TE OGH 1956/10/17 3Ob420/56

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Veröffentlicht am 17.10.1956
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Norm

Urheberrechtsgesetz §38
Urheberrechtsgesetz §39
Urheberrechtsgesetz §40

Kopf

SZ 29/71

Spruch

Das Recht, einen Film nach einem Bühnenstück herzustellen, zu vervielfältigen und zu verwerten, steht ausschließlich dem Urheber des Bühnenstückes zu.

Entscheidung vom 17. Oktober 1956, 3 Ob 420/56.

I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Wien; II. Instanz:

Oberlandesgericht Wien.

Text

Der Z.-Verlag besitzt die Urheberrechte an dem Bühnenstück von Hans F. "I A in Oberbayern". Mit Vertrag vom 22. Juli 1955 erwarb die A.- Film GesmbH. von diesem Verlag das deutsche Weltverfilmungsrecht dieses Stückes für zehn Jahre. Die A.-Filmgesellschaft übertrug der Beklagten mit Vertrag vom 14. Juli 1955 ihre Urheberrechte an dem herzustellenden Film zur ausschließlichen Verwertung in Österreich durch fünf Jahre. Mit den Dreharbeiten wurde begonnen, sie konnten aber aus finanziellen Gründen zunächst nicht zu Ende geführt werden. Der Z.-Verlag erklärte mit Schreiben vom 14. November 1955 den Vertragsrücktritt, weil die A.-Film den eingegangenen Vertrag nicht erfüllte. Am 15. November 1955 übertrug die A.-Film die ihr vom Z.- Verlag überlassenen Rechte an dem Bühnenstück an den Verlag zurück. Am nächsten Tag übertrug der Z.-Verlag die gleichen Rechte an die T.-Union, worauf diese noch am gleichen Tag mit der A.-Film und der Klägerin einen "Treuhandkreditsicherungsvertrag" abschloß. In diesem wurden von der A.-Film an die T.-Union sämtliche Urheber- und Verwertungsrechte an dem Film "I A in Oberbayern" übertragen. Gleichzeitig wurden die Verwertungsrechte für Deutschland und Österreich ausschließlich an die Klägerin übertragen. Diese Verträge wurden zwischen den Beteiligten in Kenntnis der der beklagten Partei zustehenden Verwertungsrechte an dem Film für Österreich geschlossen.

Beide Streitteile nehmen auf Grund dieses Sachverhaltes das Recht der alleinigen Auswertung des inzwischen von der A.-Film fertiggestellten Films für sich in Anspruch. Die Klägerin begehrte Feststellung, daß sämtliche Auswertungsrechte für Österreich an diesem Film ihr und der beklagten Partei keine solchen Rechte zustunden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren aus folgenden Erwägungen ab:

die A.-Film habe vom Z.-Verlag das Recht, einen Film nach dem Bühnenstück von F. zu vervielfältigen, zu verbreiten und vorzuführen, erworben und dieses Recht an die Beklagte übertragen, zu welcher Übertragung sie auf Grund des Verlagsvertrages ausdrücklich ermächtigt gewesen sei. Die Rückübertragung dieser Rechte an den Z.-Verlag habe daher, da niemand mehr Rechte übertragen könne als er hat, nur belastet, mit dem der Beklagten zustehenden Verwertungsrecht erfolgen können. Der Lizenznehmer könne etwaigen Rechtsverletzungen unmittelbar kraft seines dinglichen Rechts begegnen. Das Lizenzrecht bleibe auch bestehen, wenn der Originalverleger sein Recht veräußere. Dies sei auch wirtschaftlich gerechtfertigt zur Sicherung des Verleihers, der in den meisten Fällen die Produktion des Films vorfinanziere und dafür das Auschließlichkeitsrecht bekomme. Bei anderer Auffassung stunde es dem Produzenten frei, seine Rechte rückzuübertragen und den Verleiher um seine Ansprüche zu bringen. Die Beklagte habe daher die ausschließlichen Verfilmungsrechte an dem Bühnenstück trotz der erfolgten Rückübertragung behalten. Anders stunde es mit den übrigen Rechten am Film selbst. Das Urheberrecht daran gelange in der Person des Unternehmers zur Entstehung. An dem Teil des Films, der zur Zeit der Rückübertragung der Verfilmungsrechte an den Z.-Verlag schon fertiggestellt war, sei ein Urheberrecht nicht entstanden, weil ein solches nur an dem Filmganzen entstehen könne. Das Urheberrecht an dem fertiggestellten Film sei aber der T.-Union entstanden, die sich zur Ausführung im Werkvertrag der A.-Film bediente. Da sonach bei der A.-Film kein Urheberrecht entstanden sei, könne die beklagte Partei auch keine Rechte an dem Film für sich erworben haben. Die Beklagte habe daher nur das negative Recht der Untersagung der Verwertung einer Filmbearbeitung des Bühnenstücks in Österreich. Da somit die Klägerin Inhaberin des Rechts am Film sei, stunden der Beklagten zwar keine Rechte, diesen konkreten Film in Österreich zu verbreiten und vorzuführen, zu; das Klagebegehren sei aber jedenfalls abzuweisen.

Das Berufungsgericht übernahm den festgestellten und unbekämpft gebliebenen Sachverhalt. Es ging davon aus, daß die A.-Film als Herstellerin des Films anzusehen sei. Dem Filmhersteller stunden aber die Verwertungsrechte an dem Film zu, und es sei dabei ohne Belang, ob die Verfilmung auf Grund des ursprünglichen Vertrages mit dem Z.-Verlag oder auf Grund der späteren Vereinbarung mit der T.- Union erfolgte. Da auch die Übertragung der Verwertungsrechte an dem erst künftig herzustellenden Filmwerk wirksam erfolgen konnte und die Verwertungsrechte für Österreich von der A.-Film an die Beklagte mit dem Vertrag vom 14. Juli 1955 übertragen wurden, habe die Beklagte mit der Fertigstellung des Films ohne weiteres Zutun die ihr eingeräumten Werknutzungsrechte am Film erworben. Durch die Auflösung des zwischen der A.-Film und dem Z.-Verlag geschlossenen Verlagsvertrages seien die der Beklagten zustehenden Werknutzungsrechte am Film selbst nicht berührt worden.

Für die Beurteilung der rechtlichen Wirkungen des Verwertungsvertrages sei österreichisches Recht anzuwenden, weil die beklagte Partei eine österreichische Gesellschaft sei und der Vertrag ausschließlich in Österreich Rechtswirkungen zeitigen sollte. Aber auch bei Anwendung deutschen Rechtes sei nichts für die Klägerin gewonnen. Wenn das deutsche Urheberrecht auch keine dem § 38 des österreichischen Urheberrechtsgesetzes entsprechende Bestimmung kenne, wonach die Benützungsrechte dem Filmhersteller zustehen, so werde doch auch im deutschen Schrifttum und in der deutschen Rechtsprechung von einem Urheberrecht des Filmunternehmers ausgegangen. Die A.-Film habe die Auswertungsrechte an die Beklagte gültig übertragen. Deshalb seien weitere Verfügungen darüber unwirksam geblieben. Auch wenn man den Unternehmer nicht als Urheber ansehe, müsse angenommen werden, daß die abgeleiteten Rechte, die durch seine Verfügungen entstanden sind, von den Urhebern rechtsgültig dem Unternehmer übertragen worden seien und daher ebenfalls gültig darüber zugunsten der Beklagten verfügt werden konnte. Abweichend vom Standpunkt des Erstgerichtes wurde daher vom Berufungsgericht angenommen, daß die Verwertungsrechte an dem von der A.-Film hergestellten Film auf Grund des Vertrages vom 14. Juli 1955 der beklagten Partei zustunden.

Der Oberste Gerichtshof gab der Revision der klagenden Partei Folge und gab dem Klagebegehren statt.

Rechtliche Beurteilung

Aus den Entscheidungsgründen:

Nach Ansicht der Revisionswerberin habe das Berufungsgericht übersehen, daß zur Auswertung eines Films, der eine Bearbeitung eines Bühnenstückes zum Gegenstande hat, auch die Zustimmung des Urhebers des Bühnenstückes notwendig sei, diese Zustimmung aber der A.-Filmgesellschaft infolge Vertragsrücktritts des Z.-Verlages entzogen worden sei. Im Zeitpunkt der Fertigstellung des Films, der für die Entstehung der Urheberrechte maßgebend sei, habe die A.-Film die notwendige Zustimmung des Urhebers nicht gehabt. Wenn dieses Recht aber schon in der Person des Zedenten nicht zur Entstehung gelangt war, dann könne auch der vorher erfolgten Abtretung keine Wirkung in dem Sinne zukommen, daß dieses Recht dem Zessionar angefallen sei.

Hier vermischt die Revisionswerberin das Urheberrecht am Film mit dem Urheberrecht am zugrunde liegenden Bühnenwerk. Beide Urheberrechte müssen getrennt betrachtet werden, weil sie verschiedenen Personen zustehen. Richtig ist nur, daß zur Verwertung des Films die Zustimmung beider Urheber vorliegen muß. Unrichtig ist aber der Schluß, daß die Übertragung der Urheberrechte am Film nicht wirksam werden konnte, weil die Zustimmung des Urhebers am Bühnenwerk in gültiger Form nicht vorlag.

Die Revisionswerberin bestreitet ferner mit Rücksicht auf das anzuwendende deutsche Recht, daß die A.-Film durch die bloße Herstellung des Films die urheberrechtlichen Befugnisse eines Bearbeiters erworben habe. Die Meinung, daß die Rechte am Film dem Hersteller zustunden, werde in Deutschland nur vereinzelt vertreten. Gerade Ulmer, auf den sich das Berufungsgericht berufe, vertrete den gegenteiligen Standpunkt, ebenso Runge. Der Hersteller müsse sich erst durch entsprechende Verträge mit den Filmschaffenden die von diesen erworbenen Urheberrechte übertragen lassen. Aus den Verträgen ergebe sich aber, daß der Film von der A.-Film nur im Auftrag der T.-Union hergestellt worden sei und letztere daher als Filmunternehmerin angesehen werden müsse.

Dazu ist zunächst zu sagen, daß auf die vorliegenden, zur Beurteilung stehenden Rechtsverhältnisse ausschließlich deutsches Recht anzuwenden ist. Der Vertrag zwischen der A.-Film und der Beklagten, also zwischen einem Ausländer und einem Österreicher, wurde im Ausland geschlossen. Da das Recht des Abschlußortes gilt (§ 37 ABGB.), kommt deutsches Recht zur Anwendung. Die Tatsache, daß der Vertrag Auswertungsrechte für Österreich zum Gegenstand hat, vermag um so weniger daran etwas zu ändern, als die Parteien München als Erfüllungsort vereinbart haben. Aber nicht nur der Vertrag ist nach deutschem Recht zu beurteilen, sondern auch die rechtliche Beurteilung des Verwertungsrechtes folgt deutschem Recht, weil hiefür der Ort maßgebend ist, nach dessen Recht das Verwertungsrecht entstanden ist.

Die Revision ist aber im übrigen begrundet.

Das Recht, einen Film nach einem Bühnenstück herzustellen, zu vervielfältigen und zu verwerten, steht ausschließlich dem Urheber des Bühnenstückes zu. Es mußte daher in erster Linie die Frage gelöst werden, ob der Hersteller des Films, das ist die A.- Filmgesellschaft, die notwendige Genehmigung des Bühnenautors zur Herstellung des Films besaß. Unbestritten ist, daß der Z.-Verlag als Inhaber der Urheberrechte am Bühnenstück von dem Verlagsvertrag, mit welchem er die Verfilmungsrechte an die A.-Film übertragen hatte, wegen Nichterfüllung des Vertrages zurückgetreten war und daß die A.-Film diesen Rücktritt dadurch anerkannte, daß sie die ihr vertraglich überlassenen Verfilmungsrechte an den Z.-Verlag rückübertrug. Sie wäre nach diesem Zeitpunkte daher nicht mehr in der Lage gewesen, den Film zu drehen. Erst dadurch, daß die T.-Union die Verfilmungsrechte vom Z.-Verlag erwarb und die A.-Film mit der Herstellung des Filmes beauftragte, konnten die Dreharbeiten fortgesetzt und beendet werden. Die weiteren Urheberrechte am Film selbst, die dem Hersteller als abgeleitete Rechte zustehen, waren damit an den Bestand des Autorenurheberrechtes gebunden und von dessen Schicksal abhängig. Die Übertragung von Urheberrechten richtet sich grundsätzlich nach den für die Forderungsabtretung geltenden Grundsätzen des bürgerlichen Rechtes (§ 413 BGB.). Die Verwertungsrechte der beklagten Partei waren nach diesen Grundsätzen aber vom Bestand der abgetretenen Forderung abhängig. Durch den Vertragsrücktritt des Z.-Verlages sind die der A.-Film eingeräumten Verfilmungsrechte aber wieder erloschen. Es kann zwar grundsätzlich auch eine erst künftig entstehende Forderung nach deutschem Recht abgetreten werden (RGZ. 55, 334 u. a.). Es ist auch anerkannt, daß die Übertragung künftiger Forderungen absolute Wirkung hat und sich die Übergabe bei Entstehen der Forderung ohne weiteres Zutun von selbst vollzieht (JW. 1913 S. 132). Danach wurde auch die Übertragung von Urheberrechten an künftigen Werken nach diesen Grundsätzen und mit diesen Wirkungen für zulässig angesehen (vgl. RGZ. 140, 231). Voraussetzung ist aber, daß die Forderung (hier das abgetretene Verwertungsrecht) für den Abtretenden selbst zur Entstehung kommt, daß also der Film auf Grund der bei Vertragsabschluß gegebenen Geschäftsgrundlage hergestellt wurde. Nun ist zwar faktisch der Film von der A.-Film hergestellt worden, aber unter gänzlich veränderten Bedingungen und auf einer anderen Geschäftsgrundlage, ohne daß sie über das Autorenurheberrecht verfügungsberechtigt war. Die Herstellung erfolgte nicht mehr auf Grund eigener Werknutzungsrechte, sondern im Auftrage eines Dritten. Da aber gerade das vom Autor erworbene Verfilmungs- und Auswertungsrecht Gegenstand des Vertrages zwischen der A.-Film und der beklagten Partei war, blieb das Recht der beklagten Partei immer davon abhängig, daß die A.-Film im rechtsgültigen Besitz dieses Rechtes verblieb. Dem steht auch der Grundsatz der absoluten (auch dinglich genannten) Wirkung der Abtretung von Urheberrechten nicht entgegen, weil dieser Grundsatz nur gegen zeitlich nachfolgende Verfügungen des Abtretenden schützt, nicht aber das Recht des Zessionars vom aufrechten Bestand des Rechtes des Zedenten unabhängig macht. Die vom Erstgericht vertretene Meinung, daß auch bei Rückfall des Urheberrechtes an den Z.-Verlag dieses mit dem Verwertungsrecht der beklagten Partei belastet geblieben sei, ist daher abzulehnen. Es ist vielmehr davon auszugehen, daß das der beklagten Partei eingeräumte Werknutzungsrecht gleichzeitig mit dem Vertragsrücktritt des Z.-Verlages erloschen ist bzw., da es sich nur um ein erst künftig zur Entstehung gelangendes Recht handelte, nach diesem Zeitpunkte nicht mehr entstehen konnte.

Das Berufungsgericht ging dagegen von der unrichtigen Ansicht aus, daß die der A.-Film als Herstellerin zustehenden Rechte am Film auch unabhängig vom Verfilmungsrecht selbst an die beklagte Partei rechtsgültig abgetreten worden seien. Abgesehen davon, daß der zwischen der A.-Film und der Beklagten abgeschlossene Vertrag dieser Ansicht widerspricht, weil danach die "alleinigen und ausschließlichen Verfilmungs- und Auswertungsrechte" des Films Gegenstand des Vertrages waren und schon dadurch der Zusammenhang mit dem vom Z.-Verlag erhobenen Urheberrecht eindeutig hergestellt wurde, übersieht das Berufungsgericht auch, daß die endgültige Herstellung des Filmes - wie oben ausgeführt - auf einer völlig geänderten Geschäftsgrundlage erfolgte, nachdem die klagende Partei rechtmäßig und unanfechtbar im Besitze der vom Z.-Verlag übertragenen Urheberrechte ist, wie sich aus den vorgelegten Verträgen ergibt.

Das Feststellungsbegehren der klagenden Partei erweist sich daher als begrundet, so daß in Stattgebung der Revision wie im Spruche zu entscheiden war.

Anmerkung

Z29071

Schlagworte

Film Verwertungs- und Vervielfältigungsrecht, Urheberrecht, Film nach Bühnenstück, Vervielfältigungsrecht bei Filmen, Verwertungsrecht bei Filmen

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1956:0030OB00420.56.1017.000

Dokumentnummer

JJT_19561017_OGH0002_0030OB00420_5600000_000
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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