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19/05 Menschenrechte;Norm
FrG 1997 §36 Abs1;Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Zeizinger und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Handstanger, Dr. Enzenhofer und Dr. Strohmayer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Stummer, über die Beschwerde des A, geboren 1965, vertreten durch Dr. Michael Drexler, Rechtsanwalt in 1090 Wien, Hörlgasse 4/5, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom 20. Jänner 2005, Zl. SD 1804/04, betreffend Aufhebung eines befristeten Aufenthaltsverbots, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
1. Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien (der belangten Behörde) vom 20. Jänner 2005 wurde der Antrag des Beschwerdeführers, eines nigerianischen Staatsangehörigen, vom 12. Juli 2004 auf Aufhebung des gegen ihn mit Bescheid der belangten Behörde vom 26. Jänner 1999 verhängten Aufenthaltsverbots für die Dauer von zehn Jahren gemäß § 44 Fremdengesetz 1997 - FrG, BGBl. I Nr. 75, abgewiesen.
Der Beschwerdeführer sei im Dezember 1991 illegal in das Bundesgebiet eingereist. Ein von ihm gestellter Asylantrag sei rechtskräftig abgewiesen worden, ebenso ein Antrag auf Erteilung einer Aufenthaltsbewilligung. Der Beschwerdeführer sei zweimal wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtskräftig bestraft worden.
Am 31. Mai 1995 sei der Beschwerdeführer wegen des Verbrechens des Suchtgifthandels nach den §§ 12 und 16 Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren rechtskräftig verurteilt worden, wobei der Strafvollzug zunächst für die Durchführung einer Suchtgifttherapie aufgeschoben worden sei. In der Folge sei die Strafe bedingt nachgesehen worden.
Auf Grund dieser Verurteilung sei mit Bescheid vom 26. Jänner 1999 ein Aufenthaltsverbot für die Dauer von zehn Jahren erlassen worden.
Den gegenständlichen Antrag auf Aufhebung dieses Aufenthaltsverbots habe der Beschwerdeführer damit begründet, dass ihm am 30. März 2004 ein weiteres eheliches Kind geboren worden wäre.
Gemäß § 44 FrG sei ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben, wenn die Gründe, die zu seiner Erlassung geführt hätten, weggefallen seien. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes könne ein solches Antrag nur dann zum Erfolg führen, wenn sich seit Erlassung des Aufenthaltsverbots die dafür maßgebenden Umstände zu Gunsten des Fremden geändert hätten, wobei im Rahmen der Entscheidung über einen solchen Antrag auch auf die nach der Verhängung des Aufenthaltsverbots eingetretenen und gegen die Aufhebung dieser Maßnahme sprechenden Umstände Bedacht zu nehmen sei. Bei der Beurteilung nach § 44 FrG sei maßgeblich, ob eine Gefährlichkeitsprognose im Grund des § 36 Abs. 1 FrG dergestalt (weiterhin) zu treffen sei, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots erforderlich sei, um eine vom Fremden ausgehende erhebliche Gefahr im Bundesgebiet abzuwenden, und ob die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots im Grund der §§ 37 und 38 FrG zulässig sei.
Es könne keine Rede davon sein, dass die für die Beurteilung gemäß § 36 Abs. 1 FrG maßgebliche Gefährdung öffentlicher Interessen durch den inländischen Aufenthalt des Beschwerdeführers nunmehr geringer einzuschätzen sei als bei Erlassung des Aufenthaltsverbots. Der Beschwerdeführer sei am 21. Mai 2001 gemäß § 28 Abs. 2 und Abs. 4 Z. 3, § 27 Abs. 1 SMG, § 83 Abs. 1, § 84 Abs. 2 Z. 4, § 269 Abs. 1 erster Fall, § 15 StGB zu einer Freiheitsstrafe von vier Jahren rechtskräftig verurteilt worden. Diesem Urteil liege zu Grunde, dass der Beschwerdeführer von Juni 2000 bis 14. Februar 2001 wiederholt nicht feststellbare Mengen Kokain zum Eigenkonsum erworben und besessen habe. Darüber hinaus habe er in enger Beziehung zu den Hintermännern eines umfangreichen Suchtgiftschmuggelrings am 14. Februar 2001
1.136 Gramm Kokain, welches von einer Drogenkurierin von Brasilien nach Österreich geschmuggelt worden sei, an einem Treffpunkt übernommen. Bei seiner Festnahme habe er den Koffer mit Suchtgift gegen den Kopf eines Polizeibeamten geworfen und habe zunächst flüchten können. Einen verdeckten Ermittler habe er niedergestoßen, wodurch dieser Verletzungen erlitten habe. Nach den gerichtlichen Feststellungen sei der Beschwerdeführer kurz nach Ablauf der Probezeit zu seiner ersten Verurteilung massiv rückfällig geworden.
Der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG sei daher weiterhin erfüllt.
In den Lebensumständen des Beschwerdeführers sei nur insofern eine Änderung eingetreten, als ein zweites eheliches Kind geboren worden sei. Diese zusätzliche familiäre Bindung werde jedoch dadurch relativiert, dass der Beschwerdeführer auf Grund des bestehenden Aufenthaltsverbots nicht mit einem Verbleib im Bundesgebiet habe rechnen dürfen. Angesichts der massiven und wiederholten Straffälligkeit des Beschwerdeführers sei offensichtlich, dass er nicht willens oder im Stand sei, maßgebliche österreichische Rechtsvorschriften einzuhalten. Die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots sei daher nach wie vor dringend geboten im Sinn des § 37 Abs. 1 FrG. Auch die Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 2 FrG falle nach wie vor zu Lasten des Beschwerdeführers aus. Angesichts des weiteren Fehlverhaltens habe sich diese Interessenlage sogar ganz erheblich zu seinen Ungunsten verschoben. Die seit der Erlassung des Aufenthaltsverbots eingetretene Änderung in den familiären Lebensumständen könne angesichts des weiteren Fehlverhaltens zu keinem anderen Ergebnis der Interessenabwägung führen.
2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, der Sache nach inhaltliche Rechtswidrigkeit geltend machende Beschwerde mit dem Begehren, ihn aufzuheben.
II.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
1. Die für die Aufhebung eines Aufenthaltsverbots maßgeblichen gesetzlichen Bestimmungen sowie die dazu entwickelten wesentlichen Grundsätze der hg. Judikatur wurden im angefochtenen Bescheid richtig wiedergegeben.
2. Auf Grund der unstrittigen Verurteilungen des Beschwerdeführers ist der Tatbestand des § 36 Abs. 2 Z. 1 FrG nach wie vor erfüllt.
3. Das gegenständliche Aufenthaltsverbot wurde deshalb verhängt, weil der Beschwerdeführer mit Suchtgift gehandelt hat, wofür er zu einer zweijährigen Strafe verurteilt worden ist. Ungeachtet dieser Verurteilung und der Verhängung des Aufenthaltsverbots hat er in der Zeit von Juni 2000 bis 14. Februar 2001 Kokain zum Eigenkonsum erworben und besessen. In Zusammenarbeit mit einem umfangreichen Suchtgiftschmuggelring hat er an der Einfuhr von über einem Kilogramm Kokain nach Österreich mitgewirkt. Aus der Verurteilung auch gemäß § 28 Abs. 4 Z. 3 SMG ergibt sich, dass es sich hiebei um eine Menge von zumindest dem 25-fachen der gemäß § 28 Abs. 6 SMG u.a. unter Bedachtnahme auf die Eignung, eine Gefahr für das Leben oder die Gesundheit in großem Ausmaß herbeizuführen festzusetzenden "großen Menge" handelt. Weiters hat der Beschwerdeführer eine schwere Körperverletzung und einen Widerstand gegen die Staatsgewalt zu verantworten.
Im Hinblick darauf bestehen gegen die Ansicht der belangten Behörde, dass die in § 36 Abs. 1 FrG umschriebene Annahme nach wie vor gerechtfertigt sei, keine Bedenken.
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers war die belangte Behörde dabei nicht an die Erwägungen des Gerichts bei der Entscheidung über die bedingte Entlassung aus dem Strafvollzug gebunden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom 12. März 2002, Zl. 2002/18/0022).
4. Bei der Interessenabwägung gemäß § 37 Abs. 1 und Abs. 2 FrG hat die belangte Behörde zu Gunsten des Beschwerdeführers berücksichtigt, dass ihm nach Erlassung des Aufenthaltsverbots ein zweites eheliches Kind geboren worden sei. Der dadurch bewirkten Verstärkung der persönlichen Interessen steht die massive Erhöhung der vom Beschwerdeführer ausgehenden Gefährdung maßgeblicher öffentlicher Interessen durch die weiteren Straftaten gegenüber. Von daher kann die Ansicht der belangten Behörde, dass die Aufrechterhaltung des Aufenthaltsverbots zur Erreichung von im Art. 8 Abs. 2 EMRK genannten Zielen (Verhinderung strafbarer Handlungen, Schutz der Gesundheit) dringend geboten sei (§ 37 Abs. 1 FrG) und die Auswirkungen dieser Maßnahme auf die Lebenssituation des Beschwerdeführers und seiner Familie nicht schwerer wögen als die nachteiligen Folgen ihrer Aufhebung (§ 37 Abs. 2 leg. cit.), nicht als rechtswidrig erkannt werden.
5. Da somit bereits der Beschwerdeinhalt erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen. Wien, am 8. März 2005
European Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:VWGH:2005:2005180050.X00Im RIS seit
06.04.2005