TE Vfgh Erkenntnis 2001/6/13 B2380/00 ua

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Veröffentlicht am 13.06.2001
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Index

16 Medienrecht
16/02 Rundfunk

Norm

B-VG Art83 Abs2
B-VG Art144 Abs1 / Anlaßfall
VfGG §27
VfGG §88

Leitsatz

Verletzung im Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter wegen Entscheidung durch eine als verfassungswidrig erkannte Behörde aufgrund Anlaßfallwirkung der Feststellung der Verfassungswidrigkeit des §13 RegionalradioG, BGBl 506/1993 idF BGBl I 160/1999, mit E v 13.06.01, G141/00 ua.

Spruch

Die beschwerdeführenden Parteien sind durch den angefochtenen Bescheid wegen Anwendung eines verfassungswidrigen Gesetzes in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden.

Der Bescheid wird aufgehoben.

Der Bund (Bundeskanzler) ist schuldig, den beschwerdeführenden Parteien zuhanden ihrer Rechtsvertreter die mit je S 29.500,- bestimmten Prozeßkosten binnen 14 Tagen bei Exekution zu bezahlen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. Die vorliegenden Beschwerden wenden sich gegen den Bescheid der Privatrundfunkbehörde vom 19. Dezember 2000, Z611.192/10-PRB/00, mit dem die einstweilige Zulassung zur Veranstaltung eines 24-stündigen Vollprogramms für die im Frequenznutzungsplan BGBl. II Nr. 112/2000 ausgewiesene Sendelizenz "Wien" (Wien 1, Frequenz: 102,50 MHz) gemäß §17 Abs7 des Regionalradiogesetzes (RRG), BGBl. Nr. 506/1993 idF BGBl. I Nr. 51/2000, iVm. §59 AVG für die Dauer von sechs Monaten ab Zustellung dieses Bescheides der "A ...gesellschaft m. b.H." erteilt und ua. den beschwerdeführenden Parteien versagt wurde.

Gegen diesen Bescheid erheben 1. die M Gesellschaft mbH (protokolliert zu B2380/00) und 2. Radio ABC (protokolliert zu B145/01) gestützt auf Art144 B-VG Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof.

In den Beschwerden werden die Verletzung in verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten sowie die Verletzung in Rechten wegen Anwendung verfassungswidriger Gesetzesbestimmungen behauptet und die kostenpflichtige Aufhebung des angefochtenen Bescheides begehrt.

Mit Erkenntnis vom 13. Juni 2001, G141-144/00, sprach der Verfassungsgerichtshof aus, daß §13 des Bundesgesetzes, mit dem Regelungen über regionalen und lokalen Hörfunk erlassen werden (Regionalradiogesetz - RRG), BGBl. Nr. 506/1993 idF der Z3b. des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 160/1999, verfassungswidrig war.

II. Der Verfassungsgerichtshof hat die Beschwerden gemäß §35 Abs1 VerfGG 1953 iVm. §187 ZPO zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbunden.

Gemäß Art140 Abs7 B-VG wirkt die Aufhebung eines Gesetzes oder der Ausspruch des Verfassungsgerichtshofes gemäß Abs4 auf den Anlaßfall zurück. Es ist daher hinsichtlich des Anlaßfalles so vorzugehen, als ob die als verfassungswidrig erkannte Norm bereits zum Zeitpunkt der Verwirklichung des dem Bescheid zugrundegelegten Tatbestandes nicht mehr der Rechtsordnung angehört hätte.

Dem in Art140 Abs7 B-VG genannten Anlaßfall (im engeren Sinn), anläßlich dessen das Gesetzesprüfungsverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist, sind all jene Beschwerdefälle gleichzuhalten, die zum Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung im Gesetzesprüfungsverfahren bzw. bei Unterbleiben einer mündlichen Verhandlung zu Beginn der nichtöffentlichen Beratung beim Verfassungsgerichtshof bereits anhängig waren (VfSlg. 10616/1985, 11711/1988).

Die nichtöffentliche Beratung im Gesetzesprüfungsverfahren G141-144/00 fand am 13. Juni 2001 statt. Die vorliegenden Beschwerden langten beim Verfassungsgerichtshof am 27. Dezember 2000 (B2380/00) und am 30. Jänner 2001 (B145/01) ein, waren also zum Zeitpunkt des Beginns der nichtöffentlichen Beratung schon anhängig; der ihnen zugrundeliegende Fall ist somit einem Anlaßfall gleichzuhalten.

Die beschwerdeführenden Parteien wurden in ihrem verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt, weil eine als verfassungswidrig erkannte Behörde entschieden hat.

Der Bescheid ist daher aufzuheben.

Dies konnte gemäß §19 Abs4 Z3 VerfGG 1953 ohne mündliche Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung beschlossen werden.

Die Kostenentscheidung beruht auf §88 VerfGG 1953. In den zugesprochenen Kosten ist Umsatzsteuer in Höhe von jeweils S 4.500,-

enthalten. Soweit die beschwerdeführende Partei des Verfahrens B145/01 für Äußerungen im Verfahren B2380/00 weitere Kosten verzeichnet, war diesem Begehren nicht stattzugeben, weil diese Kosten von dem ihr zugesprochenen Pauschalsatz bereits umfaßt sind.

Schlagworte

Kollegialbehörde, VfGH / Anlaßfall, VfGH / Kosten

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:VFGH:2001:B2380.2000

Dokumentnummer

JFT_09989387_00B02380_00
Quelle: Verfassungsgerichtshof VfGH, http://www.vfgh.gv.at
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