Norm
Arbeitsgerichtsgesetz §1Kopf
SZ 27/322
Spruch
Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes für Klagen eines angestellten Pharmazeuten gegen die Pharmazeutische Gehaltskasse für Österreich.
Entscheidung vom 21. Dezember 1954, 4 Ob 176/54.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wien; II. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.
Text
Die Klägerin, die angestellte Apothekerin des Nebenintervenienten war, begehrt von der beklagten Pharmazeutischen Gehaltskasse für Österreich die Bezahlung der Kündigungsentschädigung für die Zeit vom 20. Oktober 1952 bis 31. März 1953, der Abfertigung für vier Monate und eines Vier-Zwölftel-Anteiles am gebührenden dreizehnten Monatsgehalt des Jahres 1953 im Gesamtbetrage von 24.882 S mit der Begründung, daß sie vom Nebenintervenienten am 20. Oktober 1952 grundlos entlassen worden sei.
Das Erstgericht (Arbeitsgericht) sprach der Klägerin an Abfertigung und aliquotem Anteil an der Weihnachtsremuneration 11.154 S zu und wies das restliche Begehren von 13.728 S ab. Gleichzeitig wurden die vom Nebenintervenienten geltend gemachten Gegenforderungen zurückgewiesen.
Infolge Berufung beider Teile bestätigte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil im stattgebenden Teil und änderte es im abweisenden Teil dahin ab, daß der Klage vollständig stattgegeben wurde.
Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß der Revision des Nebenintervenienten die Urteile der Untergerichte und deren Verfahren als nichtig auf und wies die Klage zurück.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß § 4 des ArbGerG. hatte der Oberste Gerichtshof zunächst die sachliche Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes zu prüfen. Als Dienstgeber des in einer Apotheke Angestellten ist nicht die Gehaltskasse (Gehaltskassengesetz BGBl. Nr. 23/1928), sondern der Eigentümer oder Pächter der Apotheke anzusehen (SZ. VI/100). Der § 7 des Gesetzes vom 30. Juli 1919, StGBl. Nr. 410, hat bestimmt, daß Ansprüche des Dienstnehmers auf Zahlung des Entgeltes nach § 1 gegen die Gehaltskasse im ordentlichen Rechtswege geltend zu machen sind. Die Klage ist bei dem sachlich zuständigen Gerichte anzubringen, in dessen Sprengel sich die vom Dienstgeber betriebene Apotheke befindet. § 7 des Gehaltskassengesetzes BGBl. Nr. 23/1928 hat nur die Änderung getroffen, daß die Klage beim sachlich zuständigen Gerichte am Sitze der Gehaltskasse einzubringen ist. Diese Sonderregelung wird durch die im Gewerbegerichtsgesetze vom 5. April 1922, StGBl. Nr. 229, im Gewerbegerichtsgesetz 1943 und im Arbeitsgerichtsgesetze vom 24. Juli 1946, BGBl. Nr. 170, getroffene allgemeine Regelung nicht berührt. Hiefür spricht auch, daß im § 14 des Bauarbeiterurlaubsgesetzes vom 20. März 1946, BGBl. Nr. 81, die sachliche Zuständigkeit in analoger Weise geordnet ist. Von der Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes ist in der genannten Sondernorm keine Rede. Daß der Gesetzgeber in der Zuständigkeitsfrage die Pharmazeutische Gehaltskasse und die Urlaubskasse der Bauarbeiter einer verschiedenen Behandlung unterziehen wollte, ist auszuschließen, da für eine solche Annahme kein Anhaltspunkt vorliegt.
Mangels Zuständigkeit des Arbeitsgerichtes war die Klage unter Nichtigerklärung des Verfahrens und Aufhebung der Urteile der Untergerichte zurückzuweisen.
Anmerkung
Z27322Schlagworte
Arbeitsgericht Pharmazeuten, Gehaltskasse, pharmazeutische -, Arbeitsgericht, Pharmazeuten, Arbeitsgericht, Unzuständigkeit des Arbeitsgerichtes für angestellte PharmazeutenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1954:0040OB00176.54.1221.000Dokumentnummer
JJT_19541221_OGH0002_0040OB00176_5400000_000