Norm
JN §42 Abs2Kopf
SZ 28/251
Spruch
Nichtigkeit des inländischen Scheidungsverfahrens einer in Österreich wohnhaften deutschen Staatsbürgerin gegen ihren durch einen Abwesenheitskurator vertretenen deutschen Ehegatten.
Entscheidung vom 30. November 1955, 3 N 42/55.
Text
Aus dem Akte Cg 392/45 des Kreisgerichtes St. Pölten und den angeschlossenen Urkunden ergibt sich folgender Sachverhalt:
Am 1. Oktober 1945 brachte Dr. Elfriede T. gegen Dipl.-Ing. Emil Arthur T. die Klage wegen Scheidung der Ehe ein. Die Klägerin besaß zur Zeit des Scheidungsverfahrens die deutsche Staatsangehörigkeit, hatte jedoch ihren Aufenthalt in Österreich und erwarb die österreichische Staatsangehörigkeit erst nach Urteilsfällung durch Erklärung gemäß § 2a staatsbürgerschafts-ÜG. am 1. Februar 1946.
Der Beklagte ist und war auch zur Zeit des Scheidungsverfahrens deutscher Staatsangehöriger. Da er nach den Behauptungen der Klage unbekannten Aufenthaltes war, wurde Dr. Karl E. für ihn zum Abwesenheitskurator bestellt. Diesem wurde die Klage zugestellt und mit ihm das Verfahren durchgeführt. Mit dem in Anwesenheit der Klägerin und des Substituten des Abwesenheitskurators des Beklagten, Dr. G., mündlich verkundeten Urteil vom 7. Jänner 1946, Cg 392/45-5, wurde die Ehe aus dem Alleinverschulden des Beklagten geschieden. Seitens beider Parteien wurde nach Urteilsverkundung auf Rechtsmittel verzichtet. Das Urteil wurde dem Kurator und nicht dem Beklagten zugestellt.
Der Oberste Gerichtshof hat gemäß § 42 Abs. 2 JN. auf Antrag des Bundesministeriums für Justiz das Scheidungsverfahren und das in diesem Verfahren ergangene Urteil für nichtig erklärt.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Gemäß § 76 Abs. 3 Z. 1 JN. kann über eine Ehescheidungsklage dann, wenn keiner der Ehegatten die österreichische Staatsangehörigkeit besitzt, nur entschieden werden, wenn der gewöhnliche Aufenthalt des Mannes oder der Frau im Inlande gelegen ist und nach dem Heimatrecht des Mannes die von dem österreichischen Gericht zu fällende Entscheidung anerkannt werden wird. Die Voraussetzung der Anerkennung des vom österreichischen Gericht gefällten Urteiles mangelte jedoch aus folgenden Gründen:
Gemäß § 328 Abs. 1 Z. 2 DZPO. ist die Anerkennung eines Urteiles dann ausgeschlossen, wenn der unterlegene Beklagte ein Deutscher ist und sich auf den Prozeß nicht eingelassen hat, sofern die den Prozeß einleitende Ladung oder Verfügung ihm weder in dem Staate des Prozeßgerichtes in Person noch durch Gewährung deutscher Rechtshilfe zugestellt ist. Da der Beklagte deutscher Staatsangehöriger ist und am Scheidungsverfahren nicht beteiligt, sondern in diesem nur durch einen Abwesenheitskurator vertreten war, sind die gesetzlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Urteiles in seinem Heimatstaat nicht gegeben.
Dem auf § 42 Abs. 2 JN. gestützten Antrag des Bundesministeriums für Justiz als der zuständigen obersten Administrativbehörde war demnach Folge zu geben und die Nichtigkeit des Verfahrens sowie des Urteils auszusprechen.
Anmerkung
Z28251Schlagworte
Anerkennung eines österreichischen Scheidungsurteiles in Deutschland, Ehescheidung inländische Gerichtsbarkeit bei deutschen Staatsbürgern, Gerichtsbarkeit, inländische, Ehescheidung deutscher Staatsbürger, Inländische Gerichtsbarkeit, Ehescheidung deutscher Staatsbürger, Scheidung inländische Gerichtsbarkeit bei deutschen StaatsbürgernEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1955:0030N000042.55.1130.000Dokumentnummer
JJT_19551130_OGH0002_0030N000042_5500000_000