärt.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs gegen die Zurückweisung der Klage hinsichtlich des den Betrag von 4000 S übersteigenden Begehrens keine Folge.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der Rekurswerber führt aus, daß sich die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren nicht gegen die Erweiterung des Klagebegehrens ausgesprochen habe, sondern nur aus Anlaß dieser Erweiterung neuerdings die sachliche Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes eingewendet hätte. Von Amts wegen dürfte aber das Berufungsgericht die Unzuständigkeit nicht aufgreifen, weil es sich um keine Unzuständigkeit handelt, die durch ausdrückliche Vereinbarung der Parteien nicht hätte beseitigt werden können, so daß der Nichtigkeitsgrund des § 477 Abs. 1 Z. 3 ZPO. nicht gegeben gewesen sei.

Nun ist es zwar richtig, daß die Beklagte sich nicht ausdrücklich gegen die Zulassung der Klagserweiterung ausgesprochen hat, sondern nach der vorgenommenen Klagserweiterung "neuerdings Zurückweisung wegen Unzuständigkeit des Bezirksgerichts" begehrte. Darin liegt aber jedenfalls auch bereits ein beachtlicher Widerspruch gegen die Zulässigkeit der Klagserweiterung, weil die Unzulässigkeit in der Überschreitung der sachlichen Zuständigkeit des Bezirksgerichts gelegen war und der Antrag der Beklagten keineswegs danebenging, wenn sie die Zurückweisung wegen Unzuständigkeit begehrte. Der Erweiterung des Klagebegehrens stand die Zuständigkeitsvorschrift des § 49 Z. 1 JN. im Zusammenhang mit der Bestimmung des § 235 Abs. 1 ZPO. entgegen (Entscheidung d. OGH. vom 9. Mai 1933, GH. 1933, S. 104, vom 10. Juli 1934, JBl. 1934, S. 417 und vom 4. November 1953, 1 Ob 859/53).

Per Rekurswerber macht dem Berufungsgericht außerdem einen Widerspruch zum Vorwurf, der eine Nichtigkeit nach § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO. begrunden soll, weil einerseits auf die rechtskräftige Entscheidung über die Zuständigkeit des Gerichtes hin- Bewiesen wurde, anderseits aber trotz dieser Entscheidung, durch die das Bezirksgericht für die Gerichtshofssache zuständig geworden ist, die Erweiterung des Klagebegehrens unter Hinweis auf § 235 Abs. 1 ZPO. nicht zugelassen wurde. Von einer Nichtigkeit nach § 477 Abs. 1 Z. 9 ZPO. kann aber schon deshalb nicht gesprochen werden, weil eine solche nur vorliegt, wenn der Spruch der angefochtenen Entscheidung mit sich selbst in Widerspruch ist. Das ist aber nicht der Fall. Es liegt aber auch keine mangelhafte Begründung vor. Die Einrede der sachlichen Unzuständigkeit des Bezirksgerichtes war vom Erstgericht zurückgewiesen worden und dieser Beschluß vom Rekursgericht mit der Begründung bestätigt worden, daß sich die Beklagte bereits in den Streit eingelassen hatte und deshalb die Einrede verwirkt habe. Damit war die Zuständigkeit des Bezirksgerichtes aber nicht schon nach der Wertgrenze für die Gerichtshofsache zuständig geworden, weil das ursprüngliche Begehren die Wertgrenze von 4000 S nicht überstiegen hatte. Es war dem Beklagten damit nur die Einrede abgeschnitten worden, daß die Gesamtforderung die Wertgrenze überstieg und deshalb nach § 55 zweiter Satz JN. der Gerichtshof für die innerhalb der bezirksgerichtlichen Wertgrenze liegende Streitsache zuständig gewesen wäre. Die Beklagte konnte aber weiterhin jede Erweiterung des Klagebegehrens über die Wertgrenze von 4000 S hinaus erneut bekämpfen. Unabhängig von den diesbezüglichen Erklärungen der Beklagten durfte das Bezirksgericht eine Klagserweiterung, die die zulässige Wertgrenze überstieg, nicht zulassen. Da mit Rücksicht auf den sofortigen Widerspruch der Beklagten auch ein Einverständnis der Beklagten mit einer solchen Klagserweiterung keineswegs angenommen werden konnte, hatte das Berufungsgericht mit Recht das erweiterte Klagebegehren zurückgewiesen.

Anmerkung

Z27313

Schlagworte

Klagsänderung Widerspruch, Klagsausdehnung, Widerspruch, Wertgrenze, Klageausdehnung über -, Widerspruch, Widerspruch gegen Klagsausdehnung

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00785.54.1209.000

Dokumentnummer

JJT_19541209_OGH0002_0030OB00785_5400000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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