Norm
EO §251 Z6Kopf
SZ 29/58
Spruch
Die Anzahl der Gewerbeberechtigungen ist für die Qualifikation als Kleingewerbe im Sinne des § 251 Z. 6 EO. ebensowenig von Bedeutung wie eine Berechtigung für den Großhandel.
Entscheidung vom 29. August 1956, 3 Ob 412/56.
I. Instanz: Bezirksgericht Wels; II. Instanz: Kreisgericht Wels.
Text
Mit Beschluß vom 5. März 1956 hat das Erstgericht den Antrag des Verpflichteten, die unter Postzahl 1 und 2 des Pfändungsprotokolles E 108/56 gepfändeten Kraftfahrzeuge (einen Lastkraftwagen und einen Personenkraftwagen) von der Pfändung auszuscheiden, abgewiesen. Es hatte sich damit begnügt, eine Auskunft der Bezirkshauptmannschaft Wels als Gewerbebehörde über die Gewerbeberechtigungen der verpflichteten Partei einzuholen. Aus der Mitteilung, daß der verpflichteten Partei folgende Gewerbeberechtigungen verliehen wurden:
1.) Großhandel mit Butter, Milch und Molkereiprodukten, Z. 131/1- 602/49 vom 9. September 1949,
2.) Handel mit Fleisch- und Fisch-, Obst- und Gemüsekonserven, Z. Ge/1-96/1950 vom 16. April 1951,
3.) Kommissionshandel für Nahrungs- und Genußmittel, Z. Ge-808/3- 1955 vom 5. Dezember 1955,
4.) Handelsagentur mit Nahrungs- und Genußmitteln, Z. Ge-809/5-1955 vom 13. Jänner 1956, schloß es, daß der Verpflichtete nicht zu den Kleingewerbetreibenden (Kleinkaufleuten) gezählt werden könne, zumal sich unter den Gewerbeberechtigungen auch eine für Großhandel befinde. Das Erstgericht berief sich zur Begründung seiner Entscheidung auch darauf, daß der Verpflichtete zur Abwicklung seiner Geschäfte einen Personenkraftwagen und einen Lastkraftwagen benötige, woraus geschlossen werden könne, daß der Betrieb des Verpflichteten über den Umfang des Betriebes eines Kleingewerbetreibenden hinausgehe.
Das Rekursgericht hat in Abänderung des erstgerichtlichen Beschlusses im Sinne des Antrages des Verpflichteten erkannt. Es hat eine Auskunft der Kammer der gewerblichen Wirtschaft für Oberösterreich, Sektion Handel, eingeholt. Die Kammer konnte aber lediglich mitteilen, daß der Verpflichtete nur einen kaufmännischen Lehrling beschäftige; über den Jahresumsatz des Verpflichteten konnte sie keine Mitteilung machen. Das Rekursgericht meinte aber, daß die vorgenommenen Erhebungen die Behauptung des Verpflichteten, Kleinkaufmann zu sein, nicht widerlegt hätten; es erscheine daher festgestellt, daß sein Geschäftsbetrieb, ob er nun auf Grund eines oder mehrerer Gewerbescheine geführt werde, den Umfang eines Betriebes eines Kleinkaufmannes nicht überschreite. Der Verpflichtete genieße daher den Schutz des § 251 Z. 6 EO. Die Exekutionsfreiheit erstrecke sich auf alles, was zur Sicherstellung der Fortsetzung des Betriebes des Verpflichteten in dem bisherigen Umfange mit den bisherigen Betriebsmitteln erforderlich sei. Es könne dem Verpflichteten von seinen Betriebsmitteln überhaupt nichts gepfändet werden.
Der Oberste Gerichtshof gab dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei Folge, hob die Beschlüsse beider Untergerichte auf und trug dem Erstgericht die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.
Rechtliche Beurteilung
Aus der Begründung:
Es ist vom Rekursgericht schon zutreffend hervorgehoben worden, daß für die Entscheidung über den Ausscheidungsantrag des Verpflichteten nur wesentlich ist, ob der Umfang seines Geschäftsbetriebes über den Umfang des Betriebes eines Kleingewerbetreibenden hinausgeht oder nicht, und daß hierüber die Zahl der erteilten Gewerbeberechtigungen nichts aussagt, auch wenn sich unter diesen Berechtigungen eine für den Großhandel befindet.
Es läßt sich aber auch aus der Verwendung eines Last- und eines Personenkraftwagens im Betrieb des Verpflichteten entgegen der Ansicht des Rekurswerbers nicht auf einen Mittel- oder Großbetrieb zwingend schließen. Die Verwendung dieser Fahrzeuge besagt jedenfalls nichts Entscheidendes über die allein interessierende Tatsache des Betriebsumfanges. Auf diese kann auch nicht aus der Zahl der im Betriebe des Verpflichteten tätigen Personen ein zwingender Schluß gezogen werden.
Es bedarf daher einer eingehenden Prüfung des Umfanges des Betriebes. Dieser wird in der Regel der Fälle durch das Vollstreckungsorgan, allfällig aber durch Vernehmung der im Betriebe des Verpflichteten beschäftigten Personen, zu erheben sein. Die Unterlassung dieser Erhebungen macht das Verfahren mangelhaft, da die Feststellung, ob und welche Gegenstände der Exekution entzogen sind, auf Grund amtswegiger Untersuchung zu erfolgen hat (SZ. XXV 57, 7 Ob 247/56). Es waren daher die beiden untergerichtlichen Beschlüsse aufzuheben und dem Erstgerichte in der noch anhängigen Exekutionssache neuerliche Beschlußfassung nach Ergänzung des Verfahrens aufzutragen.
Anmerkung
Z29058Schlagworte
Exekutionsbefreiung, Kleingewerbe, Gewerbeberechtigungen, Exekutionsbefreiung für Kleingewerbe, Großhandel, Exekutionsbefreiung für Kleingewerbe, Kleingewerbe, Exekutionsbefreiung, Pfändungsfreiheit, KleingewerbeEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1956:0030OB00412.56.0829.000Dokumentnummer
JJT_19560829_OGH0002_0030OB00412_5600000_000