TE OGH 1955/4/20 7Ob193/55

JUSLINE Entscheidung

Veröffentlicht am 20.04.1955
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Norm

Dienstanweisung für Standesbeamte §112
Personenstandsgesetz §47

Kopf

SZ 28/106

Spruch

Richtige Schreibweise eines Namens im Personenstandsbuch.

Entscheidung vom 20. April 1955, 7 Ob 193/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II. Instanz: Kreisgericht Wels.

Text

Die Bezirkshauptmannschaft W. begehrte die Berichtigung der Schreibweise des Familiennamens von "Schneider" auf "Snaider" mit der Motivierung, daß die Familiennamen in den Personenstandsbüchern so einzutragen seien, wie sie in der Geburtsurkunde aufscheinen. Die gemäß § 47 Abs. 2 PersStG. vernommene Maria Schneider, die Mutter des ins Geburtenbuch Eingetragenen, erklärte sich mit der beantragten Berichtigung nicht einverstanden, weil sich ihr Vater und ihr Großvater mit dem Familiennamen "Schneider" geschrieben hätten. Bei "Snaider" handle es sich nur um eine slawisierte Schreibweise.

Das Erstgericht hat den Berichtigungsantrag abgewiesen. Es sei, so führte es aus, klar ersichtlich, daß die Schreibweise in er jugoslawischen Geburtsmatrik lediglich eine Entdeutschung von "Schneider" darstelle. Es widerspreche der Absicht des Gesetzgebers und einer "gesunden bevölkerungspolitischen Auffassung, die vorgenommene Slawisierung in unseren Lebenskreis zu übertragen". Die Übernahme der Slawisierung würde auch zu einem personenstandsrechtlichen Chaos führen.

Dem Rekurs der Bezirkshauptmannschaft W. hat das Rekursgericht im wesentlichen mit folgender Begründung keine Folge gegeben: das in den §§ 45 ff. PersStG. geregelte Matrikenberichtigungsverfahren habe der Feststellung der richtigen Schreibweise eines Namens zu dienen. Nun gebe die Kindesmutter selbst an, ihr Vater und Großvater hätten sich "Schneider" geschrieben. Auch bei dem in der vorliegenden Abschrift der Geburtsurkunde enthaltenen Namen handle es sich offenbar um denselben Namen, der lediglich in kroatischer Schreibweise geschrieben sei. Da nun die Eintragung in das Geburtenbuch des Standesbeamten in deutscher Sprache und Schrift zu erfolgen habe und die deutsche Schrift ein Schriftzeichen "S" nicht kenne, sondern dieser Laut den deutschen Buchstaben "SCH" entspreche, könne mit Recht nur der Name Schneider mit "SCH" in der deutschen Schreibweise eingetragen werden. Derselbe Vorgang sei auch dann einzuhalten, wenn dem Matrikenführer Urkunden in cyrillischer oder in anderer, nicht lateinischer Schrift vorliegen. Wenn er auf Grund dieser Urkunden Eintragungen vorzunehmen habe, so könne er die einzelnen Schriftzeichen auch nur mit den entsprechenden deutschen Schriftzeichen wiedergeben. Dies habe auch im vorliegenden Falle zu gelten, in dem es sich überdies um den deutschen Namen "Schneider" handle. Daß die kroatische Schreibweise dieses Namens schwanke und einmal mit "ai", das andere Mal mit "ei" erfolge, ergebe sich aus dem Beglaubigungsvermerk auf der Rückseite der Urkunde. Die Eintragung in der Geburtsurkunde des Standesbeamten W. vom 20. Dezember 1954 entspreche daher der richtigen deutschen Schreibweise, so daß für eine Berichtigung dieser Eintragung kein Anlaß bestehe. Für eine Namensänderung sei im vorliegenden Fall auch kein Platz, da es sich ganz offensichtlich um einen und denselben Namen handle, den der kroatische Matrikenführer mit den Buchstaben seiner Sprache eintrug, den aber ebenso der hiesige Standesbeamte in deutscher Schrift eintragen könne, zumal der Name früher immer so geschrieben worden sei, wie sich aus der Aussage der Auskunftsperson ergebe.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Bezirkshauptmannschaft W. Folge und bewilligte deren Berichtigungsantrag.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Die Ausführungen der Beschwerde gipfeln darin, daß der Gesetzgeber im § 112 der Dienstanweisung für Standesbeamte ausdrücklich bestimmt habe, die Familiennamen seien in die Personenstandsbücher nach den maßgeblichen Urkunden der letzten Jahrzehnte einzutragen. Der Standesbeamte dürfe sich bei den Eintragungen der Familiennamen nicht von bevölkerungspolitischen Motiven leiten lassen, für ihn sei nur die Schreibweise des Familiennamens, wie sie in der maßgeblichen Urkunde aufscheine, bestimmend. Es würde zu einem personenstandsrechtlichen Chaos führen, wenn man sich an diese Bestimmung der Dienstanweisung nicht hielte. Im Erlaß vom 19. Mai 1954, Zl. 48.936-9/54, vertrete das Bundesministerium für Inneres, die oberste Aufsichtsbehörde in Personenstandsangelegenheiten, ebenfalls den Standpunkt, daß sich der Name, den jemand zu führen hat, nach der Eintragung in das Personenstandsbuch (Standesregister, Matrik) bestimme. Dieser sei so lange zu führen, bis eine Änderung des Namens eingetreten ist oder die unrichtige Eintragung feststeht. Maßgebend für die Führung und Schreibweise des Namens sei daher die Eintragung im Geburtenbuch (Geburtregister, Matrik). Da in der vorgelegten Geburtsurkunde die Schreibweise des Familiennamens "Snaider" aufscheine, sei dies die einzig richtige Schreibweise dieses Namens. Die vom angefochtenen Beschluß geäußerte Ansicht stehe im Widerspruch zu § 112 Abs. 4 Satz 1 der Dienstanweisung, der bestimme, daß Namen fremden Ursprungs mit den der fremden Sprache eigentümlichen Schriftzeichen (Akzent, Häkchen usw.) zu schreiben seien. Nur jene Namen fremden Ursprungs seien nach ihrem Klang und den Lautregeln der deutschen Rechtschreibung zu schreiben, deren Sprache die lateinischen Schriftzeichen nicht kenne. Da die Schriftzeichen nur aus der Geburtsurkunde ersehen werden können, könne für die Eintragung der Schreibweise des Familiennamens in die Personenstandsbücher nicht die Schreibweise maßgebend sein, die von den betreffenden Namensträgern angegeben werde. Der angefochtene Beschluß gehe an der entscheidenden Frage mit dem Hinweis auf § 2 Abs. 1 der ersten Ausführungsverordnung zum Personenstandsgesetz vorbei, demzufolge die Personenstandsbücher in deutscher Sprache zu führen seien.

Obwohl es sich um eine bestätigende Entscheidung des Rekursgerichtes handelt, ist die Beschwerde an den Obersten Gerichtshof auch außer dem Falle einer offenbaren Gesetzwidrigkeit oder Aktenwidrigkeit der Entscheidung oder einer begangenen Nullität statthaft, weil § 49 PersStG. der Aufsichtsbehörde, über den Rahmen des § 16 AußStrG. hinausgehend, in jedem Falle ein Beschwerderecht einräumt (SZ. XXV 205). Die untergerichtlichen Entscheidungen stehen in der Tat in offensichtlichem Widerspruch zu § 112 DA., der die Absicht des Gesetzgebers in unmißverständlicher Weise wiedergibt. Danach hat der Standesbeamte mit besonderer Sorgfalt darauf zu achten, daß Vor- und Familiennamen richtig, vollständig und deutlich eingetragen werden. Ein Familienname ist so zu schreiben, wie er in maßgebenden Urkunden der letzten Jahrzehnte geschrieben ist. Bei Umlauten ist zwischen der Schreibart ä und ae, ö und oe, ü und ue zu unterscheiden. Ist der Familienname in früheren Urkunden mit ß geschrieben worden, so muß diese Schreibweise beibehalten werden, er darf also nicht mit ss geschrieben weiden. Umgekehrt darf auch ein bisher mit ss geschriebener Familienname, nicht mit ß geschrieben werden. Besteht eine Verschiedenheit, so haben die Eintragungen in einem inländischen Personenstandsbuch oder Standesregister den Vorzug vor anderen Urkunden. Ist ein Name fremden Ursprungs, so ist er mit den der fremden Sprache eigentümlichen Schriftzeichen (Akzent, Häkchen usw.) zu versehen. Das gilt jedoch nicht, wenn für die betreffende fremde Sprache andere als lateinische Schriftzeichen verwendet werden; in diesem Falle ist der Name nach seinem Klang und den Lautregeln der deutschen Rechtschreibung zu schreiben.

Gegebenenfalls weist der Name der Mutter des am 26. September 1954 von ihr geborenen Knaben mit dem Vornamen Johann in der von ihr vorgelegten Geburtsurkunde mit lateinischen Schriftzeichen die Schreibweise "Snaider" auf. Nur wenn für die fremde Sprache andere als lateinische Schriftzeichen (etwa cyrillische, chinesische oder türkische) verwendet werden, ist der Name nach seinem Klang und den Lautregeln der deutschen Rechtschreibung zu schreiben. Der Beschwerde ist daher zuzustimmen, wenn sie die vom angefochtenen Beschluß vertretene gegenteilige Auffassung als irrig bezeichnet. Ob es sich bei der Schreibweise in der vorgelegten Urkunde um eine Slawisierung handelt oder um eine von den Eltern des zur Geburt Registrierten gewählte Schreibweise, muß dabei außer Betracht bleiben.

Aus dem Gesagten ergibt sich; daß die vom Standesbeamten ohne urkundliche Unterlage vorgenommene Eintragung des Familiennamens im Geburtenbuch in der Schreibweise "Schneider", wie sich nachträglich durch Vorlage der Urkunde der Kindesmutter herausstellte, unrichtig war, der Berichtigungsantrag der Bezirkshauptmannschaft W. daher gerechtfertigt erscheint.

Anmerkung

Z28106

Schlagworte

Namen, Schreibweise im Personenstandsbuch, Personenstandsbuch, Schreibweise eines Namens, Schreibweise eines Namens im Personenstandsbuch, Standesbeamter Schreibweise eines Namens

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0070OB00193.55.0420.000

Dokumentnummer

JJT_19550420_OGH0002_0070OB00193_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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