Norm
Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb §25Kopf
SZ 27/318
Spruch
Für die Beurteilung des Umstandes, ob in einem Fall unlauteren Wettbewerbes die Urteilsveröffentlichung notwendig ist, ist der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend.
Das Ausmaß der Veröffentlichung und der damit zu erzielenden Aufklärung hängt von dem Ausmaß der irreführenden Reklame ab.
Entscheidung vom 15. Dezember 1954, 3 Ob 758/54.
I. Instanz: Handelsgericht Wien; II. Instanz: Oberlandesgericht Wien.
Text
Die beklagte Partei war Generalrepräsentantin der AUSTIN Motor und hatte als Vertreter das Alleinverkaufsrecht der Erzeugnisse und Ersatzteile der genannten Gesellschaft für Österreich seit einigen Jahren.
Nach dem zuletzt am 31. Jänner 1952 zwischen der Beklagten und AUSTIN abgeschlossenen Vertretungsvertrag umfaßte das Vertretungsverhältnis die Zeit vom 1. August 1951 bis 31. Juli 1952.
Mit Schreiben vom 1. Juli 1952 bestätigte AUSTIN der Klägerin, daß diese mit dem Vertrieb der von AUSTIN hergestellten Personenwagen, Nutzfahrzeugen und Lastkraftwagen betraut sei, daß der Vertretungsvertrag für die neue AUSTIN-Saison, beginnend am 1. August 1952, der Klägerin binnen kurzem zugehen werde und daß ihr Alleinverkaufsrecht am 17. September 1952 in Kraft trete. In der Zwischenzeit, vom 1. Juli 1952 bis 17. September 1952, arbeite die Klägerin mit dem scheidenden Vertreter, dem Beklagten. Die Klägerin erhielt dann auch von AUSTIN einen schriftlichen Generalvertretungsvertrag für die Zeit vom 1. August 1952 bis 31. Juli 1953, der dann für ein weiteres Jahr erneuert wurde.
Unbestritten ist, daß im Amtlichen Telephonbuch 1953, 1. Teil, Namensverzeichnis, Eintragungen enthalten sind, die den Beklagten als Generalrepräsentanten von AUSTIN bezeichnen.
Gleichlautende Eintragungen bestanden nach der Behauptung der Beklagten schon in den Telefonbüchern 1948 bis 1952.
Außer Streit steht, daß eine Änderung dieser Eintragungen bis 30. November 1952 für das Telephonbuch 1953 möglich gewesen wäre, von der Beklagten aber bei der Post- und Telegraphendirektion für Wien nicht beantragt worden ist.
Das Erstgericht hat mit dem Urteil die beklagte Partei verurteilt, es bei Exekution zu unterlassen, sich im geschäftlichen Verkehr als Generalrepräsentant von "The AUSTIN" zu bezeichnen; es wurde der klagenden Partei ferner die Befugnis zugesprochen, das Urteil auf Kosten der beklagten Partei in der "Wiener Zeitung", im "Neuen Österreich" und in den "Salzburger Nachrichten" zu veröffentlichen.
Die Berufung der beklagten Partei blieb erfolglos. Das Ersturteil wurde vom Berufungsgericht mit der Maßgabe bestätigt, daß sich die zugelassene Urteilsveröffentlichung nur auf den Urteilsspruch beziehe.
Die Revision der beklagten Partei hatte keinen Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Das Urteil des Erstgerichtes umfaßt zwei Punkte: Es spricht ab über das Unterlassungsbegehren und über das Veröffentlichungsbegehren.
Auf die Ausführungen der Revision, die gegen die Bestätigung des Ersturteils im ersten Punkt gerichtet sind, braucht nicht eingegangen zu werden. Denn, worauf schon das Berufungsgericht hingewiesen hat, hat die beklagte Partei im erstinstanzlichen Verfahren das Unterlassungsbegehren anerkannt und hat dessen Abweisung nicht beantragt.
Der sachlichen Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof unterliegt daher nur die Bestätigung des Erkenntnisses der ersten Instanz durch das Berufungsgericht, soweit diese das Veröffentlichungsbegehren betrifft.
In dieser Beziehung kann die Revision aber nicht als begrundet erachtet werden.
Der Zweck der Veröffentlichung des Urteiles ist im vorliegenden Fall die Aufklärung der durch die Nichtverhinderung der bisherigen Einschaltung, also der Beibehaltung der bisherigen Einschaltung im Telephonbuch 1953 bewirkten Irreführung des Publikums über die Eigenschaft des Beklagten als Generalrepräsentanten von AUSTIN. Für die Beurteilung des Umstandes, ob die Urteilsveröffentlichung notwendig ist, ist der Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz maßgebend. Der Auffassung der beklagten Partei, daß eine Veröffentlichung nicht mehr zweckdienlich sein könne, weil die Telefonbücher 1953 nicht mehr in Gebrauch stehen, kann nicht gefolgt werden. Es kommt darauf an, ob die durch die Einschaltung im Telephonbuch 1953 bereits bewirkte Irreführung des Publikums noch fortwirken kann. Dies aber ist unbedingt zu bejahen.
Das Ausmaß der Veröffentlichung und der damit zu erzielenden Aufklärung hängt von dem Ausmaß der irreführenden Reklame ab. Nun läßt sich aber schon in Anbetracht des Benützerkreises kaum eine weitergehende Reklame denken als eine Einschaltung im Telephonbuch. Während beispielsweise die Folge einer Zeitung oder Zeitschrift bereits mit dem Erscheinen der nächsten Nummer ihre Aktualität einbüßt, wird im Telephonbuch während der Zeit, da es aufliegt, also während eines ganzen Jahres, nachgeschlagen. Aus diesen Erwägungen kann die auf den Urteilstenor beschränkte Veröffentlichung in drei Zeitungen nicht als unangebracht angesehen werden.
Veröffentlicht kann nur das Urteil werden; es kann daher gemäß § 25 UWG. nicht etwas anderes, als was der Urteilsspruch enthält, bekanntgemacht werden, daher auch nicht eine nicht in den Urteilsspruch aufgenommene Darstellung des Sachverhaltes.
Für die Behauptung der beklagten Partei, daß die ihr durch die Veröffentlichung erwachsenden Nachteile in einem Mißverhältnis stunden zu dem mit der Veröffentlichung verbundenen Vorteil der klagenden Partei hat die beklagte Partei im erstinstanzlichen Verfahren Beweise nicht angeboten, so daß diese Behauptung nicht überprüft werden kann, sie vielmehr als Neuerung zu behandeln ist.
Anmerkung
Z27318Schlagworte
Schluß der mündlichen Verhandlung, Unlauterer Wettbewerb, Urteilsveröffentlichung, Urteilsveröffentlichung unlauterer Wettbewerb, Verhandlung, Schluß der mündlichen -, Wettbewerb UrteilsveröffentlichungEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0030OB00758.54.1215.000Dokumentnummer
JJT_19541215_OGH0002_0030OB00758_5400000_000