TE OGH 1955/8/31 3Ob421/55

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Veröffentlicht am 31.08.1955
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Norm

Handelsgesetzbuch §18

Kopf

SZ 28/191

Spruch

Zulässigkeit der Bezeichnung "Großhandelsgesellschaft", auch wenn dieses Unternehmen nur mit Holz handelt.

Der Zusatz "steirische ......" ist bei Unternehmungen zulässig, die umfangmäßig eine gewisse Bedeutung für die steirische Wirtschaft haben.

Entscheidung vom 31. August 1955, 3 Ob 421/55.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:

Oberlandesgericht Graz.

Text

Beim Landes- als Handelsgericht Graz als Registergericht wurde die offene Handelsgesellschaft "Steirische Großhandelsgesellschaft oHG., Import - Export, Großhandel, Vertretungen" zur Eintragung angemeldet. Die Handelskammer in Graz sprach sich gegen die Verwendung des Zusatzes "Steirische" Großhandelsgesellschaft aus. Das Registergericht forderte daraufhin den Nachweis, daß die Führung des Zusatzes gerechtfertigt sei. Über Rekurs der Antragstellerin hatte das Rekursgericht dem Registergericht den Auftrag gegeben, unter Abstandnahme von weiteren Erhebungen die beantragte Eintragung durchzuführen. Dieser Beschluß wurde Dom Obersten Gerichtshof aufgehoben und dem Erstgericht aufgetragen, festzustellen, wie die steirische Verkehrsauffassung den Zusatz "Steirisch" deute und wann er als täuschender Zusatz empfunden werde, wobei insbesondere zu beachten sei, daß eine große Anzahl von Unternehmungen diesen Beisatz führe.

Das Registergericht hat daraufhin von der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Steiermark ein Gutachten darüber erbeten, wie die steirische Verkehrsauffassung den Zusatz deute und wann er als täuschender Beisatz empfunden werde. Es hat auch Erhebungen über die Größe und Bedeutung der einzutragenden oHG. angestellt. Mit dem erstrichterlichen Beschluß wurde auf Grund dieser Erhebungen die Eintragung der Firma angeordnet. Zur Begründung führte das Registergericht aus, daß das Kammergutachten ergeben hätte, daß mit dem Firmenzusatz "steirisch" die Vorstellung verbunden sei, es handle sich um ein Unternehmen, das durch seinen Umfang und seine Bedeutung für Steiermark entsprechend hervorrage. Bei Beurteilung der im Handelsregister mit diesem Zusatz eingetragenen Firmen ergebe sich, daß der Zusatz in erster Linie von solchen Unternehmungen geführt wird, die in ihrem Geschäftsbereich über ähnliche oder gleichartige Unternehmungen hinausragen oder bedingt durch den Umfang von einer gewissen Bedeutung für Steiermark seien. Das gegenständliche Unternehmen wurde vom Erstgericht mit Rücksicht auf seinen Umsatz, der in den ersten elf Betriebsmonaten bereits über 9.000.000 S betrug, und im Hinblick auf die Äußerungen der Handelskammer und des Finanzamtes, wonach es sich um ein Unternehmen handle, das zwischen den mittleren und großen Firmen liege, bzw. zu den größeren Holzexportfirmen von Graz zähle, als solches angesehen, dem eine gewisse Bedeutung für Steiermark nicht abgesprochen werden könne.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Kammer der gewerblichen Wirtschaft Folge und wies das Eintragungsbegehren ab. Es gab der Meinung Ausdruck, daß die erstrichterliche Feststellung nicht begrundet sei, wonach der Zusatz "steirisch" auch für solche Unternehmungen nicht als täuschend empfunden werde, welche mit Rücksicht auf ihren Umfang von gewisser Bedeutung für Steiermark seien. Es verwies diesbezüglich auf die von der Handelskammer durchgeführte Firmenbefragung und stellte eine Verkehrsauffassung dahin fest, daß ein solches Unternehmen durch seinen Umfang von wichtiger Bedeutung für das Land Steiermark sein müsse. Nach Meinung des Rekursgerichtes möge es zutreffen, daß die Antragstellerin über Unternehmungen der gleichen Branche hinausrage und deshalb auch eine für die steirische Wirtschaft wichtige Unternehmung sei. Es gehe aber aus dem Firmenwortlaut nicht hervor, daß sich das Unternehmen in der Hauptsache nur mit Holzgroßhandelsgeschäften befasse. Dies sei aber nach Punkt 1 des Gesellschaftsvertrages der Hauptbetriebsgegenstand, und es sei lediglich vorgesehen, daß der Gegenstand des Unternehmens erweitert werde, sowie die Gesellschaft die hiezu notwendigen Gewerbeberechtigungen erhalte. Es sei somit nicht der Firmenwortlaut zum Betriebsgegenstand in Beziehung gesetzt; er erwecke den Eindruck, daß die Gesellschaft Großhandelsgeschäfte verschiedenster Art betreibe. Ein solcher Firmenwortlaut könne aber nach § 18 Abs. 2 HGB. nicht zugelassen werden. Bei Berücksichtigung des gesamten Firmenwortlautes sei für die Zulässigkeit des Beisatzes "steirisch" nicht die Größe und Bedeutung des Holzgroßhandels des Unternehmens mit anderen Holzgroßhandelsfirmen in Vergleich zu setzen, da aus dem Firmenwortlaut nicht hervorgehe, daß sich das Unternehmen nur mit Holzgroßhandelsgeschäften befasse, der Betriebsgegenstand in der Firma vielmehr verschwiegen werde. Der Firmenwortlaut sei daher zur Täuschung über Art und Umfang des Unternehmens geeignet.

Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der Antragstellerin Folge und stellte den Beschluß des Registergerichtes wieder her.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Es könnte dahingestellt bleiben, ob der vom Erstgericht aus den Registereintragungen gezogene Schluß berechtigt ist, daß die Verkehrsübung bloß dahin gehe, den Zusatz "steirisch" nur von solchen Unternehmungen führen zu lassen, die umfangmäßig von einer gewissen Bedeutung für Steiermark sind. Denn das Rekursgericht ging so weit, der Antragstellerin zuzuerkennen, daß sie umfangmäßig als eine für die steirische Wirtschaft wichtige Unternehmung bezeichnet werden kann. Die bisherigen Handelsregistereintragungen erweisen jedenfalls, daß es sich durchaus um keine Unternehmungen von überragender Bedeutung handelt, so daß eine Einschränkung im Gebrauch dieses Zusatzes nur dahin gemacht werden kann, daß es sich nicht um gänzlich unbedeutende, kleine Betriebe handeln darf, weil in einem solchen Falle eine Täuschung über den Geschäftsumfang jedenfalls nahe liegt. Solche Bedenken bestehen aber nicht mehr bei Unternehmungen mittleren Umfangs. Wenn das Rekursgericht die Verwendbarkeit dahin einengt, daß es sich um eine für die steirische Wirtschaft wichtige Unternehmung handeln müsse, so nimmt es dabei nur auf das Kammergutachten, nicht aber auf die vom Registergericht erhobenen Registereintragungen Rücksicht. Der Oberste Gerichtshof schließt sich daher der Meinung des Erstgerichtes an, daß die Verkehrsübung dahin geht, daß der Zusatz bei Unternehmungen zulässig ist, die umfangmäßig eine gewisse Bedeutung für die steirische Wirtschaft haben. Mit Rücksicht auf die vom Erstgericht über den Geschäftsumfang der Antragstellerin getroffenen Feststellungen, ergeben sich daher keine Bedenken, der Antragstellerin nach der Verkehrsübung und im Gegensatz zur Ansicht der Kammer der gewerblichen Wirtschaft den Gebrauch des Firmenzusatzes "steirisch" zu gestatten.

Der Oberste Gerichtshof vermag sich auch der weiteren Erwägung des Rekursgerichtes nicht anzuschließen, in der Bezeichnung als "Großhandelsgesellschaft" sei eine Täuschung über die Art des Unternehmens zu erblicken, weil derzeit von der Antragstellerin nur Holzgroßhandelsgeschäfte betrieben werden. Weder vom Standpunkt des Kundenschutzes noch von dem des Wettbewerbes ist eine Täuschungsmöglichkeit gegeben. Die Holzgroßhandelsunternehmungen können durch die allgemeinere Bezeichnung wettbewerbsmäßig nicht beeinträchtigt werden, weil diese weniger werbekräftig ist als eine Spezialbezeichnung, und übrigen Großhändler haben einen Wettbewerb überhaupt nicht zu fürchten, solange das Unternehmen nur Holzhandelsgeschäfte betreibt. Die Kundschaft wird ebenfalls nicht getäuscht, weil aus dem Firmenwortlaut allein nur entnommen werden kann, daß sich das Unternehmen mit Großhandelsgeschäften befaßt, nichts aber darüber ausgesagt wird, mit welchen Waren der Handel betrieben wird. Da sich aus dem Gesellschaftsvertrag ergibt, daß die Erweiterung der Tätigkeit auf andere Warengattungen nach Erwerb der entsprechenden Gewerbeberechtigungen vorgesehen ist, war der allgemeinere dem engeren, bloß auf Holzhandel allein gerichteten Firmenwortlaut vorzuziehen, ohne daß dadurch eine Täuschung über Art und Umfang des Geschäftes hervorgerufen werden könnte. Auch die weitere Erwägung des Rekursgerichtes, daß ein Vergleich des Unternehmens mit anderen Holzhandelsunternehmungen nicht möglich sei, weil der Holzhandel nicht schon aus dem Firmenwortlaut ersichtlich sei, geht daneben, weil auch der Holzhandel zum Handel gehört und es für einen solchen Vergleich gleichgültig ist, in welcher Warengattung die Umsätze erzielt werden, übrigens handelsrechtlich ein Unternehmen nicht gehindert ist, auch gelegentlich andere Geschäfte zu betreiben als die, auf welche der Gewerbeschein lautet (§§ 7, 343 Abs. 2 HGB.).

Der beantragte Firmenwortlaut verstößt daher weder in seiner Gesamtheit noch im Zusatz "steirische" allein gegen die Bestimmung des § 18 Abs. 2 HGB., so daß gegen die Eintragung der Firma kein Bedenken bestehen. Der Beschluß des Registergerichtes war daher in Abänderung der rekursgerichtlichen Entscheidung wiederherzustellen.

Anmerkung

Z28191

Schlagworte

Firma, täuschende Zusätze, Firmenwahrheit, täuschende Zusätze, Täuschung durch Firmenzusätze, Zusatz zu einer Firma, Täuschungsmöglichkeit

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1955:0030OB00421.55.0831.000

Dokumentnummer

JJT_19550831_OGH0002_0030OB00421_5500000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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