Norm
ABGB §37Kopf
SZ 28/168
Spruch
Bereicherungsansprüche richten sich nach dem Recht des Staates, dem der ihre Grundlage bildende Vertrag unterliegt.
Entscheidung vom 22. Juni 1955, 3 Ob 262/55.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:
Oberlandesgericht Wien.
Text
Zwischen der klagenden Gesellschaft und der D.-Filmgesellschaft in München war die gemeinschaftliche Produktion des Films "Weiße Schatten" beabsichtigt, und es waren zu diesem Zweck von der Klägerin Beträge ausgelegt worden. Nachdem die D.-Gesellschaft mit der Produktion begonnen hatte, geriet sie in finanzielle Schwierigkeiten. Sie schloß mit einem Kreditgeber Erich M. am 22. Jänner 1951 einen Vertrag zur Finanzierung des Films, in welchem vereinbart wurde, daß bei nicht zeitgerechter Rückzahlung des Darlehens M. das Recht haben sollte, den Film selbst fertigzustellen. Eine Haftung des M. für die Verbindlichkeiten der D.-Gesellschaft war im Vertrage ausdrücklich ausgeschlossen. Da die Darlehensrückzahlung nicht erfolgte, schloß M. mit dem Beklagten am 15. März 1951 einen Vertrag, mit dem er die ihm im Darlehensvertrag mit der D. eingeräumten Rechte an den Beklagten übertrug, wofür dieser einen Betrag von 67.500 DM bezahlte. Am 16. März 1951 gingen sämtliche Rechte an dem Film "Weiße Schatten" von der D. auf M. über, von dem sie sodann der Beklagte erwarb.
Die Klägerin begehrte die Zahlung eines Betrages von 22.000 S, die sie angeblich zur Herstellung des Films an die D. bezahlt hatte, vom Beklagten aus dem Titel der Bereicherung, weil er sich Aufwendungen in dieser Höhe bei der Fertigstellung des Films erspart hätte, aus dem Titel des Schuldbeitritts, weil er sich gegenüber der D. zur Zahlung dieser Schuld verpflichtet hätte, aus dem Titel der Vermögensübernahme nach § 1409 ABGB., weil er mit dem Film Vermögen der D. übernommen habe, und endlich aus dem Titel eines von ihm abgegebenen Anerkenntnisses der Forderung.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es stellte fest, daß der Beklagte von der D. kein Vermögen übernommen hatte, daß er mit dieser Filmgesellschaft keine vertraglichen Abmachungen getroffen hatte und daß eine Vereinbarung über die Bezahlung des Betrages zwischen der Klägerin und dem Beklagten nicht zustandegekommen ist. Das Erstgericht unterstellte die in Frage kommenden Rechtsbeziehungen, soweit sie das Verhältnis zwischen der D.- Filmgesellschaft und dem Beklagten betrafen, dem deutschen Recht. Es führte aus, daß eine dem § 1409 ABGB. entsprechende Bestimmung im deutschen Recht fehle. § 419 DBGB. kenne eine Schuldübernahme nur hinsichtlich des Gesamtvermögens einer Person, nicht aber bei Übergang von Sondervermögen oder einzelner Vermögensbestandteile. Das Erstgericht lehnte auch einen Bereicherungsanspruch nach § 812 DBGB. ab, weil es sich nur um eine mittelbare Bereicherung handeln könnte, die keinen Herausgabeanspruch begrunde. Der behauptete Schuldbeitritt sei nicht erwiesen worden. Im Pkt. 4 des Vertrages zwischen M. und dem Beklagten sei lediglich festgelegt worden, daß der Beklagte ohne Begründung eines unmittelbaren Forderungsrechtes dritter Personen effektive Produktionskosten aus den Einspielerträgnissen des Films bezahlen würde. Ebensowenig sei von der Klägerin der Beweis für den behaupteten Schuldbeitritt in Form eines Gläubigervertrages erbracht worden.
Das Berufungsgericht bestätigte das erstrichterliche Urteil. Es übernahm die vom Erstgericht getroffenen Feststellungen als unbedenklich und hielt den Anspruch der Klägerin auch nach österreichischem Recht - dessen Anwendbarkeit es dahingestellt sein ließ - für nicht gegeben. Nach § 1041 ABGB. könne der Ersatz von Geldaufwendungen nicht begehrt werden. Eine Schuldübernahme sei nicht erweislich gewesen, eine Belastungsübernahme nach § 1404 ABGB., die sich aus dem Vertrag vom 15. März 1951 ergebe, genüge nicht zur Begründung des Klagsanspruches. Einer Haftung nach § 1409 ABGB. stunde die Art des übergegangenen Vermögens entgegen. Ein Filmwerk stelle keinen Rechtsinbegriff dar, der als Sondervermögen nach § 1409 ABGB. angesehen werden könnte. Auch eine Haftung des Beklagten als Singularsukzessors für Zwischenschulden im Sinne der Entscheidung SZ. XXV 266 sei nicht gegeben, wobei nicht einmal feststunde, ob mit dem Gelde der Klägerin nur Produktionskosten des Films von der D. bezahlt worden seien.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Der Oberste Gerichtshof tritt der vom Erstrichter angestellten rechtlichen Beurteilung der Sache völlig bei. Danach ist zunächst festzuhalten, daß die Rechtsbeziehungen zwischen der D.- Filmgesellschaft, M. und dem Beklagten mit Rücksicht auf den Ort des Vertragsabschlusses und die Ausländereigenschaft der Beteiligten nicht nach österreichischem Recht zu beurteilen sind, sondern nach deutschem Recht (§ 37 ABGB.). Damit fallen alle im Zusammenhang mit den §§ 1041 und 1409 ABGB. angestellten Erwägungen weg, weil Bereicherungsansprüche sich nach dem Statut richten, dem der die Grundlage des Bereicherungsanspruches bildende Vertrag unterliegt.
Das Erstgericht hat in Übereinstimmung mit der deutschen Lehre und Rechtsprechung richtig ausgesprochen, daß eine Schuldübernahme nach § 419 DBGB. beim Übergang von Sondervermögen nicht eintritt. Auch ein Bereicherungsanspruch nach § 812 DBGB. ist nicht gegeben. Danach ist nur der, der durch die Leistung eines anderen etwas ohne rechtliche Grundlage erlangt hat, zur Herausgabe verpflichtet. Das kann vom Beklagten nicht behauptet werden, der die Rechte an dem Film von M. gegen Bezahlung eines Betrages von 67.500 DM und Übernahme weiterer Verpflichtungen erworben hatte. Der Erstrichter hat aber auch mit Recht darauf hingewiesen, daß ein solcher Bereicherungsanspruch zur Voraussetzung hat, daß die Vermögensverschiebung eine unmittelbare ist. Der Anspruch ist dicht gegeben, wenn an eine dritte Person geleistet wurde und erst diese den Gegenstand an den angeblich Bereicherten weitergab. Damit kommen diese beiden herangezogenen gesetzlichen Haftungsgrunde in Wegfall. Für die Annahme eines Anerkenntnisses oder Schuldbeitritts fehlt es bereits an den notwendigen Feststellungen, nachdem die behaupteten Tatbestände nicht erwiesen werden konnten. Die Bezugnahme auf die Bestimmung des § 27 UrhG. ist schon deshalb abwegig, weil eine ähnliche Bestimmung im deutschen Urheberrecht, das hier zur Anwendung kommen müßte, fehlt. Ebenso irrig ist die Bezugnahme auf die Entscheidung SZ. XXV 266, der ein völlig verschiedener Tatbestand zugrunde liegt. Der vorliegende Fall stellt sich einfach so dar, daß einerseits die Klägerin der D.-Filmgesellschaft Beträge zur Verfügung stellte, die für die Herstellung eines Films verwendet, wurden, und anderseits die D. diesen begonnenen, aber nicht fertiggestellten Film mit allen Rechten an einen Dritten und dieser an den Beklagten verkaufte. In einem solchen Falle kann sich die Klägerin aber nur an ihre Vertragspartnerin, die D.- Filmgesellschaft, gegen die sie ohnehin bereits einen Exekutionstitel besitzt, nicht aber an den Beklagten halten.
Anmerkung
Z28168Schlagworte
Bereicherungsansprüche, internationales Privatrecht, Internationales Privatrecht Bereicherungsansprüche, Privatrecht internationales BereicherungsansprücheEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1955:0030OB00262.55.0622.000Dokumentnummer
JJT_19550622_OGH0002_0030OB00262_5500000_000