Norm
Arbeitsgerichtsgesetz §25Kopf
SZ 28/4
Spruch
Wurde üben einen mit Klage geltend gemachten Anspruch in erster Instanz versehentlich nicht entschieden, so kann im arbeitsgerichtlichen Berufungsverfahren das Klagebegehren auf dieses Begehren ausgedehnt werden.
Entscheidung vom 11. Jänner 1955, 4 Ob 202/54.
I. Instanz: Arbeitsgericht Wiener Neustadt; II. Instanz:
Kreisgericht Wiener Neustadt.
Text
Die klagende Partei machte als Überweisungsgläubigerin auf Grund des zwischen dem Nebenintervenienten und der beklagten Partei bestandenen Dienstverhältnisses die Forderung auf Zahlung eines Entgeltes von 20.747 S 35 g samt 4% Zinsen seit dem Klagstage, d. i. dem 28. März 1952, geltend. Das Arbeitsgericht verurteilte zur Zahlung von 20.347 S 35 g. Über das Zinsenbegehren traf das Arbeitsgericht keine Entscheidung.
Berufung wurde nur von der beklagten Partei erhoben. Der Antrag des Nebenintervenienten, das Urteil in Ansehung des Zinsenbegehrens zu berichtigen, wurde vom Arbeitsgerichte als ein verspäteter Antrag auf Fällung eines Ergänzungsurteiles zurückgewissen. In der Begründung des Zurückweisungsbeschlusses, führte das Arbeitsgericht aus, daß die Entscheidung über das Zinsenbegehren versehentlich unterblieben sei.
In der Berufungsverhandlung wiederholte die klagende Partei das Zinsenbegehren.
Das Berufungsgericht gab der Berufung der beklagten Partei keine Folge. Das in zweiter Instanz gestellte Zinsenbegehren wertete es als eine Klagsausdehnung, und es ergänzte das Urteil des Arbeitsgerichtes dahin, daß es der klagenden Partei 4% Zinsen aus 20.347 S 35 g seit 5. April 1952 (dem Tage der Klagsbehändigung) zusprach und das Zinsenmehrbegehren abwies.
Gegen das Urteil des Berufungsgerichtes machte die beklagte Partei die Revisionsgrunde nach § 503 Z. 1 und 2 ZPO. mit dem Antrage geltend, den Zinsenzuspruch als nichtig und das Urteil im übrigen wegen Mangelhaftigkeit des Verfahrens aufzuheben. Zur Nichtigkeit führte die Beklagte unter Hinweis auf § 411 ZPO. aus, die Nichterledigung des Zinsenbegehrens sei in Rechtskraft erwachsen. Dies schließe eine neuerliche Geltendmachung im Wege der Klagsausdehnung aus.
Die Revision hatte keinen Erfolg.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Wird über einen mit Klage geltend gemachten Anspruch versehentlich im Urteil nicht entschieden, so kann entweder ein Ergänzungsurteil beantragt oder die nicht vollständige Erledigung mit Berufung angefochten werden (SZ. XIII 65). Wenn der Kläger weder zeitgerecht ein Ergänzungsurteil beantragt noch Berufung erhebt, so erlischt die Streitanhängigkeit und steht es dem Kläger frei, nunmehr den nicht mehr erledigten Anspruch neuerlich mit Klage geltend zu machen. Im arbeitsgerichtlichen Verfahren kann der Kläger die teilweise Nichterledigung der Klage entweder bereits in der Berufung geltend machen oder im Zuge des Berufungsverfahren das Klagebegehren ausdehnen. Der Kläger hat den letztangeführten Weg eingeschlagen. Das entsprach dem Gesetz. Es liegt daher eine Nichtigkeit nicht vor.
Anmerkung
Z28004Schlagworte
Arbeitsgericht Klagsausdehnung im Berufungsverfahren, Berufungsverfahren, arbeitsgerichtliches -, Klagsausdehnung, Klagsausdehnung arbeitsgerichtliches BerufungsverfahrenEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1955:0040OB00202.54.0111.000Dokumentnummer
JJT_19550111_OGH0002_0040OB00202_5400000_000