Norm
Handelsagentengesetz §6Kopf
SZ 28/38
Spruch
Durch die bloße Mitteilung einer dem Auftraggeber bereits bekannten Abschlußgelegenheit entsteht noch kein Provisionsanspruch des Vermittlers. Die Tätigkeit des Vermittlers muß vertragsfördernd sein.
Zur Verbindlichkeit von gesetzlichen Dispositivvorschriften entgegenstehenden Handelsbräuchen ist die ausdrückliche Unterwerfung der Parteien unter diese erforderlich.
Entscheidung vom 9. Februar 1955, 3 Ob 52/55.
I. Instanz: Bezirksgericht Ried im Innkreis; II. Instanz:
Kreisgericht Ried im Innkreis.
Text
Der Kläger begehrt die Zahlung von 2910 S als Vermittlungshonorar mit der Begründung, er sei vom Beklagten mit der Vermittlung des Verkaufes eines Liegenschaftsbesitzes beauftragt worden. Er habe den Kaufinteressenten Alfred B. schriftlich an den Beklagten gewiesen und ihm eine genaue Beschreibung des in Frage stehenden Grundbesitzes übergeben. Der Beklagte habe die Liegenschaft an den genannten Interessenten um 97.000 S verkauft. Es sei daher die 3%ige Provision fällig geworden.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren vorerst ab. Der Käufer habe ohne Zutun des Klägers von den Verkaufsabsichten des Beklagten erfahren, die Tätigkeit des Klägers habe nur in der Bekanntgabe des voraussichtlichen Kaufpreises bestanden, zu einer Zeit, als schon Verkaufsverhandlungen stattgefunden hatten. Der Kläger habe daher diesen Verkauf nicht vermittelt.
Das Berufungsgericht hob dieses Urteil auf, weil zur Entstehung der Provisionspflicht unter der Voraussetzung des nachfolgenden Kaufabschlusses die bloße Nachweisung der Kaufgelegenheit ohne besondere Zuführung oder sonstige Vermittlungstätigkeit notwendig sei. Die Tätigkeit des Vermittlers müsse aber kausal und verdienstlich im Sinne der Zurechnungstheorie sein. Ob die Tätigkeit nach den bestehenden Usancen im Realitätenvermittlungsgewerbe für die Entstehung des Provisionsanspruches hinreichend war, sei durch Vernehmung eines Sachverständigen klarzustellen.
Im neuen Urteil stellte das Erstgericht fest, daß der Anspruch des Klägers zu Recht, die eingewendete Gegenforderung des Beklagten nicht zu Recht bestehe, der Beklagte daher schuldig sei, den eingeklagten Betrag zu bezahlen. Der Beklagte habe den Kläger mit Vertrag vom Juni 1952 mit der Vermittlung eines geeigneten Käufers für die Liegenschaft beauftragt. Im August 1952 sei Alfred B. durch Hermann A. in Kenntnis gesetzt worden, daß der Beklagte die Liegenschaft zu verkaufen habe. Am 8. September 1952 sei es nach einer vorhergegangenen Besichtigung der Liegenschaft zu einer informativen Besprechung zwischen dem Beklagten und Alfred B. gekommen, bei welcher der Beklagte 118.000 S bis 120.000 S als Kaufpreis begehrte. Zu einer bindenden Vereinbarung sei es deshalb nicht gekommen, weil die Möglichkeit der Übernahme einer Hypothek noch nicht klargestellt gewesen sei. Einige Tage später habe Alfred B. von Hermann A. erfahren, daß der Kläger die Liegenschaft um 90.000 S, anbiete. Alfred B. fragte darauf am 18. September 1952 zuerst, telefonisch und dann schriftlich beim Kläger an, in der Absicht, sich über die Höhe des Kaufpreises zu informieren. Die Verständigung des Klägers sei telefonisch und sodann schriftlich erfolgt. Am 15. Oktober 1952 seien die Verkaufsverhandlungen fortgesetzt worden, bei welchen eine Einigung über den Kaufpreis mit 117.000 S erfolgt sei. Alfred B. habe sich ein Rücktrittsrecht vorbehalten, von diesem habe er am 31. Oktober 1952 Gebrauch gemacht und gleichzeitig einen neuen Antrag auf 93.000 S gestellt, was vom Beklagten abgelehnt worden sei. Am 6. November 1952 habe Alfred B. 95.000 S geboten, worauf am 10. November 1952 der Kaufvertrag geschlossen worden sei. Nach dem Sachverständigengutachten habe der Kläger den Anspruch auf Provision in der vereinbarten Höhe erworben, weil der Kläger auf Grund der Anfrage des Alfred B. Details über das Verkaufsobjekt, bekanntgegeben habe und diese Angaben des Klägers kausal für das Zustandekommen des Kaufes unter den festgestellten Bedingungen gewesen seien. Hingegen stehe dem Beklagten ein Schadenersatzanspruch wegen des niedrigen Preises infolge des Einschaltens des Klägers nicht zu, weil dem Kläger eine Vertragsverletzung nicht zur Last falle.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung; es übernahm die tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes, erkannte, daß die gerügten Mängel des Verfahrens nicht vorliegen, und schloß sich auch im wesentlichen der erstgerichtlichen Rechtsansicht an.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten Folge und wies das Klagebegehren ab.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Die Frage, ob der Provisionsanspruch durch bloße Namhaftmachung des Kaufinteressenten - unter der Voraussetzung des nachträglichen Kaufabschlusses - entsteht, bedarf im vorliegenden Fall keiner weiteren Erörterung. Nach den tatsächlichen Feststellungen des Erstgerichtes hat der Kläger mit dem späteren Käufer erst Verbindung aufgenommen, als zwischen dem Käufer und Verkäufer bereits Verkaufsverhandlungen stattgefunden hatten. Als der Kläger dem Auftraggeber Alfred B. als Kaufinteressenten schickte, war also dem Beklagten dieser Kaufinteressent bereits bekannt. Teilt aber der Vermittler dem Auftraggeber eine Abschlußgelegenheit mit, die diesem im Zeitpunkte der Mitteilung schon bekannt war, so hat der Vermittler nicht, nachgewiesen und kann schon aus diesem Gründe die Provision nicht fordern.
Es ist daher nur zu prüfen, ob der Kläger eine Vermittlungstätigkeit ausgeübt hat, die einen Provisionsanspruch für ihn begrundete. Nach der herrschenden Praxis (2 Ob 117/52, 2 Ob 470/52, 1 Ob 864/53) ist die Provision verdient, wenn der Vermittler das Zustandekommen des abgeschlossenen Vertrages durch eine im Sinne des Mäklervertrages liegende Tätigkeit in subjektiv verdienstlicher Weise gefördert hat, ihm also das Zustandekommen des Vertrages insoweit zum Verdienste zugerechnet werden kann.
Im vorliegenden Fall ist nun festgestellt, daß zwischen den Parteien ein Vermittlungsvertrag laut Beilage B abgeschlossen wurde. Aus dieser Urkunde ergibt sich, daß ein Verkaufspreis von 100.000 S vorgesehen war. Dazu wurde vereinbart, daß bei einem Kaufpreis von über 100.000 S ein Viertel des Mehrerlöses dem Vermittler gehören sollte. Daraus folgt, daß der Kaufpreis nach oben unbegrenzt, nach unten aber mit 100.000 S begrenzt war. Die Tätigkeit des Vermittlers hatte daher darauf gerichtet zu sein, einen Kaufvertrag mit einem Mindestpreis von 100.000 S zu vermitteln.
Festgestellt ist weiters, daß der Kläger dem Kaufinteressenten über dessen Anfrage eine Beschreibung der Liegenschaft geschickt hat. Da in diesem Zeitpunkt dem Kaufinteressenten die Liegenschaft bereits in der Natur bekannt war, war diese Übermittlung entgegen der Meinung des Berufungsgerichtes in keiner Weise vertragsfördernd, daher auch nicht verdienstlich.
Der Kläger hat dem Käufer den Kaufpreis von 100.000 S bekanntgegeben. Daß diese Mitteilung vertragswidrig gewesen wäre, ist dem Akte nicht zu entnehmen, da nicht festgestellt wurde, daß die Nennung der Mindestsumme dem Vermittler untersagt worden wäre. Die Tätigkeit des Vermittlungsagenten - wie oben ausgeführt wurde, kommt eine Namhaftmachung hier nicht in Frage - besteht darin, auf die Entschlußbildung des Vertragsgegners motivierend einzuwirken, und zwar in einem dem Auftraggeber günstigen Sinn. Der Vertragsabschluß muß in einem dem Auftraggeber günstigen Sinne durch den Vermittler gefördert werden. Dies ist aber hier nicht festgestellt. Die Absicht des Kaufinteressenten war lediglich darauf gerichtet, zu erforschen, um welchen Preis der Kläger die Liegenschaft anbiete. Nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes schuf die Preisbekanntgabe des Klägers beim Kaufinteressenten das Limit nach oben, das er zwar in der folgenden Besprechung nicht sofort durchdrücken konnte, was ihm aber später doch gelungen sei. Wird nun bedacht, daß bei der ersten Besprechung der Beklagte einen Kaufpreis von 118.000 S bis 120.000 S nannte und es zu einem Abschluß nur wegen der nicht sichergestellten Übernahmsmöglichkeit bezüglich der Hypothek nicht gekommen ist, der Preis aber vom Interessenten nicht beanständet wurde, daß schließlich trotz der Preismitteilung des Klägers es zu einem Kaufabschluß auf der Basis von 117.000 S gekommen ist, wobei die Herabsetzung des Kaufpreises bereits durch die Preisbekanntgabe des Klägers bewirkt worden war, und daß dann ein Kaufvertrag zu einem Kaufpreis von 95.000 S zustandegekommen ist und hiefür sicherlich auch die Preisbekanntgabe des Klägers entscheidend war, weil ja nach dieser Preisbekanntgabe der Käufer nach den Ausführungen des Berufungsgerichtes nicht mehr über 100.000 S gehen wollte, so kann bei dieser Sachlage nicht gesagt werden, daß die Tätigkeit des Klägers für den Kaufabschluß verdienstlich war. Der Kläger muß sich vielmehr sagen, daß der Beklagte durch sein Eingreifen nicht einen Schritt weitergekommen ist, als er ohne sein Eingreifen gekommen wäre. Wenn der Vermittler mit dem Zustandebringen eines besseren Vertrages beauftragt war und keinen besseren Vertrag zustandebrachte, so ist dies gleichzustellen, als wäre er mit dem Zustandebringen irgendeines Vertrages beauftragt gewesen und hätte einen Vertrag überhaupt nicht zustandegebracht. Daß es schließlich doch zum Vertragsabschluß gekommen ist, ist nicht auf die günstige Tätigkeit des Klägers zurückzuführen, sondern darauf, daß der Beklagte unter die seinerzeit gestellten Bedingungen herabgegangen ist. Der Kläger hat somit indirekt auf die Willensbildung seines Auftraggebers, nicht aber im günstigen Sinne auf die Willensbildung des Vertragsgegners eingewirkt. Unter diesem Gesichtspunkt kann das Handeln des Klägers nicht als verdienstlich für den Vertragsabschluß angesehen werden, so daß ein Provisionsanspruch nicht entstanden ist.
Die Frage, ob auf Grund der festgestellten Tätigkeit des Vermittlers ein Provisionsanspruch entstanden ist oder nicht, ist keine Tatfrage, sondern eine Rechtsfrage. Soweit sich die Gutachten der beiden Sachverständigen daher auf diese Frage beziehen, haben die Sachverständigen ein ihnen nicht zustehendes Rechtsgutachten erstattet, das nicht beachtet werden kann. Sollte aber tatsächlich ein Handelsbrauch bestehen, wonach der Vermittler durch die Bekanntgabe eines Preises allein bereits einen Provisionsanspruch hätte, ohne daß er auf das Zustandekommen des Vertrages verdienstlich einzuwirken hätte, so stunde ein solcher Handelsbrauch der Dispositivvorschrift des § 6 Abs. 1 HAG. entgegen. Handelsbräuche aber, die Dispositivvorschriften des Gesetzes entgegenstehen, sind für die Parteien nur dann verbindlich, wenn sich die Parteien ihnen ausdrücklich unterwerfen. Dies wird hier aber gar nicht behauptet, noch weniger bewiesen.
Da somit ein Provisionsanspruch des Klägers nicht entstanden ist, war das Klagebegehren abzuweisen, ohne daß auf die eingewendete Gegenforderung einzugehen gewesen wäre.
Anmerkung
Z28038Schlagworte
Handelsbräuche, Verhältnis zu gesetzlichen Dispositivnormen, Mitteilung einer Abschlußgelegenheit, Provisionsanspruch, Provisionsanspruch des Vermittlers, Entstehen, Unterwerfung unter Handelsbräuche, Dispositivvorschriften, Usancen Verhältnis zu gesetzlichen Dispositivnormen, Verbindlichkeit von Handelsbräuchen, Verdienstliche Tätigkeit des Vermittlers, Provisionsanspruch, Vermittler, Entstehen des ProvisionsanspruchesEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1955:0030OB00052.55.0209.000Dokumentnummer
JJT_19550209_OGH0002_0030OB00052_5500000_000