TE OGH 1955/4/27 1Ob239/55

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Veröffentlicht am 27.04.1955
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Norm

Außerstreitgesetz §16
Entmündigungsordnung §49 Abs1
Entmündigungsordnung §56 Abs1
Entmündigungsordnung §65 Abs2
ZPO §103

Kopf

SZ 28/109

Spruch

Ist der Entmündigungsbeschluß für den Entmundigten an dessen antragstellende Mutter zugestellt worden und dem Entmundigten auch nicht zugekommen, so begrundet die Zurückweisung seines Widerspruches Nullität.

Entscheidung vom 27. April 1955, 1 Ob 239/55.

I. Instanz: Bezirksgericht Innere Stadt Wien; II. Instanz:

Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien.

Text

Das Verfahren zur Entmündigung des Felix G. wurde auf Antrag seiner Mutter Rosalia G. eingeleitet. Mit Beschluß des Erstgerichtes vom 15. März 1954 wurde die volle Entmündigung ausgesprochen. Der Beschluß sollte auch dem Entmundigten zugestellt werden, doch erfolgte diese Zustellung am 25. März 1954 zu Handen der Mutter. Am 23. Juli 1954 erhob der Entmundigte Widerspruch gegen die Entscheidung des Erstgerichtes. Seine Mutter gab an, daß sie den Entmündigungsbeschluß dem Entmundigten nicht ausgefolgt habe. Dieser müsse durch Akteneinsicht von der Entmündigung erfahren haben. Das Erstgericht ließ nun den Entmündigungsbeschluß neuerlich dem Entmundigten zu eigenen Handen zustellen, wies aber den bereits eingebrachten Widerspruch als verspätet zurück.

Das Rekursgericht bestätigte diesen Beschluß.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs des Entmundigten Folge, hob die Beschlüsse der Unterinstanzen auf und sprach aus, daß der Widerspruch des Entmundigten als rechtzeitig eingebracht zu behandeln sei.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Der vom Entmundigten gegen die Zurückweisung seines Widerspruches erhobene Revisionsrekurs ist, wie das Rekursgericht bereits mit Recht angenommen hat, nicht unzulässig. Denn die Bestimmung des § 49 Abs. 4 EntmO., die einen außerordentlichen Revisionsrekurs ausschließt, kann nur auf die Beschlüsse nach § 49 Abs. 1 EntmO. bezogen werden. (SZ. XV 237 u. a.). Die Zulässigkeit des Rekurses ist also nach §§ 56 Abs. 1 EntmO., 16 AußStrG. zu beurteilen.

Die Zustellung ist nach §§ 56 Abs. 1 EntmO., 6 AußStrG. nach den Vorschriften der ZPO. vorzunehmen. Die Zustellung des Entmündigungsbeschlusses an die antragstellende Mutter des Entmundigten war also nach § 103 Abs. 3 ZPO. unstatthaft. Die Zustellung hätte nur Wirkung erlangen können, wenn nachgewiesen wäre, daß das zuzustellende Schriftstück dem Entmundigten trotz der mangelhaften Zustellung zugekommen ist (§ 108a ZPO.). Dies ist jedoch nach den Feststellungen nicht geschehen. Das Erstgericht hat sich auch zunächst veranlaßt gesehen, die Zustellung an den Entmundigten zu wiederholen. Erst damit war eine wirksame Zustellung erfolgt, die die Rechtsmittelfrist für den Entmundigten ins Laufen brachte. Der schon vorher eingelangte Widerspruch muß also als rechtzeitig angesehen werden, die Behandlung des Widerspruches als verspätet bedeutet dagegen eine Nullität des Verfahrens. Der Revisionsrekurs des Entmundigten ist also nach § 16 AußStrG. zulässig und begrundet und es mußten die Beschlüsse der Unterinstanzen aufgehoben werden.

Anmerkung

Z28109

Schlagworte

Entmündigung Zustellung an den Entmundigten, Nichtigkeit Zustellung im Entmündigungsverfahren, Nullität, Zustellung im Entmündigungsverfahren, Widerspruch im Entmündigungsverfahren, Zustellung, Zustellung an den Entmundigten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0010OB00239.55.0427.000

Dokumentnummer

JJT_19550427_OGH0002_0010OB00239_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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