Norm
ABGB §1295Kopf
SZ 31/3
Spruch
Wer wissentlich an einer Vertragsverletzung mitgewirkt hat, haftet nach §§ 1295, 1301 ABGB. für den daraus entstandenen Schaden.
Entscheidung vom 8. Jänner 1958, 1 Ob 455/57.
I. Instanz: Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz; II. Instanz:
Oberlandesgericht Graz.
Text
Der Kläger begehrt vom Beklagten Schadenersatz, indem er behauptet, daß der Beklagte am 31. Mai 1955 ohne jede Warnung in der Zeit des stärksten Bienenfluges von 10 Uhr bis 11 Uhr nur 50 m von der Bienenhütte des Klägers entfernt Baumspritzungen vorgenommen habe, wodurch eine Unzahl von Bienen vernichtet worden und dem Kläger ein Schaden in der Höhe von 4014 S s. A. entstanden sei. Den Beklagten treffe an der Schadenszufügung auch dann das ausschließliche Verschulden, wenn er von seinem Dienstgeber nicht den Auftrag erhalten haben sollte, den Kläger von der Durchführung der Baumspritzungen zu verständigen. Als geprüfter Baumwärter habe der Beklagte erkennen müssen, daß eine Spritzung mit Giftmitteln im Obstgarten in unmittelbarer Nähe einer Bienenhütte zur Zeit des stärksten Bienenfluges schweren Schaden für die Bienenvölker nach sich ziehen werde.
Der Beklagte bestritt den Klageanspruch dem Gründe und der Höhe nach. Als selbständiger Baumwärter der Gutsverwaltung des Schlosses H. sei er verpflichtet, die Obstbäume von Krankheiten und Schädlingen freizuhalten; dabei wende er verschiedene Spritzmittel an. Für die Spritzung aller ihm zur Pflege anvertrauten Obstbäume brauche er jeweils vier Tage, so daß er das Frühjahr und den Sommer hindurch mit dem Baumspritzen beschäftigt sei. Während der Blütezeit habe er nie gespritzt, und am 31. Mai 1955 sei die Obstbaumblüte schon vorüber gewesen. Der Kläger sei schon seit 1950 beim gleichen Dienstgeber wie er beschäftigt und mit den Gepflogenheiten beim Baumspritzen vertraut; er hätte daher selbst Vorsichtsmaßnahmen für seine Bienen treffen müssen. Der Verlust an den Bienen sei vermutlich durch Räuberei und durch Seuchen entstanden. Selbst wenn der Schaden durch die Spritzungen der Obstbäume eingetreten sein sollte, sei der Beklagte hiefür nicht haftbar, weil eine solche Haftung nur dann anzunehmen sei, wenn es der Beklagte auf die Vernichtung des Bienenstandes des Klägers geradezu abgesehen gehabt hätte, was gar nicht behauptet werde; das Besprengen der Bäume mit Giftmitteln sei in Ausübung eines Rechtes vorgenommen worden. In der Nähe des Bienenstockes des Adolf W. seien am gleichen Tag bis 10 Uhr vormittags Bäume mit E 605 gespritzt worden und dennoch bei diesem Imker kein Schaden eingetreten, woraus geschlossen werden könne, daß das Bienensterben beim Kläger auf andere Ursachen zurückgeführt werden müsse. Das die Bienenhütte des Klägers tragende Schloßgrabengrundstück sei keine Blumenwiese, sondern Jungviehweide. Eine Verständigung der Imker von den beabsichtigten Baumspritzungen wäre nicht durchführbar und auch zwecklos gewesen, weil die Wirkung der versprühten Gifte durch längere Zeit anhalte und der Imker seine Bienen für so lange Zeit gar nicht am Fluge behindern könne. Es habe auch die Möglichkeit bestanden, daß die Bienen Gift an anderen, entfernten Grundstücken aufgenommen haben.
Das Erstgericht hat das Verfahren auf den Grund des Anspruches eingeschränkt; es erkannte mit Zwischenurteil, daß der Anspruch der klagenden Partei dem Gründe nach nicht zu Recht bestehe. Die Begründung gipfelt im wesentlichen darin, daß der Beklagte zu einer Verständigung des Klägers überhaupt nicht verpflichtet gewesen sei, ihn somit ein Verschulden am Schaden des Klägers nicht treffen könne. Selbst bei Annahme einer Verpflichtung zur Verständigung könne dem Beklagten ein Verschulden nicht angelastet werden, weil der Kläger von der beabsichtigten Baumspritzung nach seiner eigenen Angabe Kenntnis gehabt habe. Es sei das Verschulden des Klägers gewesen, wenn ihm ein Schaden erwachsen sei, da er sich nach Bekanntwerden vom beabsichtigten Baumspritzen beim Beklagten hätte erkundigen können, womit gespritzt werde, worauf er selbst die notwendigen Vorsichtsmaßnahmen für seine Bienen hätte treffen können. Eine solche Anfrage sei unterblieben, weil der Kläger mit dem Beklagten nicht das beste Einvernehmen gehabt habe.
Infolge Berufung der klagenden Partei änderte das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil dahin ab, daß es den Anspruch des Klägers gegenüber dem Beklagten auf Zahlung von 4014 S s. A. als dem Gründe nach zu Recht bestehend feststellte. Es übernahm zum Teil Feststellungen des Erstgerichtes und traf auf Grund von Beweiswiederholungen und -ergänzungen zum Teil eigene Feststellungen, so daß Grundlage seines Urteils folgender Sachverhalt ist:
Die Streitteile sind seit Jahren bei der Gutsverwaltung Schloß H. bei W. - Eigentümer Notar Dr. N. - beschäftigt, der 68 jährige Kläger als Wagnermeister, der 33 jährige Beklagte als Baumwärter. Anläßlich seiner Anstellung erhielt der Kläger vor Jahren die Erlaubnis zur Aufstellung einer Bienenhütte, die er auch in der Nähe seiner Wohnung, am sogenannten Schloßriegel, errichtete. Am 31. Mai 1955 nach bereits beendeter Obstbaumblüte nahm der Beklagte eine Nachblütenspritzung an den Obstbäumen am Schloßriegel sowie im entfernteren Schmiedgraben mit einer Spritzflüssigkeit, der auch E 605 beigemengt war, in der Zeit zwischen 7 und 11 Uhr Vormittag vor. Am gleichen Tage erlitt der Kläger durch Vernichtung von zahlreichen Bienen seiner Bienenhütte einen Schaden, den er mit über 4000 S bezifferte. Auf dem Obstbaugut H. befinden sich etwa 3000 bis 4000 Obstbäume, darunter im Schmiedgraben eine größere, im Schloßgraben (Schloßriegel) eine geringere Zahl. Das Haupterträgnis des Gutes liefert der Obstbaubetrieb. Der feuchte Schmiedgraben trägt üppigen Unterwuchs aus Gräsern, Klee und Wiesensalbei, die von Bienen stark beflogen werden. Die Wiesenflächen des Schmiedgrabens werden in gewissen Zeiten abgemäht. Nordöstlich des Schmiedgrabens sind einige Gebäude und hohe Bäume. Auf der nordöstlichen Seite einer anschließend vorbeiführenden Straße befindet sich eine etwa 10 m hohe Böschung mit Obstbäumen und auf der obersten Kante dieser Böschung in einer Entfernung von zirka 70 m von den nächststehenden Obstbäumen des Schmiedgrabens das Bienenhaus des Imkers Adolf W. Der Schloßriegel wird im Nordosten von einer Böschung mit Baumbestand begrenzt und weist eine hügelartige Erhöhung auf. In dieser halbkreisförmigen Böschung steht das Bienenhaus des Klägers ungefähr 50 m von den nächststehenden Obstbäumen entfernt. Der Unterwuchs am Schloßriegel besteht aus Gräsern und Wiesensalbei und wird abgeweidet. Der Beklagte nahm schon jahrelang auftragsgemäß Baumspritzungen an der Obstbaumanlage des Gutes in der Vor- und Nachblütenzeit vor. Die Spritzungen erfolgten wegen des Umfanges des Obstgutes während des ganzen Jahres; dabei erzielte der Beklagte als Obstbaumpfleger gute Erfolge. Spritzungen fanden auch schon vor dem 31. Mai 1955 unter Zusatz von E 605 statt. Bereits vor dem 31. Mai 1955 waren am Bienenstand des Klägers kleinere Schäden durch Verwendung von Giftspritzmitteln aufgetreten, weshalb sich der Kläger einerseits an den Gutsverwalter Ferdinand M., andererseits an den Sohn des Gutsbesitzers, Dr. N. jun., wendete, die dem Beklagten empfahlen, den Kläger von den beabsichtigten Spritzungen zu verständigen. Der Kläger hat von seiner Arbeitsstätte Ausblick auf den Schloßgraben, kann daher beobachten, wenn Baumspritzungen im Schloßgraben vorgenommen werden. Auf dem Gut besteht die Gepflogenheit, daß an jedem Arbeitstag vor Beginn der Arbeiten die Arbeitsverteilung erfolgt, bei der auch die Streitteile zugegen sind. Der Kläger erfuhr bei dieser Gelegenheit, wenn am gleichen Tage Baumspritzungen vorgenommen werden sollten. Der gleiche Vorgang wurde auch am 31. Mai 1955 eingehalten; an diesem Tage nahm der Beklagte, dem von seinem Dienstgeber die Auswahl der Zeit für das Spritzen der Obstbäume, die Art der Durchführung und die Auswahl der Spritzmittel überlassen wurde, von 7 bis 10 Uhr im Schmiedgraben und von 10 bis 11 Uhr im Schloßgraben eine Nachblütenspritzung der Obstbäume mit Verwendung einer Spritzbrühe aus Kupferpräparaten unter Zusatz von E 605 vor. Der Kläger hatte von der beabsichtigten Vornahme der Spritzungen am Morgen bei der Arbeitsverteilung Kenntnis erhalten, ohne jedoch davon unterrichtet worden zu sein, daß die Spritzungen unter Zusatz von Giftmitteln erfolgen würden. Wegen der damals bestehenden Schorfgefahr und des Auftretens von Insektenschädlingen war die Vornahme einer Baumspritzung am 31. Mai 1955 notwendig und die Verwendung von E 605 zur Vermeidung eines doppelten Arbeitsvorganges zulässig. E 605 wirkt sowohl als Berührungs- oder Kontaktgift als auch als Fraß- oder Magengift und wirkt äußerst heftig und schnell. Es verliert im allgemeinen innerhalb von 24 Stunden seine toxische Wirksamkeit; durch Beimengung von Kupferpräparaten kann sie noch verkürzt werden. Durch die Spritzung können sich in der Luft sogenannte Spritzwolken bilden, die daher auch noch in weiterer Entfernung für Bienen bei Durchfliegen solcher Wolken nachteilige Folgen haben können. Trotz der Heftigkeit des Giftes war es möglich, daß hievon infizierte Bienen am Rückflug noch den Bienenstock erreichten, wodurch das Gift auch auf die Stockbienen übertragen wurde und diese im Bienenstock zugrunde gingen. Die Dichte des Bienenfluges nimmt mit ansteigender Temperatur zu, so daß bei schönem Wetter um die Mittagszeit der stärkste Bienenflug besteht. Fälle von Bienenräuberei oder Bienenseuchen sind in der kritischen Zeit nicht vorgekommen. Die Schädigungen des Klägers an seinem Bienenstand vor dem 31. Mai 1955 führten nach Vorstellungen des Klägers dazu, daß Ferdinand M. und Dr. N. jun. den Beklagten anleiteten, dafür zu sorgen, daß der Kläger im Falle des Spritzens von Gift verständigt werde. Trotzdem unterblieb jede Verständigung des Klägers durch den Beklagten. Schon vor dem Schadensfall am 31. Mai 1955 wurden dem Beklagten nach Baumspritzungen Vorhalte wegen eingetretener Schäden an den Bienen und wegen mangelnder Verständigung gemacht, worauf der Beklagte nur erwiderte, er habe darauf vergessen. Bei Baumspritzungen bedarf der Beklagte der Beistellung eines Pferdes oder eines Traktors zum Ziehen der Baumspritze. Mit den kleinen Traktoren wird in der Landwirtschaft zum größten Teil während der Zeit von 7 Uhr bis 18 Uhr gearbeitet, so daß sie in der Zeit vor 7 Uhr oder nach 18 Uhr für das Spritzen ohne weiteres zur Verfügung gestellt werden können. Fast ausnahmslos steht für das Spritzen ein altes Pferd zur Verfügung, das nur an Arbeitsspitzentagen in der Landwirtschaft verwendet wird. Bei rechtzeitiger Anmeldung des Bedarfes kann selbst an Spitzentagen dem Beklagten am Abend zuvor ein Traktor oder das Pferd beigestellt werden. Der Beklagte hat jedoch die Gepflogenheit, erst um 7 Uhr bei der Arbeitseinteilung Fuhrwerk oder Traktor für Baumspritzungen anzusprechen, wodurch sich dann Reibungen ergeben. Am 31. Mai 1955 erfuhr der Kläger um zirka 7 Uhr früh von der beabsichtigten Baumspritzung, jedoch nicht davon, womit gespritzt würde. Erfolgversprechende Vorkehrungen zum Einsperren der Bienen im Stock hätte der Kläger in diesem Zeitpunkt selbst bei einer gleichzeitig erfolgten Verständigung nicht mehr treffen können, weil zu dieser Zeit der Bienenflug bereits in beträchtlichem Umfang eingesetzt hatte und die Absperrmaßnahmen bei 27 Völkern längere Zeit in Anspruch nehmen. Wenn eine Verständigung am Abend zuvor erfolgt, können Absperrmaßnahmen für den nächstfolgenden Tag zeitgerecht vorgenommen werden. Der Beklagte führte die Baumspritzungen am 31. Mai 1955 so durch, daß er im entfernten Schmiedgraben begann und ab zirka 10 Uhr am Schloßriegel von unten herauf in der Richtung gegen das Bienenhaus spritzte, so daß er ungefähr um 11 Uhr in der Nähe des Bienenhauses die letzten Spritzungen vornahm. Zu dieser Zeit blühten im Schloßgraben im Unterwuchs noch verschiedene "Honigblumen" (Wiesensalbei und Distel), die von den Bienen gerne beflogen und von den Rindern nicht gefressen werden. Die Hauptflugrichtung der Bienen des Klägers verläuft zu den am Schloßriegel stehenden nächstgelegenen Obstbäumen, die am 31. Mai 1955 gegen 11 Uhr gespritzt wurden. Am Abend des 31. Mai 1955 fand der Kläger auf dem Anflugbrett seines Bienenhauses eine Menge toter Bienen vor, die er sammelte und größtenteils eingrub, damit nicht Hühner dadurch vergiftet werden könnten. Am 1. Juni 1955 fand der Kläger noch mehr tote Bienen beim Bienenhaus. Am gleichen Tage in der Frühe zeigte der Kläger dem Beklagten den großen Bienenschaden, wobei der Beklagte zugab, am 31. Mai 1955 Gift gespritzt zu haben; eine Rechtfertigung für seine Handlungsweise gab er nicht, sondern lachte den Kläger nur aus. Eine große Anzahl der toten Bienen schickte der Kläger an den Landesverband der Bienenzüchter für Steiermark ein. Der Obmann des Bienenzüchterverbandes W., Wilhelm S., stellte einen beträchtlichen Schaden an den Bienenvölkern im Ausmaß von ungefähr 3/4 Totalschaden an 9 oder 10 Völkern und zirka 30%igem Schaden bei den übrigen Völkern fest. In Fachvorträgen für Obstbaumpflege wurde u. a. der Ratschlag erteilt, blühende Unterkulturen nicht mit insektentötenden Mitteln zu bespritzen und Spritzungen nicht in der Hauptflugrichtung der Bienen vorzunehmen. Im Jahre 1955 sind Bosheitsakte an Bienenstöcken im Gebiet des Gutes H. nicht bekanntgeworden. Während die Bekämpfung der Insektenschädlinge auch ein bis zwei Tage verschoben werden kann, ist Eile nur bei Schorfbekämpfung geboten, die jedoch mit E 605 nicht vorgenommen wird. Zur Vermeidung eines doppelten Arbeitsganges ist jedoch gleichzeitige Schorf- und Insektenbekämpfung unter Zusatz von E 605 zweckmäßig und zulässig. Das Spritzen während der warmen Tagesstunden bringt Verbrennungsgefahr für Blätter und Blüten mit sich, so daß Spritzungen zu solchen Tagesstunden eigentlich vermieden werden sollen. Aus diesem Gründe und im Interesse der Bienenschonung werden Spritzungen vielfach in den frühen Morgen- oder Abendstunden oder zur Nachtzeit vorgenommen. Spritzwolken können sich zeitweise längere Zeit in der Luft halten, doch kommen solche für die vorliegende Örtlichkeit beim Gut H. deshalb weniger in Betracht weil im Hügelgelände ruhige Luft nur selten vorherrscht und in dieser Gegend nachmittags oft Winde auftreten. Die Vornahme von Baumspritzungen am 31. Mai 1955 gegen die Mittagszeit in der nächsten Nähe des Bienenhauses des Klägers war unsachgemäß, weil dadurch die ausfliegenden Bienen in die Spritzmittelwolken hineingeraten mußten. Bei sachgemäßem Vorgang hätte der Beklagte die Spritzungen in entgegengesetzter Richtung vornehmen müssen. Auch dabei wäre es möglich gewesen, daß Bienen beim Befliegen der Pflanzen im Schmiedgraben sich mit Gift infiziert hätten, doch ist in diesem Falle anzunehmen, daß im Hinblick auf den weiteren Rückflug vom Schmiedgraben zum klägerischen Bienenhaus und im Hinblick auf die rasche Wirkung des Giftes E 605 die im Schmiedgraben infizierten Bienen zum größten Teil nicht mehr bis ins Bienenhaus gekommen, sondern unterwegs infolge auftretender Lähmungserscheinungen eingegangen wären. Das Auffinden toter Bienen am Abend des 31. Mai und am Morgen des 1. Juni berechtigt zu dem Schluß, daß mit Gift infizierte Bienen in das Bienenhaus zurückkehrten und dort einen Teil der Stockbienen ansteckten, die dann verendeten, ferner daß am Tag infizierte Bienen doch noch zu einem großen Teil ins Bienenhaus zurückgekehrt waren, die Infektion also nicht im Schmiedgraben, sondern im Schloßgraben erfolgte. Ein auf Höchstertrag abgezielter Obstbaubetrieb kann auf eine zielbewußte Bekämpfung der mannigfaltigen tierischen und pflanzlichen Obstbaumschädlinge ebensowenig verzichten, wie er die zur Befruchtung der Obstblüten notwendigen Bienen entbehren kann. Da die zur Bekämpfung der Schadinsekten verwendeten Pflanzenschutzmittel fast ausnahmslos auch auf die Nutzinsekten tödlich wirken, ist bei der Anwendung solcher Mittel im Interesse der Erhaltung der als Haustiere gehaltenen Honigbienen insoweit Vorsicht geboten, daß bei Vorhandensein von Blüten auf Bäumen oder Unterkulturen die Verwendung von gifthältigen Pflanzenschutzmitteln unterbleibt und solche Mittel nicht zur Zeit des stärksten Bienenfluges in der Nähe von Bienenständen angewendet werden. Die festgestellten großen Bienenverluste des Klägers am 31. Mai und 1. Juni 1955 sind durch Gifteinwirkung verursacht worden. Bienenräuberei, Bienenseuchen und Bosheitsakte an Bienenstöcken sind auszuschließen, so daß der durch Vergiftung entstandene Bienenschaden nur durch die Spritzungen der Bäume und Kulturen mit E 605 eingetreten sein kann. Die Bienenverluste hätten dadurch vermieden werden können, daß die Baumspritzungen am Schloßriegel in die frühen Morgenstunden oder in die Abendstunden verlegt worden wären oder der Arbeitsvorgang vom Beklagten so eingeteilt worden wäre, daß er mit den Spritzungen am Schloßriegel in der Nähe des Bienenhauses begonnen und diese vom Bienenhaus des Klägers weg gegen den Schmiedgraben fortgesetzt und beendet hätte. Auch bei einem solchen Arbeitsvorgang hätten zwar Bienenverluste noch eintreten können, aber nicht den Umfang angenommen wie am 31. Mai 1955. Wenn trotz der Gefährlichkeit des Giftes E 605 nicht alle zur Zeit der Anwendung des Giftes auf dem Bienenstand des Klägers vorhandenen Bienenvölker im gleichen Maße in Mitleidenschaft gezogen wurden, so kann dies damit erklärt werden, daß nicht alle Sammelbienen eines Standes zur selben Zeit auf die gleiche Weidefläche fliegen. Sie suchen in der Regel zuerst die Trachtmöglichkeiten in der Nähe ihrer Behausung auszunützen, doch fliegen die Sammelbienen des einen oder anderen Volkes auch entlegenere Trachtquellen an, wenn ihnen dies ergiebiger erscheint. Die Möglichkeit der Ausdehnung eines Fluges von Sammelbienen in den Schmiedgraben und einer Infizierung dortselbst fällt für den bedeutenden Umfang des eingetretenen Schadens nicht mehr ins Gewicht, weil die große Zahl der verendeten Bienen beim bzw. im Bienenstock gefunden wurde. Der wesentlichste Teil des eingetretenen Schadens ist durch die Infektion der Bienen mit E 605 bei Befliegen der Kulturen am Schloßriegel eingetreten. Die Spritzungen am Schloßriegel dauerten nur zirka eine Stunde, jene im Schmiedgraben zirka drei Stunden; bei einer Spritzung am Schloßriegel um 7 Uhr in der Richtung vom Bienenhaus weg wären gegen Mittag zur Zeit des stärksten Bienenfluges schon einige Stunden vergangen, wodurch die Gefahr des Durchfliegens von neu gebildeten Sprühwolken auch mit Rücksicht auf die in der Gegend auftretenden häufigen Winde schon geringer gewesen wäre. Außerdem hätte der Beklagte, der von den vorausgegangenen Schäden durch Spritzungen Kenntnis hatte, das Spritzen so einteilen können, daß er es zeitlich in die Morgen- oder Abendstunden verlegt hätte, so daß die Wirkung des Giftes bis zum nächsten stärksten Bienenflug schon beseitigt oder wesentlich abgeschwächt gewesen wäre. Diese Feststellung vermag die Aussage des Zeugen Adolf W. nicht zu entkräften, da dessen Bienenhütte von den nächststehenden Obstbäumen im Schmiedgraben bereits zirka 70 m entfernt ist und außerdem am obersten Böschungsrand steht, so daß die Flugrichtung der Bienen schon durch diese örtliche Lage des Besitzers W. anders verläuft. Die Aussage des Zeugen W., daß er auf seinem Besitz mit dem Giftmittel E 605 und auch mit anderen Giftmitteln deshalb nicht habe spritzen lassen, weil ihm die schädlichen Wirkungen dieser Giftstoffe auf die Bienen bekannt sind und der für ihn Spritzungen vornehmende Beklagte ausdrücklich versicherte, daß er mit E 605 nicht spritze, stützt die Feststellungen über die Schädigung der klägerischen Bienen durch E
605.
Aus obigen Feststellungen ergebe sich in rechtlicher Beziehung ein auf der Seite des Klägers durch Vergiftung von Bienen eingetretener Schaden und der ursächliche Zusammenhang zwischen den Baumspritzungen durch den Beklagten am 31. Mai 1955 von 10 bis 11 Uhr am Schloßriegel und dem Bienenschaden. Die Klage baue sich keineswegs nur darauf auf, daß das Verschulden des Beklagten in der Unterlassung der Verständigung des Klägers von der Vornahme der Baumspritzungen liege, sondern daß der Beklagte als "geprüfter, entsprechend vorgebildeter Baumwärter" die auch jedem Laien als selbstverständlich erkennbare Tatsache wissen mußte, daß eine Spritzung mit Giftmitteln in unmittelbarer Nähe eines Bienenstandes zur Zeit des stärksten Bienenfluges unweigerlich schwere Schäden für die Bienen nach sich ziehen mußte. Danach falle dem Beklagten zumindest Fahrlässigkeit bei Durchführung der Baumspritzungen zum Schaden des Klägers zur Last. Der Umstand, daß der Kläger anfänglich von Baumspritzungen in blühende Obstbäume gesprochen und erst nach Außerstreitstellung der Beendigung der Baumblüte sein Vorbringen dahin ergänzt habe, daß die Pflanzen der Unterkulturen noch blühten sei rechtlich unwesentlich, da auch das ergänzte, vom Beklagten nicht bestrittene Vorbringen des Klägers das Verschulden des Beklagten darin erblicke, daß er am fraglichen Tage in der Nähe des Bienenstandes zur Zeit des stärksten Bienenfluges mit Giftmitteln gespritzt habe. Obwohl dem Beklagten vom Verwalter und Dr. N. jun. die rechtzeitige Verständigung des Klägers von beabsichtigten Baumspritzungen mit Gift empfohlen wurde, habe der Beklagte solche Verständigungen stets unterlassen und über Vorhalt zugegeben, darauf vergessen zu haben. Der Beklagte könne seine Unachtsamkeit nicht damit rechtfertigen, daß der Kläger ohnehin um 7 Uhr von den Baumspritzungen erfuhr. Denn in diesem Zeitpunkt habe der Kläger zur Absperrung der Bienen in der Hütte keine wirksamen Vorkehrungen mehr treffen können, ganz abgesehen von seiner Unkenntnis der Spritzung mit Giftmitteln am damaligen Tag. Der Beklagte könne sich auch nicht mit dem Einwand von seiner Schuld lossagen, daß er um 7 Uhr nicht gewußt habe, ob er ein Pferd oder einen Traktor zum Baumspritzen bekommen werde, denn ihm sei wiederholt nahegelegt worden, seinen Bedarf an Zugmitteln für die Baumspritze schon am Tage zuvor anzumelden. Auch der Einwand des Beklagten, er könne die Möglichkeit der Vornahme von Baumspritzungen am nächsten Tage nie vorhersehen, sei gleichfalls nicht stichhältig, weil sich auch der Obstbaumpfleger ein gewisses Arbeitsprogramm schon mit Rücksicht auf die Größe der Obstbauanlage zurechtlegen und daher meist schon am Abend zuvor den ungefähren Arbeitsvorgang für den nächsten Tag wissen müsse. Trotz Aufgabe beabsichtigter Arbeiten infolge Schlechtwetters hätte dies den Beklagten nicht gehindert, den Kläger als Imker am Abend zuvor von beabsichtigten Spritzungen zu verständigen. Der Hinweis des Beklagten, daß er selbst nach dem im November 1956 verlautbarten Steiermärkischen Bienenzuchtgesetz vom 12. Juli 1956, LGBl. Nr. 61, für seine Handlungsweise nicht haftbar gemacht werden könne, treffe nicht zu, weil die Schutzmaßnahmen nach § 22 dieses Gesetzes gerade das Gegenteil besagten. Danach sei die Anwendung von bienenschädlichen Mitteln auf blühende Pflanzen überhaupt verboten. Bei Vorhandensein blühender Pflanzen in den Unter- und Zwischenkulturen, die von Bienen beflogen würden, dürften bienengefährliche Schädlingsbekämpfungsmittel überhaupt nicht, minder bienengefährliche Mittel nur außerhalb der Hauptflugzeit der Bienen angewendet werden. Pflanzen, die in einem Abstand von zirka 30 m vom Bienenstock stunden, dürften auch kurz vor und nach der Blüte nur außerhalb der Flugzeit der Bienen mit bienenschädlichen Mitteln behandelt werden. Der Beklagte wäre also, falls sich Schädigungen bereits innerhalb der Geltungsdauer des Landesgesetzes ereignet hätten, nach § 23 des genannten Landesgesetzes straffällig geworden. Obwohl dieses Landesgesetz am 31. Mai 1955 noch nicht in Geltung gestanden sei, habe der Beklagte schon nach den allgemeinen Bestimmungen über den Schadenersatz dadurch grob fahrlässig gehandelt, daß er mit Giftmitteln zur Zeit des stärksten Bienenfluges bei blühenden Unterkulturen Baumspritzungen in der Nähe des klägerischen Bienenhauses vorgenommen habe, ohne den Kläger zeitgerecht zu verständigen, obwohl er von vorausgegangenen Schadensfällen wiederholt Kenntnis erlangt habe. Wer bei Handlungen, woraus eine Verkürzung der Rechte eines anderen entstehe, den Grad des Fleißes oder der Aufmerksamkeit (§ 1297 ABGB.) unterlasse, Mache sich eines Versehens schuldig: dabei liege im gegenwärtigen Fall grobes Versehen vor, wenn der rechtswidrige Erfolg der Handlung als wahrscheinlich vorhergesehen werden müsse. Das Verschulden des Beklagten erfahre auch dadurch keine Verringerung, daß der gute Erfolg auf dem Gebiete der Baumpflege erzielt und die Pflege der Obstbäume allen anderen Belangen voranzugehen habe. Obstbaumpflege und Bienenzucht seien voneinander nicht zu trennen; der Beklagte habe seinem Dienstgeber keinen guten Dienst erwiesen, wenn er ohne Rücksicht auf die mit Einverständnis des Gutsbesitzers auf dem Gutsbesitz errichtete Bienenhütte mit Giftmitteln Baumspritzungen vornahm, wodurch Tausende von Bienen den Tod fanden. Es sei wohl auch für den Beklagten als bekannt vorauszusetzen, daß bei einer Reihe von Obstbaumblüten (Äpfel, Birnen und Kirschen) die Befruchtung durch die Bienen erfolge, die Bienenzucht daher für den Obstbaubetrieb von besonderer Bedeutung sei. Bei richtiger Auffassung der Obliegenheiten eines Baumpflegers hätte dieser auf die Bienenhütte des Klägers entsprechend Rücksicht zu nehmen gehabt. Es sei auch nicht richtig, davon zu sprechen, daß der Beklagte bei seinem Vorgehen nur von seinem oder des Dienstgebers Rechten Gebrauch gemacht habe und diese Rechte bei Duldung des Haltens eines Bienenhauses durch den Kläger keine Einschränkungen erfahren dürften. Weder der Gründeigentümer noch der Beklagte seien zu einem Vorgehen berechtigt, durch das der Kläger an seinem Vermögen Schaden leide. Auch der Hinweis auf die Ausführungen eines Kommentators könne die Ansicht des Berufungsgerichtes nicht erschüttern, da die bezügliche Stelle im Kommentar nicht aus dem übrigen Zusammenhang herausgerissen werden dürfe und mit den übrigen Ausführungen einen wesentlich anderen Sinn ergebe; denn die betreffende Stelle im Kommentar spreche von der Abwehr fremder Tiere, die auf den Grund des Eigentümers eindringen und gegen die der Gründeigentümer Vorkehrungen treffen könne, ohne dafür verantwortlich zu sein, wenn diese fremden Tiere durch diese Vorkehrungen Schaden erleiden. Auch bei Ausstreuen von Gift zum Schutze gegen eindringende Bienen bestehe nach der Auslegung des Kommentars keine Haftung des Gründeigentümers für allfälligen Tierschaden. Im vorliegenden Falle sei der Sachverhalt völlig anders, denn der Kläger sei mit seiner vom Gründeigentümer erlaubten Bienenhütte auf dessen Besitz, die klägerischen Bienen würden daher nicht widerrechtlich in fremden Grund eindringen. Mit der Einwilligung der Aufstellung der Bienenhütte habe der Gründeigentümer die Verpflichtung übernommen, die Rechte des Klägers an seinem Eigentum zu achten, und er dürfe daher weder selbst noch durch seine Angestellten von seinem Eigentumsrecht in der Weise Gebrauch machen, daß er in die Rechte eines Dritten eingreife (§ 364 ABGB.). Es sei daher auch belanglos, ob eine ausdrückliche Gewährleistung übernommen wurde oder nicht. Das Berufungsgericht sei der Ansicht, daß die Voraussetzungen für den klagsgegenständlichen Schadenersatzanspruch vorlägen und der Anspruch des Klägers mindestens dem Gründe nach zu Recht bestehe.
Der Oberste Gerichtshof gab der Revision des Beklagten nicht Folge.
Rechtliche Beurteilung
Aus den Entscheidungsgründen:
Ein Eingehen auf Bestimmungen des Steiermärkischen Bienenzuchtgesetzes vom 12. Juli 1956, LGBl. Nr. 61, insbesondere auf § 22 dieses Gesetzes, erscheint überflüssig, weil es zur Zeit des Schadensfalles noch nicht galt. Eine Prüfung des Schadensfalles unter dem Gesichtspunkt des § 364 Abs. 2 ABGB. kommt deshalb nicht in Betracht, weil es sich hier nicht um die Abwehr des Eigentümers eines Grundstückes gegen vom Grund des Nachbarn ausgehende Einwirkungen einer in dieser Gesetzesstelle beschriebenen Art handelt, sondern darum, daß der Beklagte trotz Warnung in grob fahrlässiger Weise zur Zeit des dichtesten Bienenfluges in nächster Nähe des klägerischen Bienenstandes als geprüfter und vorgebildeter Baumpfleger in Kenntnis der schädlichen Wirkung des Giftes E 605 auch auf Nutzinsekten am 31. Mai 1955 Spritzmittel unter Zusatz von E 605 im Obstgarten versprühte und die erhebliche Schädigung des Bienenstandes des Klägers, von dessen Betrieb im Einverständnis des Gründeigentümers er wußte, vorhersehen konnte. Mit dem Nachbarrecht, wie es im § 364 Abs. 2 ABGB. zum Ausdruck kommt, hat der vorliegende Fall keinen Zusammenhang, so daß auch auf eine Auseinandersetzung mit der Kommentarstelle bei Klang, 2. Aufl. II 171, verzichtet werden kann. Verschulden setzt widerrechtliche Handlung voraus (GlUNF. 4O78). § 1294 ABGB. verlangt, daß die Schädigung "widerrechtlich" erfolgt; das ist dann der Fall, wenn sie Verträgen oder bestehenden Vorschriften widerstreitet. Eine Handlung wird widerrechtlich sein, wenn etwa eine durch Vertrag begrundete Rechtspflicht zur Unterlassung besteht. Die Rechtswidrigkeit ist übrigens, wie Swoboda (ABGB., 2. Aufl. III S.76) zutreffend bemerkt, ein dynamischer Begriff, der sich den Anforderungen der Gerechtigkeit anschmiegt, die im Sinne des § 7 ABGB. den höchsten Zweck der Rechtsordnung darstellt. Die Schädigung eines Vertragsrechtes kann auch erfolgen, wenn durch eine obligatorische Berechtigung die Befugnis zum Gebrauch einer fremden Sache eingeräumt wurde, so beim Miet- und Pachtrecht oder beim Leihvertrag. Rechtswidrig ist jeder Sachverhalt, der rechtlich nicht sein soll; Voraussetzung ist immer, daß sich ein solches Verbot aus der Rechtsordnung ergibt, weil es keine Rechtswidrigkeit an sich gibt. Wenn jemandem eine unverbrauchbare Sache bloß zum unentgeltlichen Gebrauch auf eine (gemeint ausdrücklich oder durch den Zweck) bestimmte Zeit übergeben wird, so entsteht ein Leihvertrag (§ 971 ABGB.). Der Entlehner erwirbt damit das Recht, den ordentlichen oder näher bestimmten Gebrauch von der Sache zu machen (§ 972 ABGB.). Der Mieter, Pächter oder Entlehner genießt besonderen Schutz kraft eigenen Rechtes und als Besitzer sogar ohne weiteres auch gegen den unberechtigten "Dritten", nicht nur gegenüber demjenigen, mit dem er im Vertragsverhältnis steht und dem gegenüber er sich auf die getroffene Vereinbarung berufen kann (Swoboda a. a. O. II S. 256). Dem Kläger ist die Aufstellung einer Bienenhütte und deren Betrieb auf dem Grund des Gutseigentümers von diesem zugestanden worden, wovon der Beklagte wußte. Es ist also nicht etwa so, daß der Kläger den Bienenstock widerrechtlich unterhalten würde, in welchem Falle der Klageanspruch freilich eine ganz andere Beurteilung erfahren müßte. Aus dem Zweck des Vertrages geht schon hervor, daß mindestens eine Grundleihe zu bestimmter Verwendung des Gründes dem Willen der Vertragspartner entspricht. Die Aufstellung der Bienenhütte lag offenbar auch im Interesse des Gründeigentümers, da nach dem Sachverständigengutachten zwischen Obstbaubetrieb und Bienenzucht eine gewisse wohltätige Wechselwirkung besteht. Mit der vom Gründeigentümer gemachten Zusage der Aufstellung und des Betriebes einer Bienenhütte hatte der Kläger Anspruch auf ungestörte Unterhaltung dieses Betriebes gegen den hiezu verpflichteten Gründeigentümer; jede vermeidbare Beeinträchtigung des Betriebes der Bienenhütte stellt sich daher als widerrechtliche Handlung (Vertragsverletzung) dar. Geht das Verhalten des Schädigers auf schuldbare Unwissenheit oder auf Mangel der gehörigen Aufmerksamkeit oder des gehörigen Fleißes zurück, so ist der dadurch eingetretene Schaden verschuldet (§ 1294 ABGB.). Vom Beschädiger kann aber der Geschädigte Ersatz des Schadens fordern, den dieser ihm aus Verschulden zugefügt hat, gleichviel ob der Schaden durch Übertretung einer Vertragspflicht oder ohne Beziehung auf einen Vertrag verursacht wurde (§ 1295 Abs. 1 ABGB.). Ausgehend von den Feststellungen des angefochtenen Urteils, sind der Rechtswidrigkeits-, der Verursachungs- und der Verschuldenszusammenhang zwischen dem Handeln des Beklagten und dem Schaden des Klägers nachgewiesen. Ob sich auch Bienen am Schmiedgraben infiziert haben können und, wenn ja, ob sie zur Bienenhütte zurückkehren konnten, ist deshalb von untergeordneter Bedeutung, weil feststeht, daß in der Hauptsache die Schädigung des klägerischen Bienenstandes durch die Spritzung in nächster Nähe desselben während des stärksten Bienenfluges eintrat. Das mögliche Anhalten der Giftwirkung durch 24 Stunden ist deshalb kein wirksamer Einwand gegen die Annahme des Berufungsurteils, weil daraus noch nicht schlüssig folgt, daß die Giftwirkung während 24 Stunden in gleicher Stärke anhalten muß. Das Gegenteil ist aus den Gutachten der Sachverständigen festgestellt worden. Daher ist auch die Behauptung der Revision, daß dann, wenn der Beklagte in der Nacht gespritzt hätte, die Giftwirkung des E 605 noch während des ganzen darauffolgenden Tages erhalten geblieben wäre, willkürlich und außer Einklang mit den Feststellungen des angefochtenen Urteils; denn gerade durch die Beimengung von Kupferpräparaten schwächt sich die Wirkung des E 605 mit fortschreitender Zeit ab. Wie bereits erwähnt, schloß das Berufungsgericht die Möglichkeit eines Bosheitsaktes mangels jeden Anhaltspunktes für einen solchen durch das Beweisverfahren aus, die Revision kann daher nicht mit Berufung auf eine solche Möglichkeit den Kausalzusammenhang zwischen dem Vorgehen des Beklagten und dem Eintritt des Schadens leugnen. Da der Kläger nicht ohne weiteres wissen mußte, ob, wann und wo der Beklagte mit Zusatz von E 605 spritzen werde, kann die Tatsache allein, daß er am Morgen bei der Arbeitsverteilung vom geplanten Spritzen erfuhr, noch keine Erkündigungspflicht des Klägers begrunden. Es wäre, zumal nach den ihm zugekommenen Anweisungen der Zeugen Dr. N. jun. und M., Pflicht des Beklagten gewesen, den Kläger von der Verwendung des Giftmittels E 605 bei der Spritzung am 31. Mai 1955 zu verständigen. Daß er die Möglichkeit hatte, den Kläger auch zeitgerecht zu verständigen, so daß dieser wirksame Vorkehrungen gegen den Ausflug der Bienen aus dem Bienenstock hätte treffen können, hat das Berufungsurteil für die Revisionsinstanz unanfechtbar festgestellt. Alle Folgerungen, die der Revisionswerber an die Behauptung, daß der Kläger schon nach Ausgabe der Arbeitsparolen Vorkehrungen gegen die Gefahr der Beschädigung der Bienen hätte treffen müssen, knüpft, gehen deshalb ins Leere, weil schon die Prämisse, daß den Kläger eine Erkündigungspflicht traf, den Feststellungen des Berufungsurteils widerspricht. Die weitere Behauptung der Revision, daß die Bienen des Klägers nur vom Gründeigentümer geduldete Tiere gewesen seien, findet gleichfalls in den Feststellungen des angefochtenen Urteils keine Deckung, ist daher ebenfalls nicht zu berücksichtigen. Der Beklagte hat durch sein jeder Rücksicht bares Verhalten in Kenntnis des Rechtes des Klägers zum Betrieb der Bienenhütte in bestehende Vertragsrechte eingegriffen, welches Vorgehen ihn als Dritten schadenersatzpflichtig macht, selbst wenn keine Arglist erweislich ist oder nur der Verdacht einer solchen besteht. Der Beklagte hat durch sein Handeln wissentlich an der Vertragsverletzung mitgewirkt und ist dafür nach §§ 1295, 1301 ABGB. ex delicto schadenersatzpflichtig. Denn die widerrechtliche Beschädigung (§ 1294 ABGB.) verpflichtet zum Schadenersatz, auch wenn der Schaden durch Übertretung einer Vertragspflicht und wissentliche Beteiligung an ihr durch einen Dritten verursacht wurde (§ 1295 ABGB.; SZ. XIX 205).
Anmerkung
Z31003Schlagworte
Mitwirkung, wissentliche - an einer Vertragsverletzung, Ersatzpflicht, Schadenersatz wissentliche Mitwirkung an der Verletzung einer, Vertragspflicht, Vertragsverletzung, wissentliche Beteiligung eines Dritten„ Schadenersatzpflicht, Wissentliche Beteiligung an einer Vertragsverletzung„ SchadenersatzpflichtEuropean Case Law Identifier (ECLI)
ECLI:AT:OGH0002:1958:0010OB00455.57.0108.000Dokumentnummer
JJT_19580108_OGH0002_0010OB00455_5700000_000