TE OGH 1957/10/9 7Ob345/57

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Veröffentlicht am 09.10.1957
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SZ 30/56

Spruch

Die Inkraftsetzung des § 16 Abs. 2 MietG. durch die Mietengesetznovelle 1955 hat eine inhaltliche Derogation des Zinsstoppgesetzes bewirkt.

Entscheidung vom 9. Oktober 1957, 7 Ob 345/57.

I. Instanz: Bezirksgericht Baden; II. Instanz: Kreisgericht Wiener Neustadt.

Text

Der Antragsteller und seine Gattin sind Mieter einer Wohnung in dem den Antragsgegnern gehörigen Hause in K., W.-Straße 23, bestehend aus Zimmer, Küche und Kabinett. Die Wohnung unterliegt der Zinsbildung nach den Bestimmungen des Mietengesetzes. Der zwischen den Mietern und den Hauseigentümern am 10. August 1956 abgeschlossene Mietvertrag enthält die Vereinbarung, daß die Mieter einen Durchschnittszins von 43 S monatlich und darüber hinaus "für die Hauserhaltung und sonstigen Verluste" noch 67 S monatlich zu bezahlen haben, woraus sich ein Gesamtzins von 110 S monatlich ergibt. Die Wohnung wurde an die genannten Mieter unmittelbar nach dem Auszug des Vormieters vermietet.

Das Begehren des Antragstellers, festzustellen, daß der Monatsmietzins 20 S betrage und daher der vereinbarte monatliche Mietzins von 110 S das gesetzliche Zinsausmaß um 90 S übersteige, wurde vom Erstgericht mit der Begründung abgewiesen, daß eine nach § 16 Abs. 2 MietG. zulässige Vereinbarung vorliege.

Das Rekursgericht vermochte sich dieser Auffassung nicht anzuschließen, war jedoch der Meinung, daß zu prüfen sei, ob nicht in dem vereinbarten Mietzinszuschlag von 67 S eine nach § 7 Abs. 1 MietG. zulässige freie Vereinbarung über die Deckung eines erhöhten Instandhaltungsaufwandes zu erblicken sei. Es erachtete demgemäß die Sache für noch nicht spruchreif und hob den erstgerichtlichen Beschluß mit dem Beisatze auf, daß eine Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung zu entscheiden sei, womit es den Rechtszug an den Obersten Gerichtshof eröffnete (§ 32 Abs. 2 MietG.).

Der Oberste Gerichtshof hob aus Anlaß des Revisionsrekurses des Erstantragsgegners die Beschlüsse der Untergerichte auf und wies den Antrag auf Feststellung, daß der Mietzins für die Wohnung im Hause K., W.-Straße 23, 20 S monatlich betrage und daher durch die Einhebung von 110 S monatlich das gesetzliche Zinsausmaß um 90 S monatlich überschritten worden sei, zurück.

Rechtliche Beurteilung

Aus der Begründung:

Sind unter den am 30. Juni 1954 bestehenden Mietzinsvereinbarungen im Sinne des § 1 ZinsstoppG. nur solche Mietzinsvereinbarungen zu verstehen, wie sie am genannten Tage wirksam waren (JBl. 1956 S. 290, 2 Ob 714/55), dann ist, wie die Entscheidung JBl. 1956 S. 290 und ihr folgend die Entscheidung 7 Ob 280/57 dargelegt haben, trotz Aufhebung der am 30. Juni 1954 geltenden preisrechtlichen Vorschriften, die in Österreich zwischen dem 13. März 1938 und dem 10. April 1945 eingeführt oder erlassen worden sind, also auch der Mietzinsregelungsverordnung GBlÖ. Nr. 159/1938, im Hinblick auf § 1 ZinsstoppG. für den Antragsteller zunächst nichts gewonnen, weil für die Überprüfung des gestoppten Zinses durch den Außerstreitrichter kein Raum ist (RiZ. 1956 S. 174). Daß der Mietvertrag nach dem 30. Juni 1954 geschlossen wurde, ist unentscheidend, weil auch mit einer nach dem Inkrafttreten des Zinsstoppgesetzes getroffenen Vereinbarung der gestoppte Zins nicht erhöht werden kann, eine Erhöhung dieses Zinses vielmehr nur unter den Voraussetzungen des § 2 ZinsstoppG. zulässig ist. Das ergibt sich eindeutig aus § 1 ZinsstoppG., der ausdrücklich von Räumen und nicht von Mietverträgen spricht, die am 30. Juni 1954 den Bestimmungen des Preisregelungsgesetzes und der dazu ergangenen Verordnungen unterlagen (3 Ob 135/56 u. a.).

Nun ist, worauf der Revisionsrekurs mit Recht hinweist, durch die Mietengesetznovelle 1955 die Bestimmung des § 16 Abs. 2 MietG. neu in Kraft gesetzt worden, wodurch eine inhaltliche Derogation des Zinsstoppgesetzes erfolgte (s. Czech-Michlmayr, Der neue Text des Mietengesetzes, II S. 182; Korn, Die Mietengesetznovelle 1955, ÖJZ. 1956 S. 88). Daß diese Auffassung der Absicht des Gesetzgebers entspricht, ergibt sich auch aus § 17 Abs. 3 NeuvermietungsG., wie Czech-Michlmayr in "Das Neuvermietungsgesetz" auf S. 49 zutreffend ausführen. Es ist also mit dem Inkrafttreten der Mietengesetznovelle 1955 eine freie Vereinbarung nach § 16 Abs. 2 MietG. wieder zulässig. Die Vereinbarung eines Durchschnittszinses von 43 S monatlich und eines Zuschlages von 67 S monatlich für die Hauserhaltung und sonstigen Verluste, wie sich der Mietvertrag ausdrückt, bedeutet nichts anderes als die Vereinbarung eines Pauschalmietzinses. Übersteigt dieser Zins, was der Antragsteller behauptet, den nach den Bestimmungen der §§ 2 ff. MietG. zulässigen Zins, dann liegt hier eine nach § 16 Abs. 2 Z. 1 und Abs. 3 MietG. zulässige freie Vereinbarung vor, zu deren Überprüfung es im Hinblick auf § 12 Abs. 3 MietG. an der Zuständigkeit des Außerstreitrichters fehlt (ebenso 7 Ob 280/57). Da der Oberste Gerichtshof die Auffassung des Rekursgerichtes über die Unzulässigkeit der getroffenen freien Vereinbarung nicht teilt, besteht weder Anlaß noch Möglichkeit zu einer Überprüfung des Zinses, soweit eine zulässige freie Vereinbarung über die Deckung eines erhöhten Instandhaltungsaufwandes nach § 7 Abs. 1 MietG. vorliegt.

Mangels Zuständigkeit des Außerstreitrichters war daher der Antrag zurückzuweisen.

Schlagworte

Abänderung des Zinsstoppgesetzes durch Inkraftsetzung des § 16 Abs. 2 MietG. Derogation,inhaltliche - des Zinsstoppgesetzes durch Inkraftsetzung des § 16 Abs. 2 MietG. Freie Zinsvereinbarung nach § 16 Abs. 2 MietG.,inhaltliche Derogation des Zinsstoppgesetzes Inhaltliche Derogation des Zinsstoppgesetzes durch Inkraftsetzung des § 16 Abs. 2 MietG. Vereinbarung eines erhöhten Mietzinses nach § 16 Abs. 2 MietG.,inhaltliche Derogation des Zinsstoppgesetzes Zinsstoppgesetz inhaltliche Derogation durch Inkraftsetzung des § 16 Abs. 2 MietG. Zinsvereinbarung nach § 16 Abs. 2 MietG,inhaltliche Derogation des Zinsstoppgesetzes,

Textnummer

Z30056

European Case Law Identifier (ECLI)

ECLI:AT:OGH0002:1957:0070OB00345.570.1009.000

Im RIS seit

10.01.1995

Zuletzt aktualisiert am

06.02.2019
Quelle: Oberster Gerichtshof (und OLG, LG, BG) OGH, http://www.ogh.gv.at
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