TE Vwgh Erkenntnis 2005/3/1 2002/04/0125

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Veröffentlicht am 01.03.2005
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Index

E6J;
L72006 Beschaffung Vergabe Steiermark;

Norm

62001CJ0315 GAT VORAB;
62001CJ0448 EVN VORAB;
LVergG Stmk 1998 §109 Abs1 Z2;
LVergG Stmk 1998 §20 Abs1 Z7;
LVergG Stmk 1998 §21 Abs8 Z2;
LVergG Stmk 1998 §50 Abs1 Z1;
LVergG Stmk 1998 §51;

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Vizepräsident Dr. W. Pesendorfer und die Hofräte Dr. Stöberl, Dr. Rigler, Dr. Bayjones und Dr. Kleiser als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Weiss, über die Beschwerde der S Gesellschaft mbH in G, vertreten durch Dr. Georg-Christian Gass und Dr. Alexander Sutter, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Zimmerplatzgasse 1, gegen den Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Steiermark vom 16. Mai 2002, GZ: VKS S18-2002/20, betreffend Nachprüfung einer Auftragsvergabe (mitbeteiligte Partei: S AG, Zweigniederlassung S, in G, vertreten durch Dr. Werner Mecenovic, Rechtsanwalt in 8010 Graz, Joanneumring 11/IV), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Steiermark Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 991,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid des Vergabekontrollsenates des Landes Steiermark vom 16. Mai 2002 wurde in Stattgebung des Nachprüfungsantrages der mitbeteiligten Partei die Entscheidung der beschwerdeführenden Partei im Vergabeverfahren "Baumeisterarbeiten für das LKH Universitätsklinikum Graz, Erweiterungsbau, Tunnel und Nebenprojekte" der St. GesmbH den Zuschlag zu erteilen, für nichtig erklärt; ebenso die Entscheidung der beschwerdeführenden Partei, in die Ausschreibungsunterlagen das mit 15 % gewichtete Zuschlagskriterium "Referenzen ähnlichen Umfangs der letzten fünf Jahre (Abbrucharbeiten, Baumeisterarbeiten)" aufzunehmen. Begründend wurde im Wesentlichen ausgeführt, in der Ausschreibungsbekanntmachung betreffend die genannte Auftragsvergabe sei als geschätzte Gesamtauftragssumme ohne USt der Betrag von EUR 6,350.000,-- angegeben worden. Unter "geforderte Eignungsnachweise" sei u.a. eine Liste der in den letzten fünf Jahren erbrachten Bauleistungen, der Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung für die wichtigsten Bauleistungen beigefügt werden mussten, verlangt worden. Aus den Bescheinigungen hätte Folgendes hervorzugehen gehabt: Wert der Bauleistung, Zeit und Ort der Bauausführung, ob die Arbeiten den anerkannten Regeln der Technik entsprochen hätten und ob sie ordnungsgemäß ausgeführt worden seien. Weiters seien Zuschlagskriterien wie folgt genannt und gewichtet worden:

Grad Preis 65 %

Grad Lieferfristen 20 %

Grad sonstige Kriterien

Referenzen ähnlichen Umfangs der letzten fünf Jahre

(Abbrucharbeiten, Baumeisterarbeiten) 15 %.

Nach Auffassung der Behörde müsse zwischen projektbezogenen Zuschlagskriterien und bieterbezogenen Eignungskriterien streng unterschieden werden. Dieses Gebot habe die beschwerdeführende Partei vernachlässigt, indem sie Referenzen, mit denen die technische Leistungsfähigkeit des Unternehmens, nicht aber die Qualität des Angebotes bewertet werde, als Zuschlagskriterium aufgestellt habe. Dieses Kriterium sei zur Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes an sich ungeeignet, weil es bieter- und nicht auftragsbezogen sei. Die Aufnahme der Referenzen in die Zuschlagskriterien stelle eine nochmalige Prüfung dar, ob die Eignung des Bieters gewährleistet sei. Nun führe bereits die teilweise Verwendung eines untauglichen Zuschlagskriteriums dazu, dass die Entscheidung des Auftraggebers, dieses Kriterium in die Ausschreibungsunterlagen aufzunehmen, für nichtig zu erklären sei. Daran ändere die Voraussetzung der Nichtigerklärung, dass die rechtswidrige Entscheidung des Auftraggebers für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss sein müsse, nichts. Eine Prüfung durch die Nachprüfungsbehörde, ob sich die Reihung der tatsächlich abgegebenen Angebote ändere, wenn sie einer nochmaligen Bewertung unter Außerachtlassung des rechtswidrigen Zuschlagskriteriums unterzogen würden, sei unzulässig. Diesfalls würden die Angebote nämlich an Hand einer veränderten, den Bietern bei Abgabe ihrer Angebote nicht bekannten Gewichtung von Kriterien bewertet, was aus näher dargelegten Gründen jedenfalls einen schweren Mangel darstelle. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete ebenso wie die mitbeteiligte Partei eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wurde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Die beschwerdeführende Partei erachtet sich ihrem gesamten Vorbringen zufolge durch den angefochtenen Bescheid in den ihr vergabegesetzlich gewährleisteten Rechten verletzt. Sie bringt hiezu im Wesentlichen vor, die Verwendung des Kriteriums "Referenzen ähnlichen Umfanges der letzten fünf Jahre (Abbrucharbeiten, Baumeisterarbeiten)" sei als Zuschlagskriterium zulässig, weil es eine Prognose der Qualität der zu erbringenden Leistungen ermögliche. Es beziehe sich eindeutig auf die nachgefragte Leistung. Dass die mitbeteiligte Partei ebenso wie die St. GmbH zur Durchführung von Abbruch- und Baumeisterarbeiten grundsätzlich geeignet seien, liege auf der Hand. Andernfalls hätte mit Ausscheidung vorgegangen werden müssen. Für die Beurteilung der tatsächlichen Qualität der Leistungserbringung sei aber ein Rückgriff auf bisherige Erfahrungen des Unternehmers durchaus sachgerecht; die Anwendung von "Referenzen ähnlichen Umfangs" sei als Zuschlagskriterium nicht ausgeschlossen. Selbst wenn dieses Kriterium aber kein Zuschlagskriterium sein sollte, hätte von der Behörde geprüft werden müssen, ob der Zuschlag bei rechtmäßiger Vorgangsweise der beschwerdeführenden Partei einem anderen Bieter erteilt worden wäre. Nur wenn sich eine Änderung in der Reihung ergäbe, wäre eine Nichtigerklärung zulässig. Dies sei jedoch wegen des in Bewertung ihrer Angebote sich ergebenden - näher dargestellten - Punkteabstandes zwischen der mitbeteiligten Partei und der St. GmbH keineswegs der Fall. Das beanstandete Kriterium habe daher keinen wesentlichen Einfluss auf den Ausgang des Vergabeverfahrens gehabt. Eine neue Gewichtung der Kriterien hätte durch die belangte Behörde nicht festgesetzt werden müssen, zumal sich an der Gewichtung der Kriterien nichts ändere.

Gemäß § 109 Abs. 1 des im vorliegenden Fall anzuwendenden Steiermärkischen Vergabegesetzes 1998 (StVergG) hat der Vergabekontrollsenat eine im Zuge des Vergabeverfahrens ergangene Entscheidung des Auftraggebers mit Bescheid für nichtig zu erklären, wenn sie

1. im Widerspruch zu den Bestimmungen dieses Gesetzes oder der hiezu ergangenen Verordnungen steht und

2. für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss ist.

Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, die beschwerdeführende Partei habe unzulässigerweise ein Eignungskriterium als Zuschlagskriterium berücksichtigt. Dies habe zur Nichtigerklärung sowohl der Entscheidung der beschwerdeführenden Partei, dieses Kriterium als Zuschlagskriterium in die Ausschreibung aufzunehmen, als auch der Zuschlagsentscheidung zu führen.

Gemäß § 51 StVergG ist der Zuschlag von den Angeboten, die nach dem Ausscheiden übrig bleiben, dem Angebot zu erteilen, das den in der Ausschreibung festgelegten Kriterien am besten entspricht (Bestbieterprinzip).

Vor der Wahl des Angebotes für den Zuschlag hat die vergebende Stelle gemäß § 50 Abs. 1 Z. 1 StVergG auf Grund des Ergebnisses der Prüfung u.a. die Angebote von Bietern auszuscheiden, bei welchen die finanzielle, wirtschaftliche oder technische Leistungsfähigkeit nicht gegeben ist.

Wegen mangelnder technischer Leistungsfähigkeit hat der Auftraggeber Unternehmer von der Teilnahme am Vergabeverfahren gemäß § 20 Abs. 1 Z. 7 StVergG auszuschließen, wenn sie die vom Auftraggeber gemäß § 21 verlangten Nachweise nicht erbringen.

Bei Bauaufträgen kann der Nachweis der technischen Leistungsfähigkeit der Unternehmen gemäß § 21 Abs. 8 Z. 2 StVergG durch eine Liste der in den letzten fünf Jahren erbrachten Bauleistungen, der Bescheinigungen über die ordnungsgemäße Ausführung für die wichtigsten Bauleistungen beizufügen sind, erbracht werden. Aus diesen Bescheinigungen müssen der Wert der Bauleistung, Zeit und Ort der Bauführung, ob die Arbeiten den anerkannten Regeln der Technik entsprachen oder ob sie ordnungsgemäß durchgeführt wurden, hervorgehen.

Nach diesen Bestimmungen ist für den Zuschlag unter den Angeboten, "die nach dem Ausscheiden übrig bleiben", jenes auszuwählen, das den in der Ausschreibung festgelegten Zuschlagskriterien am besten entspricht; der Zuschlag erfolgt, nachdem die Eignung (u.a. technische Leistungsfähigkeit) der Bieter geprüft worden ist. Die Prüfung der Eignung der Unternehmer und die Anwendung der Zuschlagskriterien müssen demnach zwei verschiedene (wenn auch möglicherweise gleichzeitig erfolgende) Vorgänge sein, die unterschiedlichen Regelungen unterliegen (vgl. das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) vom 19. Juni 2003 in der Rechtssache C-315/01, GAT, Slg. 2003, Seite I-06351 und die dort zitierte Judikatur).

Als Zuschlagskriterien kommen nur Kriterien in Betracht, die der Ermittlung des wirtschaftlich günstigsten Angebotes dienen. Die Berücksichtigung eines Kriteriums für die Prüfung der (fachlichen) Eignung der Bieter als Zuschlagskriterium ist unzulässig (vgl. nochmals das zitierte Urteil des EuGH).

Im vorliegenden Fall wurde die Vorlage einer Liste der in den letzten fünf Jahren erbrachten Bauleistungen als Eignungsnachweis gefordert, auftragsähnliche Referenzprojekte in den letzten fünf Jahren jedoch als Zuschlagskriterium festgelegt. Zu Recht ist die belangte Behörde der Auffassung, dass mit diesem Zuschlagskriterium die Eignung der Bieter zur Durchführung des gegenständlichen Auftrags (nochmals) geprüft wird, dass dieses Kriterium aber zur Beurteilung, welches der Angebote von den als geeignet befundenen Bietern das wirtschaftlich günstigste ist, nicht geeignet sei. Referenzen über die von den Bietern anderen Kunden erbrachten Leistungen lassen nämlich gegebenenfalls eine Beurteilung des Bieters und seiner Eignung zur Besorgung von Aufträgen wie den verfahrensgegenständlichen, nicht aber eine - nach objektiven Gesichtspunkten vorzunehmende - Beurteilung des vorgelegten Angebotes zu. Die Berücksichtigung dieses Eignungskriteriums als Zuschlagskriterium stand daher im Widerspruch zum StVergG.

Die beschwerdeführende Partei ist aber auch nicht im Recht, wenn sie sich gegen die Annahme der belangten Behörde wendet, die Berücksichtigung des erwähnten Kriteriums als Eignungskriterium sei für den Ausgang des Vergabeverfahrens von wesentlichem Einfluss gewesen. Sie übersieht nämlich, dass bei der - ihr vor Augen stehenden - Außerachtlassung dieses Kriteriums auch den übrigen Festlegungen der Ausschreibung betreffend die Zuschlagskriterien nicht (mehr) entsprochen würde. Eine Bewertung der Angebote nach den verbleibenden Zuschlagskriterien hätte nämlich zur Folge, dass diese ohne das als rechtswidrig erkannte Zuschlagskriterium notwendigerweise eine andere als die in der Ausschreibung festgelegte Gewichtung gewinnen, weil die Zuschlagskriterien jeweils in ihrer Gesamtheit der Angebotsbewertung die Grundlage geben. Diese Abhängigkeit zwischen dem als rechtswidrig erkannten Zuschlagskriterium und den für die Zuschlagserteilung maßgeblichen übrigen Bestimmungen der Ausschreibung lässt eine (neuerliche) Bewertung der Angebote unter isolierter Anwendung der übrigen Bestimmungen der Ausschreibung nicht zu (vgl. dazu das Urteil des EuGH vom 4. Dezember 2003 in der Rechtssache C-448/01, EVN AG et Wienstrom GmbH). Damit ist aber auch eine - auf diese Bewertung gestützte - Beurteilung, welchen Gang das Verfahren bei Vermeidung der unterlaufenen Rechtswidrigkeit genommen hätte, nicht möglich.

Die belangte Behörde hat daher zu Recht eine im Sinne des § 109 Abs. 1 Z. 2 StVergG relevante Rechtswidrigkeit angenommen.

Die sich somit als unbegründet erweisende Beschwerde war gemäß § 42 Abs. 1  VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003. Wien, am 1. März 2005

Gerichtsentscheidung

EuGH 62001J0315 GAT VORAB
EuGH 62001J0315 GAT VORAB
EuGH 62001J0448 EVN VORAB

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VWGH:2005:2002040125.X00

Im RIS seit

29.03.2005

Zuletzt aktualisiert am

31.10.2011
Quelle: Verwaltungsgerichtshof VwGH, http://www.vwgh.gv.at
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